Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)
nur die ersten fünf Meilen waren angenehm. Dann brannte Elena die Sonne auf den Rücken, und die Fliegen trieben sie beinahe in den Wahnsinn. Bis drei Uhr nachmittags arbeitete sie in der Praxis, dann ging sie zu ihrer Mutter, um die Kinder nach der Schule eine Stunde lang sehen zu können, ehe sie wieder nach Hause fuhr. Es wäre schön gewesen, hätte Elena in der Stadt bleiben und der Gluthitze auf der Rückfahrt nach Barkaroola aus dem Weg gehen können, doch das bescheidene, mit Schindeln gedeckte Häuschen ihrer Eltern war zu klein, um außer ihren drei Kindern auch noch sie zu beherbergen. Außerdem machte Aldo kein Geheimnis aus der Tatsache, dass er ihre Arbeit beim Arzt missbilligte, also traute Elena sich nicht, auch noch nachts von zu Hause wegzubleiben.
Wenn sie Barkaroola am späten Nachmittag erreichte, war sie verschwitzt, staubig, erschöpft und so durstig wie ein Kamel, das gerade die Simpsonwüste durchquert hatte. Zwischen vier und fünf Uhr nachmittags war die Sonnenhitze besonders unerträglich. Die Straße bestand nur aus pudrigem Staub und war zudem durchsetzt mit Schlaglöchern, die eine Kuh hätten verschlucken können. Wenn es regnete, verwandelten Sturzbäche die Fahrwege in eine Schlammwüste. Elena machte sich schnell frisch und bereitete dann das Abendessen zu. Normalerweise kümmerte Aldo sich um das Pferd, danach aßen sie in angespanntem Schweigen. Elenas Mann erkundigte sich nie nach ihrer Arbeit, was ihr nichts ausmachte, dass er allerdings auch nicht nach den Kindern fragte, machte Elena wütend.
An den Freitagnachmittagen brachte Luisa nach wie vor die Kinder im Lieferwagen nach Hause auf die Farm und holte sie sonntags auch wieder ab, aber zum Tee blieb sie nicht mehr. Sie und Elena sahen sich ja an vier Nachmittagen in der Woche, und Aldo gab ihr außerdem das Gefühl, dass sie ihm seine Familie wegnahm.
Ein paar Monate nachdem Elena angefangen hatte zu arbeiten, stockte Aldo den Viehbestand der Farm nach und nach wieder auf. Da es nun ein zweites Einkommen gab, war die Bank gewillt, ihm ein kleines Darlehen zu gewähren, damit er Qualitätssaatgut zum Futtermittelanbau kaufen konnte, bewässern konnte er es mit Bohrlochwasser. Elenas Gehalt brachte Essen auf den Tisch, kleidete die Kinder und trug die Kosten für das Pferdefutter. Es erlaubte Aldo sogar, Billy-Ray wieder einzustellen. Aber all das reichte nicht, um Aldo zufriedenzustellen.
Die Sonntagnachmittage waren für Elena besonders hektisch. Sie musste dafür sorgen, dass die saubere Kleidung gepackt wurde, die die Kinder für die Woche brauchten, außerdem musste sie sich darum kümmern, dass die Kinder alle Hausaufgaben übers Wochenende gemacht und die Schulsachen gepackt hatten. Mit Marcus war das normalerweise kein Problem, weil er sorgfältig und selbstständig war. Dominic und Maria waren das genaue Gegenteil, und so hatte Elena mit den beiden mehr Arbeit, als ihr lieb war.
Eines Sonntags war Marcus besonders erschöpft, weil er auf der Farm so viele Arbeiten zu erledigen gehabt hatte. Aldo hatte darauf bestanden, dass er den ganzen Samstag auf den Viehweiden half, was bedeutete, dass er den größten Teil der Wochenendschulaufgaben am Sonntag machen musste. Mit Maria und Dominic war es übers Wochenende besonders anstrengend gewesen, weil sie sich pausenlos gestritten hatten. Für ihre acht beziehungsweise zehn Jahre waren sie groß, aber immer noch recht kindlich und schwer zu erziehen, und so war auch Elena ermattet. Sie schaffte es kaum, ihre Aufgaben zu erledigen, und dann musste sie auch noch kochen.
»Ist deine Tasche gepackt, Marcus?«, fragte Elena, nachdem sie die Schultaschen der beiden Kleineren überprüft hatte. Sie war verärgert, weil die zwei ständig ihre Stifte verloren und sie danach suchen musste. »Nonna kommt in einer Stunde.«
»Ich habe meine Hausaufgaben noch nicht gemacht, Mamma«, antwortete Marcus erschöpft.
»Ach, Marcus«, sagte Elena überrascht. »Wieso denn nicht?« Kaum hatte sie das gesagt, war ihr die Antwort klar. »Du hast für deinen Papà so viel erledigen müssen und warst zu müde«, sagte sie aufgebracht. »Ich schreibe einen Brief an Miss Wilmington, damit sie dich nicht ausschimpft«, fügte sie hinzu.
»Sie wird wütend auf mich sein«, sagte Marcus ängstlich. »Ich musste ihr versprechen, dass ich mit meinem Referat fertig werde. Ich habe versucht, es gestern Abend zu machen, aber ich bin eingeschlafen.«
Am Abendbrottisch war Elena aufgefallen, dass
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