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Der Glanz des Mondes

Der Glanz des Mondes

Titel: Der Glanz des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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sagen.«
    »Wird er in die Stadt zurückweichen?«
    Die Augen des Jungen verengten sich, wodurch er plötzlich erwachsener wirkte. »Nur wenn er keine andere Wahl mehr hat, und dann müsste er sich in der Festung verschanzen, denn die Stadt ist nicht mehr zu halten. Unsere Vorräte an Lebensmitteln sind sehr knapp. Letztes Jahr hat ein Sturm einen Großteil der Ernte zerstört, und der Winter war ungewöhnlich hart. Einer längeren Belagerung könnten wir nicht standhalten.«
    »Wo würde dein Onkel kämpfen, wenn er die Stellungen frei wählen könnte?«
    »Nicht weit von der Stadt entfernt führt diese Straße über einen Fluss, den Asagawa. Dort ist eine Furt. An dieser Stelle ist das Wasser fast immer flach, aber manchmal gibt es flutartige Überschwemmungen. Zur Furt hinab führt die Straße durch eine steile Schlucht und dann wieder bergauf. Dann kommt eine leicht abschüssige Ebene. Mein Vater hat mir beigebracht, dass man dort eine angreifende Armee gut in Schach halten könnte. Und mit genügend Truppen könnte man ihnen in die Flanke fallen und sie in der Schlucht einkesseln.«
    »Wohl gesprochen, Hauptmann«, sagte Kahei. »Erinnere mich daran, dich auf jeden meiner Feldzüge mitzunehmen!«
    »Ich kenne einfach nur die Gegend«, erwiderte Hiroshi, ganz plötzlich eingeschüchtert. »Aber mein Vater lehrte mich, dass im Krieg die Ortskenntnis das Allerwichtigste ist.«
    »Er wäre stolz auf dich«, sagte ich. Es schien das Beste für uns zu sein, so schnell wie möglich weiterzuziehen und darauf zu hoffen, die feindlichen Truppen in der Schlucht einzukesseln. Selbst wenn Sugita sich in die Stadt zurückgezogen hatte, konnten wir die Angreifer von hinten überraschen.
    Ich hatte eine letzte Frage an den Jungen. »Du sagtest, es sei möglich, dem Gegner in die Flanke zu fallen. Heißt das, es gibt noch einen anderen Weg, der von hier zu dieser Ebene führt?«
    Hiroshi nickte. »Einige Meilen weiter nördlich ist ein weiterer Übergang. Wir sind die Strecke vor ein paar Tagen entlanggeritten, als wir herkamen. Nachdem es einen ganzen Tag lang heftig geregnet hatte, war die Furt ganz plötzlich überflutet. Man braucht ein wenig länger, es sei denn, man galoppiert.«
    »Kannst du Lord Miyoshi den Weg zeigen?«
    »Natürlich«, sagte Hiroshi und warf einen glühenden Blick zu Kahei hinauf.
    »Kahei, du reitest mit deinen Leuten diesen Weg entlang, so schnell ihr könnt. Hiroshi wird dir zeigen, wo Sugita zu finden ist. Sag ihm, dass wir auf dem Weg sind und dass er den Feind in der Schlucht festhalten soll. Das Fußvolk und die Bauern bleiben bei mir.«
    »Das ist gut«, stimmte Hiroshi zu. »Die Furt ist sehr steinig, kein sicherer Untergrund für Schlachtrösser. Und die Tohan werden sich überlegen fühlen und euch unterschätzen. Sie rechnen nicht damit, auf kämpfende Bauern zu treffen.«
    Dieser Junge sollte mir Nachhilfe in Strategie erteilen, dachte ich.
    »Soll ich auch mit Lord Miyoshi reiten?«, fragte Jiro.
    »Ja, lass Hiroshi mit auf deinem Pferd sitzen, und gib gut auf ihn Acht.«
    Die Reiter entfernten sich, das vielfache Echo der Hufe schallte durch das weite Tal.
    »Welche Stunde haben wir?«, fragte ich Makoto.
    »Um die zweite Hälfte der Stunde der Schlange«, antwortete er.
    »Haben die Männer schon gegessen?«
    »Ich gab ihnen den Befehl, rasch etwas zu essen, solange wir Halt machen.«
    »Dann können wir sofort weiter. Gib das Zeichen zum Aufbruch; ich reite zurück und gebe den Hauptmännern und meiner Frau Bescheid. Danach komme ich zu dir zurück.«
    Makoto wendete sein Pferd, doch bevor er losritt, warf er einen kurzen Blick gen Himmel, über den Wald und das Tal.
    »Was für ein schöner Tag«, sagte er leise.
    Ich verstand ihn: ein guter Tag zum Sterben. Doch weder ihm noch mir war es bestimmt, an diesem Tag zu sterben, wenn auch vielen anderen.
    Langsam galoppierend ritt ich die Reihen der rastenden Männer ab, gab den Befehl zum Aufbruch und teilte den Hauptmännern unseren Plan mit. Sie sprangen eifrig auf, erst recht, als sie erfuhren, wer unser Feind war; die Aussicht, die Tohan für die Niederlage von Yaegahara, den Verlust von Yamagata und die Jahre der Unterdrückung zu strafen, ließ alle in lautes Geheul ausbrechen.
    Kaede und die anderen Frauen warteten in einem kleinen Hain, wie immer in Begleitung von Amano.
    »Wir ziehen in die Schlacht«, sagte ich zu Kaede. »Iida Nariakis Armee ist uns zuvorgekommen und hat die Lehnsgrenze bereits überschritten. Kahei nähert

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