Der Glanz des Mondes
Gefühl hinterlassen, ebenso die so impulsiv getroffene Entscheidung Takeo zu heiraten. Schweigend ritt sie dahin, über den Wahnsinn der Liebe brütend und über all die Katastrophen, die diese Heirat für beide nach sich ziehen musste. Shizuka zweifelte nicht daran, dass sie es tatsächlich wahr machten. Nun, da das Schicksal sie wieder zusammengeführt hatte, konnte nichts sie davon abhalten. Aber sie fürchtete um die beiden, wenn Arai erst davon erfuhr. Und als ihre Gedanken zu Lord Fujiwara wanderten, überkam sie trotz der warmen Frühlingssonne ein Frösteln. Sie wusste, dass er es nur als beleidigend und verletzend empfinden konnte, und fürchtete seine mögliche Rache.
Kondo ritt mit ihr, kaum besser gelaunt als sie. Er schien bekümmert und verärgert darüber, so unvermittelt entlassen worden zu sein. »Sie hätte mir doch vertrauen können!«, wiederholte er ein ums andere Mal. »Nach allem, was ich für sie getan habe! Immerhin habe ich ihr den Treueeid geschworen. Ich würde niemals etwas tun, was sie gefährden könnte.«
Auch er ist Kaedes Zauber verfallen, dachte Shizuka. Ihr Vertrauen in ihn hat ihm geschmeichelt. Sie hat sich so oft an ihn gewandt. Nun wird sie es bei Takeo tun.
»Es war Takeo, der uns fortgeschickt hat«, sagte sie zu ihm. »Und er hat Recht. Er kann niemandem von uns trauen.«
»Was für ein Unglück«, sagte Kondo düster. »Wo soll ich denn jetzt hin? Es gefiel mir bei Lady Shirakawa. Meine Stellung dort passte zu mir.« Schniefend warf er den Kopf in den Nacken.
»Die Familie der Muto wird neue Aufgaben für uns beide haben«, erwiderte Shizuka kurz.
»Ich werde älter«, brummte er. »Ich hätte nichts dagegen, mich irgendwo niederzulassen. Ich räume meinen Platz für die nächste Generation. Wenn es nur ein paar mehr Kinder gäbe!«
Er wandte den Kopf und grinste sie vielsagend an. Irgendetwas in seinem Blick brachte sie aus der Ruhe, irgendeine Wärme hinter seiner Ironie. Auf seine verhaltene Art und Weise machte er einen Annäherungsversuch. Seit er ihr im letzten Jahr auf der Straße nach Shirakawa das Leben gerettet hatte, herrschte eine Art Spannung zwischen ihnen. Sie war ihm dankbar und hatte bei einer Gelegenheit sogar daran gedacht mit ihm zu schlafen, aber dann hatte die Affäre mit Ishida begonnen, Lord Fujiwaras Arzt, und Shizuka hatte niemanden mehr begehrt außer ihm.
Obgleich, dachte sie reuevoll, dies wohl kaum praktikabel war. Kaedes Heirat mit Takeo würde sie auf jeden Fall für immer von Ishida entfernen. Sie hatte keine Ahnung, wie sie den Arzt je wiedertreffen sollte. Sein Abschied von ihr war so warmherzig gewesen. Er hatte sie gedrängt, so bald wie möglich zurückzukehren, war sogar so weit gegangen zu sagen, dass er sie vermissen würde, aber wie sollte sie zu ihm zurückkehren, wenn sie nicht mehr bei Kaede diente und zu ihrem Haushalt gehörte? Sie hatten ihre Affäre bislang mit großer Diskretion gehandhabt, doch falls Fujiwara davon erfuhr, fürchtete Shizuka um die Sicherheit des Arztes.
Die Vorstellung, diesen freundlichen und intelligenten Mann nie wieder sehen zu können, stürzte sie erneut in tiefe Schwermut. Ich bin nicht besser als Kaede, dachte sie. In Wahrheit erreicht man nie ein Alter, in dem man vor den Schmerzen brennender Liebe gefeit ist.
Sie durchquerten Yamagata und ritten noch zwanzig Meilen weiter bis zu einem Dorf, wo sie übernachteten. Kondo kannte den Wirt des Gasthauses; möglicherweise waren sie sogar Verwandte, doch Shizuka war zu gleichgültig, um genauer nachzufragen. Wie sie befürchtet hatte, gab er ihr zu verstehen, mit ihr schlafen zu wollen, und sie sah die Enttäuschung in seinen Augen, als sie Erschöpfung vorschob, aber er bedrängte oder zwang sie nicht, wie er es hätte tun können. Sie fühlte Dankbarkeit und dann Zorn gegen sich selbst, weil sie so fühlte.
Doch am nächsten Morgen - sie hatten die Pferde beim Gasthaus gelassen und den steilen Aufstieg in die Berge begonnen - fragte Kondo sie: »Warum heiraten wir nicht? Wir wären ein gutes Gespann. Du hast zwei Jungen, nicht wahr? Ich könnte sie adoptieren. Und wir sind noch nicht zu alt, um weitere Kinder zu bekommen. Deine Familie würde es sicher gutheißen.«
Das Herz wurde ihr schwer bei dem Gedanken, vor allem, weil sie wusste, dass ihre Familie genau dies wahrscheinlich täte.
»Du bist unverheiratet?« Für sein Alter fand sie das überraschend.
»Ich war mit siebzehn verheiratet, mit einer Kuroda. Sie starb vor ein paar
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