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Der Glanz des Mondes

Der Glanz des Mondes

Titel: Der Glanz des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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wir doch beide befürchtet uns nie wieder zu sehen. Da ich nicht alle meine Männer auf den Schiffen mitnehmen konnte, würden sie ein oder zwei Tage ausruhen dürfen und dann unter Kaheis Befehl nach Osten ziehen. Bis jetzt hatte ich noch nicht mit Makoto gesprochen und war mir nicht sicher, ob ich ihn mitnehmen oder lieber mit Kahei ziehen lassen wollte. Ich erinnerte mich an seine Äußerung, er habe nur wenig Erfahrung mit Schiffen und der Seefahrt.
    Als ich ihn wiedertraf, waren wir zunächst intensiv damit beschäftigt, Quartier und Verpflegung in einer Gegend aufzutreiben, die ihre Grenze der Belastbarkeit bereits erreicht hatte. Ich bemerkte etwas in seinem Blick - Sympathie, Mitgefühl? -, wollte jedoch weder mit ihm noch mit sonst jemandem sprechen. Für den Moment war alles bestmöglich geregelt und als ich zum See zurückkehrte, war es bereits früher Abend. Jo-Ans sterbliche Überreste waren verschwunden. Ebenso all die anderen Gefangenen, die man hingerichtet und ohne viel Zeremoniell beerdigt hatte. Ich fragte mich, wer es getan hatte. Jo-An hatte mich begleitet, um die Toten zu begraben - wer würde dasselbe für ihn tun?
    Als ich an den Stallungen vorbeikam, sah ich nach meinen Pferden. Sakai und Hiroshi fütterten sie gerade und freuten sich für die Tiere ebenso wie für sich selbst, noch ein oder zwei Tage ausruhen zu können.
    »Vielleicht solltest du morgen zusammen mit Lord Arai aufbrechen«, sagte ich zu Sakai. »Wir und Maruyama scheinen nun wieder zum selben Bündnis zu gehören; du kannst Hiroshi nach Hause bringen.«
    »Vergeben Sie mir, Lord Otori«, erwiderte er, »aber wir würden lieber bei Ihnen bleiben.«
    »Die Pferde haben sich inzwischen an uns gewöhnt«, warf Hiroshi ein und tätschelte Shuns kurzen, muskulösen Hals, während der Hengst gierig über sein Futter herfiel. »Schicken Sie mich nicht zurück.«
    Ich war zu müde, um darüber zu streiten, und eigentlich zog ich es vor, sowohl mein Pferd als auch den Jungen bei meinen Männern zu haben. Ich verließ sie und ging zum Schrein, in dem Gefühl, irgendein Zeichen für Jo-Ans Tod setzen zu wollen und für die Rolle, die ich dabei gespielt hatte. An der Zisterne spülte ich meinen Mund und wusch mir die Hände, betete um die Reinwaschung vom Tod und den Segen der Göttin, und die ganze Zeit staunte ich über mich selbst: Ich schien an alles und nichts zu glauben.
    Während die Sonne unterging, saß ich eine Zeit lang unter den Zedern und schaute auf das verblüffend blaue Wasser des Sees. Wo es seicht war, schwammen kleine silberne Fische, und ein Reiher schwebte auf seinen großen Schwingen heran, um auf seine typische Art und Weise zu jagen. Geduldig und lautlos harrte er aus, den Kopf schief gelegt, ohne ein Zucken seines schwarzen Auges. Dann stieß er zu. Der Fisch zappelte kurz und wurde verschluckt.
    Von den Feuern stieg Rauch auf und vermischte sich mit den Nebeln über dem See. Schon erschienen die ersten Sterne am Himmel, der aussah wie perlgraue Seide. In dieser Nacht würde kein Mond zu sehen sein. Der Wind schmeckte nach Winter. Die Stadt hallte wider von der abendlichen Geräuschkulisse vieler Männer, die ihre Mahlzeit erhielten. Essensgeruch zog herüber.
    Ich hatte keinen Hunger. Den ganzen Tag über hatte ich gegen meine Übelkeit angekämpft, hatte mich gezwungen, mit Arai und seinen Männern beherzt zu essen und zu trinken, und wusste, dass ich bald wieder zu ihnen zurückkehren musste, um noch einige Male auf den gemeinsamen Sieg zu trinken, den wir erringen wollten. Doch ich zögerte es hinaus, starrte stattdessen auf den See, der immer mehr an Farbe verlor und schließlich so grau wurde wie der Himmel. Der Reiher, weiser als ich, schwang sich mit einem Rauschen seiner Flügel in die Lüfte und nahm Kurs auf sein Nest.
    Als die Dunkelheit hereinbrach, hatte ich das Gefühl an Jo-An denken zu können, ohne mich dabei selbst zu belügen. War seine Seele nun bei dem Geheimen Gott, der alles sieht und uns alle richten wird? Ich glaubte nicht, dass ein solcher Gott existierte. Wenn es ihn gab, warum verließ er seine Anhänger dann und ließ sie so viel Leid ertragen wie die Verborgenen? Falls er doch existierte, war ich inzwischen mit Sicherheit zur Hölle verdammt.
    Dein Leben ist ins Offene gebracht worden und gehört nicht mehr nur dir. Jo-An hatte an die Prophezeiung geglaubt. Frieden kommt um den Preis des Blutvergießens. Obwohl das Töten nach den Lehren der Verborgenen verboten war, hatte er es

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