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Der Glanz des Mondes

Der Glanz des Mondes

Titel: Der Glanz des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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unsere Hochzeit und vertraute mir an, was er einmal zu Kaede gesagt hatte: dass ich seiner Überzeugung nach die Drei Länder einen und den Frieden bringen könnte. Der Großteil der Ältesten zeigte sich jedoch erstaunt. Niemand wagte mir etwas direkt ins Gesicht zu sagen, aber aus Andeutungen und geflüsterten Gesprächen erfuhr ich rasch, dass man eigentlich eine Vermählung mit Fujiwara erwartet hatte. Es kümmerte mich nicht weiter - damals hatte ich noch keine Vorstellung davon, über wie viel Macht und Einfluss dieser Mann von Adel verfügte -, doch wie alles andere in jenem Sommer verstärkte es mein Gefühl, dass Eile geboten war. Ich musste gegen Hagi ziehen, musste die Führung des Otoriclans übernehmen. Wenn ich erst einmal errungen hatte, was mir zustand, und Hagi mein Stützpunkt war, würde es niemand mehr wagen, mich in Frage zu stellen oder herauszufordern.
    In der Zwischenzeit wurden meine Frau und ich zu Bauern, ritten jeden Tag mit Sugita aus, inspizierten die Felder, Wälder, Dörfer und Flüsse, ordneten Reparaturen an, ließen tote Bäume fällen, gaben den Auftrag zu beschneiden und zu pflanzen. Das Land war gut aufgeteilt, und die Besteuerung funktionierte und war nicht ungerecht. Es war eine reiche, wenn auch vernachlässigte Domäne, und die Menschen dort arbeiteten hart und waren motiviert. Sie brauchten nur wenig Ansporn, um den Standard an Wohlstand wiederzuerlangen, den sie unter Lady Naomi genossen hatten.
    Auch das Schloss samt der Residenz waren leicht heruntergekommen, doch als Kaede sich daranmachte, alles wieder herzurichten, erhielten sie bald wieder jene Schönheit zurück, die Naomi geschaffen hatte. Die Matten wurden ersetzt, die Wandschirme gestrichen, die Holzböden poliert. Im Garten stand der von Naomis Großmutter errichtete Teepavillon, von dem sie mir bei unserer ersten Begegnung in Chigawa erzählt hatte.
    Damals hatte sie mir versprochen, dass wir dort eines Tages zusammen Tee trinken würden, und als die Instandsetzung des einfachen, rustikalen Gebäudes abgeschlossen war und Kaede den Tee zubereitete, war mir, als hätte sich jenes Versprechen erfüllt, obwohl Naomi selbst nicht mehr am Leben war.
    Ich spürte deutlich, dass Naomis Geist und ebenso Shigerus allgegenwärtig waren. In Kaede und mir schienen sie die Chance zu haben weiterzuleben, so wie der Abt es in Terayama damals gesagt hatte. Wir würden all das erreichen, was sie sich immer erträumt hatten, woran sie aber gehindert worden waren. Wir stellten Gedenktafeln und Opfergaben in einem kleinen Schrein im Herzen der Residenz auf und beteten jeden Tag vor ihm um Führung und Beistand. Ich fühlte eine tiefe Erleichterung, dass ich Shigerus letzten Wünschen nun endlich Folge leisten konnte, und Kaede erschien mir glücklicher als jemals zuvor.
    Es wäre eine Zeit der großen Freude gewesen, unseren Sieg zu feiern und Land und Leuten dabei zuzusehen, wie sie wieder aufblühten, hätte es nicht jene dunklere Aufgabe gegeben, zu der ich mich verpflichtet fühlte, eine Aufgabe, die mir kein bisschen Freude bereitete. Sugita versuchte mir weiszumachen, dass in der Stadtfestung rund um das Schloss keine Angehörigen des Stamms lebten, so gut hielten sie sich versteckt und so unauffällig waren ihre Aktionen. Doch ich wusste es besser, denn Shigeru hatte sie allesamt aufgelistet, und ich dachte auch an die schwarz gekleideten Männer, die Hiroshi mir beschrieben hatte - die aus dem Nichts aufgetaucht waren und seinen Vater ermordeten. Unter den Toten von Asagawa hatten wir niemanden gefunden, auf den diese Beschreibung gepasst hätte. Also hatten sie die Schlacht überlebt und würden mir nun nachstellen.
    Von den aufgelisteten Familien in Shigerus Bericht waren die meisten Kuroda und Imai, ein paar der reicheren Kaufleute der Domäne waren Muto. So weit westlich lebten nur sehr wenige Kikuta, doch die eine existierende Familie behauptete gegenüber allen anderen ihre gewohnte Autorität. Ich klammerte mich an die Worte der Prophezeiung, die besagten, dass nur mein eigener Sohn mich töten könne, aber auch wenn ich tagsüber mehr oder weniger daran glaubte, so zuckte ich doch bei jedem Geräusch zusammen, schlief nachts nur leicht und aß nur Mahlzeiten, die Manami zubereitete oder deren Zubereitung sie überwachte.
    Ich hatte nichts davon gehört, ob Yuki ihr Kind bereits geboren hatte und ob es ein Junge war. Kaedes Blutungen kamen den ganzen Sommer über regelmäßig, und obwohl ich wusste, dass sie es

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