Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)
gehofft, dass wir uns irgendwann mal über den Weg laufen.«
»Reverend Flynn«, sagte Lyle immer noch perplex. »Sind Sie mit ihm befreundet?«
»Ich kenne ihn nicht persönlich, aber wenn ich in Australien ankomme, wird er mein Arbeitgeber sein.«
»Ach, kommen Sie als Krankenschwester zu den Fliegenden Ärzten?«
»Bestimmt nicht. Um nichts in der Welt würde ich mir meinen Lebensunterhalt mit dem Ausleeren von Bettpfannen verdienen wollen, und beim Anblick von Blut wird mir ganz schwummrig. Ich werde eines der Flugzeuge fliegen.«
»Fliegen!« Lyle verschluckte sich beinahe an seinem Wein.
Alison schmunzelte, als sie seinen verblüfften Gesichtsausdruck sah. Insgeheim gestand sie sich ein, dass sie nicht damit gerechnet hatte, dass dieser Dr. MacAllister ein derart attraktiver Mann war. Sie nahm an, dass er allein reiste. Seine Frau, wäre er denn verheiratet, würde sonst neben ihm sitzen.
»Es ist durchaus möglich, dass ich Sie als Pilotin durch Australien kutschieren werde, Lyle. Darf ich Sie Lyle nennen?«
Lyle riss die Augen weit auf, als er das hörte. »Sie werden mich … fliegen?«, fragte er ungläubig.
»Stimmt genau«, antwortete Alison lachend. »Ich dachte mir schon, dass Sie das überraschen würde.«
»Überraschen ist wohl eher untertrieben, Miss Sweeney«, gab Lyle zu und nahm noch einen großen Schluck Wein.
»Alison, bitte. Schließlich werden wir bald zusammen arbeiten. Und Ihr Leben wird in meinen Händen liegen, es besteht also keine Notwendigkeit, derart förmlich zu sein.« Ihre Augen funkelten vor Belustigung.
Es war klar, dass Alison sich über Lyle lustig machte. Er fand sie sehr attraktiv, tatsächlich sogar viel zu hübsch, um ständig nur einen Fliegeranzug zu tragen. Sie hatte blondes, lockiges Haar, einen pfirsichzarten Teint und lebhafte grüne Augen.
»Man trifft ja nicht jeden Tag eine junge Frau, die ein Flugzeug steuern kann«, sagte er.
Alison lachte – ein sprudelndes Lachen, das wunderschön klang. »Schauen Sie nicht so besorgt. Ich bin eine wirklich gute Pilotin.«
»Wenn Sie erlauben, würde ich Sie gern fragen, ob Sie in der Armee waren. Sind Sie da zur Pilotin ausgebildet worden?«, erkundigte sich Lyle.
Obwohl er nicht glaubte, dass in der Armee Frauen zu Pilotinnen ausgebildet wurden, konnte er sich doch nicht vorstellen, dass es eine andere Möglichkeit geben könnte.
Ein Mann und eine Frau neben Alison hatten ihnen zugehört und mischten sich jetzt in ihr Gespräch ein. Sie stellten sich als Jack und Joan Westcliffe vor.
»Wir würden das auch gern hören, Miss Sweeney«, sagte Joan mit Liverpooler Akzent.
Alison freute sich über ihr Interesse. »In der Armee war ich nicht. Dort werden definitiv keine Frauen zu Pilotinnen ausgebildet, in der Hinsicht ist die britische Regierung sehr rückständig. Mit der amerikanischen Regierung ist es nicht viel besser. Ich habe angefangen, mich fürs Fliegen zu interessieren, weil mein großes Vorbild die Amerikanerin Amelia Earhart ist«, sagte sie. »Amelia hat ihr erstes Flugzeug im Jahr 1907 auf einer Messe in Iowa gesehen, als sie gerade einmal zehn Jahre alt war. Nicht, dass Amelia damals sonderlich beeindruckt gewesen wäre«, fuhr Alison fort. »Jahre später besuchte sie mit ihrem Vater eine Flugschau. Die fand auf dem späteren Flughafengelände Daugherty Field in Long Beach, Kalifornien, statt. Ihr Vater zahlte einem Mann namens Frank Hawks zehn Dollar, damit der sie auf einem Rundflug über Los Angeles mitnahm. Sie behauptet, sie sei von dem Moment an, als sie wieder landeten, vom Fliegen besessen gewesen und habe beschlossen, eines Tages selbst ein Flugzeug zu fliegen.«
»Das ist wirklich ein ehrgeiziges Vorhaben«, meinte Joan. »Ich habe in der Zeitung über Amelia Earhart gelesen. Es ist für unsere Zeit außergewöhnlich, dass eine Frau fliegen lernen kann. Frauen bekommen normalerweise keine Gelegenheit, so etwas zu tun.«
»Es überrascht Sie vielleicht, wenn ich Ihnen sage, dass die erste Frau der Welt, die eine Fluglizenz erhielt, die Baronin Raymonde de Laroche war. Das war schon 1910. Und die erste Frau, die überhaupt in einem Flugzeug mitflog, war Thérèse Peltier im Jahr 1908.«
»Das ist ja unglaublich, das wusste ich noch gar nicht«, staunte Joan. Sie hörte allzu gern von Frauen, die mit den Beschränkungen ihres Geschlechts brachen und Dinge taten, die unkonventionell waren, aber was sie anging, passierte so etwas viel zu selten.
»Es war im Übrigen auch
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