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Der Glanz des Mondes

Der Glanz des Mondes

Titel: Der Glanz des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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enttäuschend fand, kein Kind zu empfangen, kam ich nicht umhin, eine gewisse Erleichterung zu verspüren. Ich sehnte mich danach, mit ihr Kinder zu haben, aber ich fürchtete die Schwierigkeiten, die es mit sich bringen würde. Und was würde ich tun, wenn Kaede mir einen Sohn gebar?
    Der richtige Umgang mit dem Stamm war ein Problem, das meine Gedanken ununterbrochen beschäftigte. Während meiner ersten Woche in der Stadt schickte ich Botschaften an die Familien der Kikuta und Muto und teilte ihnen mit, mich mit ihnen beraten zu wollen und dass sie sich am nächsten Tag bei mir einzufinden hätten. In der folgenden Nacht versuchte man, in die Residenz einzubrechen und die Aufzeichnungen zu stehlen. Ich erwachte und hörte jemanden im Raum, nahm seine kaum sichtbaren Umrisse wahr, rief ihn an und verfolgte ihn bis zum Außentor, in der Hoffnung, ihn lebend zu fassen. Beim Sprung über die Mauer verlor er seine Unsichtbarkeit und wurde von den Wachtposten auf der anderen Seite getötet, ehe ich es verhindern konnte. Er trug schwarze Kleidung und war tätowiert wie Shintaro, der Attentäter, der damals in Hagi versucht hatte Shigeru umzubringen. Ich ordnete ihn der Kurodafamilie zu.
    Am nächsten Morgen schickte ich Männer zum Haus der Kikuta und ließ alle darin festnehmen. Dann wartete ich ab, wer zu dem Treffen bei mir erscheinen würde. Zwei alte Männer der Muto tauchten auf, gerissene und zwielichtige Gestalten. Ich stellte sie vor die Wahl, die Provinz entweder zu verlassen oder ihrer Loyalität gegenüber dem Stamm abzuschwören. Sie sagten, sie müssten erst mit ihren Kindern sprechen. Zwei Tage lang geschah gar nichts; dann versuchte ein versteckter Bogenschütze mich zu erschießen, als ich mit Atnano und Sugita durch eine entlegene ländliche Gegend ritt. Shun und ich hörten das Geräusch gleichzeitig und wichen dem Pfeil aus. Wir fassten den Bogenschützen und hofften etwas aus ihm herauszubekommen, doch er nahm Gift. Ich war der Meinung, er könnte der zweite Mann gewesen sein, den Hiroshi gesehen hatte, es gab jedoch keine Möglichkeit, es zu überprüfen.
    Zu diesem Zeitpunkt war ich mit meiner Geduld am Ende. Der Stamm spielte mit mir und ging davon aus, dass ich niemals die nötige Härte aufbringen würde, sie in ihre Schranken zu verweisen. Ich ließ alle Erwachsenen der verhafteten Kikutafamilie hängen und schickte in derselben Nacht Patrouillen in mehr als fünfzig Häuser, die alle außer den Kindern töten sollten. Meine Hoffnung war, den Nachwuchs verschonen zu können, doch die Stammesangehörigen zogen es vor, ihre eigenen Kinder zu vergiften, statt sie mir zu überlassen. Die alten Männer tauchten wieder bei mir auf, aber mein Angebot stand nicht mehr. Die einzige Wahl, die ihnen nun noch blieb, war die zwischen Gift und Schwert. Sie wählten ohne zu zögern das Gift.
    Einige flohen aus der Provinz. Ich hatte nicht genügend Leute, um sie verfolgen zu lassen. Die meisten aber blieben, versteckten sich in ihren Geheimräumen, wie sie es einst mit mir getan hatten, oder in unzugänglichen Dörfern in den Bergen. Niemand hätte sie aufspüren können außer mir, der ich alles über sie wusste und dem sie selbst all ihre Fertigkeiten antrainiert hatten. Insgeheim widerte mich meine eigene Grausamkeit an und es entsetzte mich, dass ich ganze Familien auslöschen ließ, wie meine eigene damals ausgelöscht worden war, aber ich sah keine Alternative.
    Diese Maßnahmen verärgerten die Kriegerklasse, die von den Diensten jener Kaufleute profitiert hatte und von ihnen mit Sojaprodukten und Wein versorgt worden war, bei ihnen Geld lieh und sich gelegentlich auch die dunkle Seite des Handels mit Mordaufträgen zunutze machte. Ihr Misstrauen mir gegenüber wuchs dadurch noch mehr. Ich versuchte sie zu beschäftigen, ließ sie Männer trainieren und die Grenzen sichern, während ich den Wiederaufbau des Handels überwachte. Durch die Tötung der Stammesangehörigen hatte ich der Klasse der Händler einen furchtbaren Schlag versetzt. Um dies aufzufangen, steckte ich das gesamte Vermögen dieser Familien in die Domäne - dadurch floss viel Reichtum, der vorher durch sie gebunden gewesen war, ins System zurück. Für zwei Wochen sah es so aus, als stünde uns kurz vor dem Winter eine Knappheit lebenswichtiger Güter bevor, dann aber fanden wir eine Gruppe fleißiger Bauern, die, der Erpressungen des Stamms überdrüssig, in kleinen Mengen heimlich gebrannt und vergoren hatten und genug darüber

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