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Der Glanz der Seide: Roman (German Edition)

Der Glanz der Seide: Roman (German Edition)

Titel: Der Glanz der Seide: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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wickeln.
    »Du verwöhnst ihn noch, Robert«, protestierte Amber oft, wenn Robert sich wieder einmal von Lucs Bitten um das eine oder andere Vergnügen erweichen ließ, doch Robert bestand immer darauf, Luc besitze ein so freundliches Wesen, dass dies schier unmöglich sei.
    Amber musste kleinlaut zugeben, dass das stimmte. Oft genug galten die Vergnügungen, um die Luc bat, anderen. Er war ein aufgeweckter kleiner Bursche, der ihre Aufmerksamkeit auf die Not der weniger Begünstigten lenkte, wenn er mit ihr unterwegs war, und sie zum Beispiel bat, dem »armen Streichholzverkäufer ein paar Pennys« zu geben oder »dem armen Jungen ein bisschen Geld für neue Schuhe«.
    Wie Ambers Vater war er beseelt von dem Wunsch, denen zu helfen, die weniger hatten als er, und insgeheim hoffte Amber bereits, dass Luc sich später einmal mehr für Politik interessieren würde als Robert. Ein kluger Mann mit Einfluss konnte so viel tun, und es gab so vieles, was getan werden musste. Man musste nur lesen, was die Zeitungen über die Notlage der Arbeitslosen schrieben, um das zu erkennen. Wenn ihre Großmutter ihre Gedanken lesen könnte, würde sie Amber zweifellos vorwerfen, ihren Sohn zum Sozialisten zu erziehen, doch Amber wünschte sich mehr als alles andere, dass Luc sich sein mitfühlendes Herz bewahrte.
    Die Dienerschaft liebte ihn. Er wusste alles über ihre Familien und über die Schmerzen und Zipperlein der älteren Dienstboten. Er saß geduldig bei Roberts alter Nanny und hielt ihre Strickwolle zwischen den ausgestreckten Händen, während sie sie aufwickelte. Doch er war auch immer noch ein kleiner Junge, der genauso gerne Streiche spielte und lustig war, wie er sich der Verantwortung bewusst war, die eines Tages auf ihm ruhen würde.
    Da Amber sich so viel um den Laden kümmerte, hatte sie nicht so viele gesellschaftliche Verpflichtungen wahrgenommen wie sonst, und ihre Freunde beschwerten sich allmählich, sie werde noch zur Einsiedlerin. Im Großen und Ganzen hatte ihr die Gesellschaft nie recht gelegen – viele, die sich darin bewegten, waren seicht und hohl -, doch es gab auch bemerkenswerte Ausnahmen, Männer und Frauen, deren Intelligenz und breites Wissen sie bewunderte.
    Emerald Cunard zum Beispiel, bei der man sich, trotz ihrer Vorliebe für Partys und Klatsch, darauf verlassen konnte, dass sie scharfsinnig einzuschätzen wusste, was unter teuren Kleidern und kostbarem Schmuck steckte. Auch die Duff Coopers und die Channons waren gute Freunde, in deren Gegenwart Amber sich stets wohl fühlte. Chips Channon besaß vielleicht die schärfere Intelligenz und brachte sie zum Lachen, während Duff Cooper ihre Abneigung gegen Hitler und seine Politik teilte. Beide Paare waren gut informiert und politisch aktiv.
    Diana Mitford hatte Amber ursprünglich sehr bewundert und hätte sie an einem Punkt gerne zur Freundin gehabt, doch das war gewesen, bevor ihre Beziehung zu Oswald Mosley öffentlich geworden war. Amber runzelte die Stirn. Die extrem rechte Politik von Oswald Mosley und jetzt auch von Diana repräsentierte alles, was sie zutiefst verabscheute. Ihre Ansichten standen denen von Hitler mit seinen antijüdischen Phrasen sehr nah und waren ihr daher verhasst. Doch zu ihrem großen Entsetzen gab es auch in England viele, die sich dafür begeisterten.
    Auf Dinnerpartys kam es häufig zu hitzigen Diskussionen über die Olympischen Sommerspiele in Berlin, bei denen einige wütend behaupteten, so etwas hätte niemals erlaubt werden dürfen und es sei moralisch falsch, daran teilzunehmen, während andere resolut die Meinung vertraten, dass Politik im Sport nichts verloren habe und sie aus diesem Grunde fest entschlossen seien hinzufahren. Daneben gab es noch eine dritte Gruppe, die offen mit Deutschlands Überlegenheit prahlte und die Spiele als Vorwand nutzte, um bei jeder Gelegenheit über Hitler zu reden und ihn in den höchsten Tönen zu loben.
    Früher hätte sie mit Robert über ihre Sorgen wegen Hitler und Mosley und deren Anhängern reden können, doch Ottos Einfluss auf ihn ließ sie jetzt zögern. Weil sie fürchtete, dass Robert ihre Ansichten nicht mehr teilte? Sie wusste, wie viel Otto Robert bedeutete, aber das hieß doch bestimmt nicht, dass Robert für ihn seine politische Haltung aufgab?

29
     
    Januar 1936
     
    »Mr Fulshawe ist da, er wartet unten auf Sie, Euer Gnaden.«
    Ein Lächeln erhellte Ambers Gesicht. »Führen Sie ihn bitte herauf, Chivers«, instruierte sie den Butler, »und sagen Sie der

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