Der Glanz der Seide: Roman (German Edition)
die ihren Bräutigam liebevoll ansieht. Wer konnte davon unberührt bleiben?
Nach der kirchlichen Zeremonie lud der Botschafter alle zu einem Hochzeitsessen in der britischen Botschaft ein. Während Lord und Lady Levington ihr äußerlich eine Stütze gewesen waren, hegte Amber doch den Verdacht, dass die beiden, gewiss aber Lady Levington, es im Grunde missbilligten, dass Robert sie heiratete. Wie hätte es auch anders sein können, schließlich hatten sie Amber nicht für gut genug befunden, ihren Sohn zu heiraten! Und als Erbe eines Herzogtums rangierte Robert im Adelsverzeichnis um einiges höher als Henry.
Nicht dass sie darüber ein Wort verloren hätten, und Lady Levington hatte wirklich alles getan, um bei den Hochzeitsvorbereitungen behilflich zu sein. Doch es herrschte eine ausgeprägte Kühle, die, wie Amber befürchtete, ihr auch von anderer Seite entgegenschlagen würde.
In den Augen von Roberts Welt hatte sie wahrlich eine gute Partie gemacht, und Mütter wohlgeborener Töchter auf der Suche nach einem Ehemann würden ihr das verübeln. Man hatte sie toleriert, als sie nur Beths Schulfreundin gewesen war, doch würden diejenigen, die geglaubt hatten, gesellschaftlich über ihr zu stehen – und über denen sie jetzt dank der Hochzeit mit Robert stand – sie subtile Feindseligkeit spüren lassen?
Dabei war das ihre geringste Sorge. Erleichtert hatte sie festgestellt, dass Henry bei seinen Freunden geblieben war, statt mit nach Paris zu kommen. Der Gedanke daran, wie er sich benommen und was er getan hatte, war nur schwer zu ertragen. Robert hatte ihr gesagt, er habe Henry gewarnt, es werde ihm nicht gut bekommen, sollte er je ein Wort über Amber und Jean-Philippe verlieren. Henry würde es nicht wagen, irgendjemandem irgendetwas zu erzählen.
Robert hatte dem Botschafter gesagt, sie wünschten keine großen Umstände; trotzdem wurden Toasts ausgebracht, Glückwunschkarten mussten gelesen werden, und zahlreiche Geschenke warteten auf sie.
Unter den Karten fand Amber eine von Jay, in der er ihr alles Gute wünschte.
Der liebe Jay. Amber mochte ihn sehr. Er war ihr ein wahrer und guter Freund gewesen, dem sie sich immer hatte anvertrauen können. Ihre Großmutter hatte eine Karte an sie beide geschickt und einen kühlen, typisch distanzierten Brief an Amber, in dem sie erklärte, sie freue sich auf ihre Rückkehr und darauf, Robert endlich kennenzulernen.
Die Party dauerte länger, als Amber erwartet hatte, und sie war erleichtert und dankbar, als Robert verkündete, es sei Zeit für sie beide zu gehen.
Nach der Hochzeit verbrachten sie eine Woche in Paris, wo sie im George V. in einer Suite wohnten, die so groß war, dass ihre Schlafzimmer durch zwei riesige Salons getrennt waren. Die Levingtons kehrten nach Juan-les-Pins zurück und Cecil Beaton nach London.
Wie Amber während ihrer Saison und bei ihrem Aufenthalt in der Villa gelernt hatte, galt es in der Aristokratie als ganz normal, dass verheiratete Paare getrennte Schlafzimmer hatten. Selbst Diana Guinness hatte ihr eigenes Schlafzimmer und kein gemeinsames mit ihrem Ehemann Bryan, dabei waren sie sehr verliebt. Es bestand also kein Grund, befangen zu sein, weil sie und Robert getrennte Zimmer hatten, oder sich Sorgen zu machen, die Leute könnten das bei einem frisch verheirateten Paar komisch finden.
Eine verheiratete Frau der gehobenen Gesellschaft brauche eine ganz andere Garderobe als eine unverheiratete Debütantin, sagte Robert zu Amber, als sie gegen seine Aufforderung protestierte, sie müsse sich alle neuen Kleider kaufen, die ihr gefielen.
Und Robert kaufte ihr nicht nur Kleider. Am ersten Morgen nach ihrer Hochzeit ging er mit ihr zu Cartier und sagte, sie brauche ihren eigenen Schmuck und nicht nur die Familienerbstücke, die sie bei formellen Gelegenheiten würde tragen müssen. Sein Hochzeitsgeschenk waren zwei schwarz-weiße Schlangenarmreife mit gelben Diamantaugen, die Amber insgeheim viel zu dramatisch fand, als dass sie sich damit wirklich wohl gefühlt hätte.
Seit sein Großvater sich zur Ruhe gesetzt hatte und die ganze Zeit auf Osterby lebte, dem imposanten Landsitz der Familie, wurde das Londoner Haus am Eaton Square praktisch nicht mehr genutzt. Es sollte ihr neues Zuhause werden, doch Robert warnte sie: »Im Augenblick ist es weit davon entfernt, dass man darin wohnen könnte. Zwischenzeitlich müssen wir uns also mit dem Haus am Cheyne Walk begnügen, wo wir recht beengt leben werden.«
Natürlich
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