Der Glanz des Mondes
anzugreifen?«
»Als ich dort lebte, freundete ich mich mit dem Sohn einer Familie namens Terada an, die Fischer gewesen waren. Die Otori besteuerten ihre Fangerträge so hoch, dass sie mit ihren Booten nach Oshima flohen - eine Insel vor der Nordwestküste.«
»Wurden sie zu Piraten?«
»Sie konnten ihre Fänge nicht mehr auf den Märkten verkaufen; es war unmöglich, nur noch vom Fischen zu leben. Ich überlege, ihnen einen Besuch abzustatten. Wenn die Terada genügend Mittel haben und bereit sind mir zu helfen, ist es vielleicht möglich, Hagi von der Seeseite aus einzunehmen. Aber es muss noch dieses Jahr geschehen, was bedeutet, dass ich abreisen muss, bevor die Taifune einsetzen.«
»Warum musst du selbst gehen?«, fragte Kaede. »Schicke doch einen Boten.«
»Fumio wird mir vertrauen, aber ich glaube nicht, dass seine Familie mit irgendjemand anderem sprechen würde. Jetzt, wo die Regenzeit vorbei ist, müssen Kahei und Gemba sofort nach Inuyama reiten. Ich nehme nur ein paar Männer mit - Makoto, vielleicht auch Jiro.«
»Lass mich mit dir gehen«, sagte Kaede.
Ich überdachte die vielen Dinge, die eine gemeinsame Reise mit meiner Frau mit sich bringen würden, die Notwendigkeit, mindestens eine Dame zu ihrer Begleitung mitzunehmen, die Suche nach geeigneten Unterkünften…
»Nein, bleib hier bei Sugita. Ich möchte vermeiden, dass wir beide gleichzeitig abwesend sind. Auch Amano muss hier bleiben.«
»Ich wünschte, ich wäre Makoto«, sagte sie. »Ich bin eifersüchtig auf ihn.«
»Er ist eifersüchtig auf dich«, sagte ich leichthin. »Seiner Meinung nach vergeude ich viel zu viel Zeit damit, mich mit dir zu unterhalten. Eine Frau ist nur dazu da, für Erben zu sorgen. Alles andere sollte der Mann bei seinen Kameraden suchen.«
Ich hatte es als Scherz gemeint, doch sie nahm es ernst. »Ich müsste dir ein Kind schenken.« Sie presste die Lippen aufeinander und ich sah, wie ihre Augen sich mit Tränen füllten. »Manchmal habe ich Angst, dass ich nie wieder schwanger werden kann. Ich wünschte, unser Kind wäre nicht gestorben.«
»Wir werden noch mehr Kinder haben«, sagte ich. »Nur Mädchen, und alle so schön wie ihre Mutter.« Ich nahm sie in die Arme. Die Nacht war warm und still, doch ihre Haut fühlte sich kalt an und sie zitterte.
»Geh nicht«, sagte sie.
»Ich werde höchstens eine Woche fort sein.«
Am nächsten Tag machten sich die Miyoshibrüder auf den Weg nach Inuyama, um Arai mein Anliegen vorzutragen, und am Tag darauf brach ich mit Makoto Richtung Küste auf. Kaede war nach wie vor verstimmt und unser Abschied fiel ein wenig kühl aus. Es war unsere erste Meinungsverschiedenheit. Sie wollte mitkommen; ich hätte es zulassen können, aber ich tat es nicht. Ich ahnte nicht, wie lange es dauern würde und wie sehr wir beide würden leiden müssen, bis wir uns wiedersahen.
Trotzdem ritt ich recht guter Dinge mit Makoto, Jiro und drei weiteren Männern los. Wir reisten in unauffälliger Reisekleidung, um uns rasch und ohne Förmlichkeiten bewegen zu können. Ich war froh, die Festung für eine Weile zu verlassen und die mir selbst gestellte unbarmherzige Aufgabe, den Stamm zu vernichten, ruhen lassen zu können. Die Regenzeit war vorüber und die Luft war klar, der Himmel tiefblau. Entlang der Straße sahen wir überall Anzeichen, dass das Land allmählich zum Wohlstand zurückkehrte. Die Reisfelder waren leuchtend grün, die Ernte stand bevor; zumindest in diesem Winter würde niemand hungern müssen.
In Kaedes Anwesenheit war Makoto schweigsam und reserviert, aber wenn wir allein waren, redeten wir, wie nur engste Freunde es können. Er kannte mich in meinen schwächsten und verletzbarsten Momenten und ich vertraute niemandem so wie ihm. Ich schüttete ihm mein Herz aus, und abgesehen von Kaede war er der Einzige, der von meiner ständigen Furcht vor einem Attentat des Stamms wusste und von meiner tiefen Abscheu vor dem, was ich tun musste, um dem entgegenzuwirken. Die einzige Sache an mir, die ihm Kummer bereitete, war meine tiefe Liebe zu Kaede. Vielleicht war es Eifersucht, obgleich er versuchte sie zu verbergen; aber darüber hinaus sah er meine Gefühle als etwas Unnatürliches an. Es ziemte sich nicht für einen Mann, seine Frau so leidenschaftlich zu begehren. Er sprach es nicht aus, aber ich sah das Missfallen in seiner Miene.
Mit der ihm eigenen unaufdringlichen Aufmerksamkeit hatte Makoto Jiro unter seine Fittiche genommen und Zeit gefunden, ihn sowohl die
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