Der Glanz des Mondes
Pferd neben mir war zu nervös, riss an der Trense und machte Anstalten sich aufzubäumen. Ich spürte die starke Muskelanspannung des Reiters, der mit der einen Hand sein Pferd kontrollierte, während er mit der anderen das Banner hochhielt.
Die Straße tauchte zwischen den Bäumen in das Dunkel des Waldes ab und der Untergrund verschlechterte sich, wie Hiroshi es vorausgesagt hatte. Der zunächst weiche, schlammige Sandboden wurde steinig, schließlich felsig, mit vielen Schlaglöchern, ausgehoben vom Wasser der jüngsten Überschwemmungen. Bei jedem Regen verwandelte sich die ganze Straße in ein Flussbett.
Wir ließen die Pferde langsam traben. Über den Geräuschen der Schlacht vernahm ich den eigentlichen Fluss. Vor uns zeigte ein heller Spalt im Blattwerk die Stelle, wo der Weg zwischen den Bäumen ins Freie führte, um sich dann noch ungefähr hundert Meter am Flussufer entlangzuziehen, ehe er auf die Furt traf. Im hellen Licht waren, Silhouetten gleich, dunkle Gestalten zu erkennen, wie in einem Schattenspiel für Kinder, Figuren, die sich krümmten und in den wilden Verrenkungen des Gemetzels aufeinander prallten.
Ich hatte überlegt, als Erstes die Bogenschützen einzusetzen, aber sobald ich den Kampf vor mir sah, wurde mir klar, dass sie ebenso viele Verbündete wie Feinde töten würden. Sugitas Truppen hatten die Angreifer aus der Ebene zurückgedrängt und trieben sie nun Meter um Meter am Flussufer entlang. Auch als wir uns näherten, versuchten einige von ihnen, die Reihen zu durchbrechen, um zu entkommen. Als sie uns sahen, machten sie schreiend kehrt, um ihre Befehlshaber zu warnen.
Makoto hatte das Muschelhorn erhoben und blies nun hinein; sein durchdringender, gespenstischer Klang hallte von den Wänden der Schlucht auf der anderen Seite des Flusses wider. Plötzlich erscholl als Antwort auf das Echo noch einmal derselbe Ton, diesmal viel weiter vorn, zu entfernt, als dass wir den Mann, der das Horn blies, hätten erkennen können. Es folgte ein Moment der Stille, die kurze Ruhe vor dem Sturm, und im nächsten Augenblick waren wir mitten unter ihnen und der Kampf hatte begonnen.
Nur die Chronisten, die später alles aufschreiben, können einem sagen, was tatsächlich in einer Schlacht geschieht, und dann erzählen sie meistens nur die Geschichte der Sieger. Man kann unmöglich wissen, wie sich ein Kampf entwickelt, wenn man gerade mittendrin steckt. Selbst wenn man die Schlacht von oben betrachten könnte, mit den Augen eines Adlers, würde man nichts erkennen als einen Flickenteppich aus pulsierenden Farben, Wappen und Bannern, Blut und Stahl - schön und grauenvoll zugleich. Auf dem Schlachtfeld wird jeder Mann verrückt: Wie sonst könnten wir die Dinge tun, die wir tun, und es aushalten, die Dinge zu sehen, die wir sehen?
Ich erkannte sofort, wie unbedeutend das Gefecht mit den Banditen gewesen war. Dies hier waren die gestählten Truppen der Tohan und der Seishuu, gut bewaffnet, unerschrocken und gerissen. Sie sahen das Wappen des Reihers und wussten sofort, wer ihre Nachhut angriff. Augenblicklich setzte sich die Hälfte ihrer Armee zum Ziel, mich zu töten und Iida Sadamu dadurch zu rächen. Makotos Rat, sicherheitshalber in der Mitte zu bleiben, war durchaus vernünftig gewesen. Ich hatte bereits drei Krieger abgewehrt und war dem dritten nur dank Shuns Wendigkeit entkommen, als Makoto mich schließlich einholte. Seine Stange wie eine Lanze einsetzend, traf er einen vierten Angreifer unter dem Kinn und stieß ihn vom Sattel. Einer unserer Bauern sprang auf den Gefallenen zu und trennte ihm mit seiner Sichel den Kopf ab.
Ich trieb Shun weiter vorwärts. Er schien sich instinktiv einen Weg durchs Getümmel zu bahnen, immer im rechten Moment ausweichend, um mich in eine günstige Position zu bringen. Und Jato tanzte in meiner Hand - wie Shigeru es einst vorausgesagt hatte -, bis es von der Spitze bis zum Knauf in Blut getränkt war.
Während Makoto und ich Seite an Seite kämpften, bildete sich um uns herum eine dichte Menschentraube und schließlich entdeckte ich weiter vorn eine weitere, mit dem flatternden Banner der Tohan darüber. Die beiden Haufen wogten und wirbelten, Männer in ihrer Nähe erhoben sich und fielen, bis die Horden einander schließlich so nahe waren, dass ich meinen Gegenpart in der Mitte der anderen erkennen konnte.
Die Erinnerungen stürzten auf mich ein. Der Mann trug eine schwarze Rüstung mit einem gehörnten Helm, wie ihn Iida Sadamu getragen hatte, als
Weitere Kostenlose Bücher