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Der Glasmaler und die Hure

Der Glasmaler und die Hure

Titel: Der Glasmaler und die Hure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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Schlimmsten dort angebracht, als die Belagerung begonnen hatte.
    Sie kauerten in dem engen Raum wie Kinder, die sich voller Angst im Dunkeln verbargen. Martin spürte den warmen Atem der beiden Frauen auf seinen Wangen. Fredeke schluchzte noch immer und wimmerte bei jedem Musketenschuß, der an ihre Ohren drang, doch Sophia zumindest blieb ruhig und besonnen.
    Martin wurde übel, wenn er daran dachte, daß die Plünderer ihnen die Ziege, seine Werkzeuge und alles, was im Haus von Wert war, nehmen würden. Doch sogleich schalt er sich einen Narren. Was kümmerten ihn diese Dinge, wenn sich sein Leben und das der beiden Frauen in Gefahr befanden?
    Er schloß die Augen, zog Sophia näher an sich und streichelte ihre Wange. Sie roch noch immer nach Seife.
     
    Vor Theas Augen tanzte ein greller Funkenregen. Benommen zog sie sich am Tisch hoch, tastete ihren Hinterkopf ab und stellte erleichtert fest, daß kein Blut an ihren Fingern klebte.
    Sie war zu Boden gefallen, als eine gewaltige Explosion das nebenstehende Haus einstürzen ließ. Die Detonationhatte Theas Kammer wanken lassen und die Butzenscheiben aus dem Fensterrahmen geschleudert. Eine Scherbe hatte sich in ihren Oberarm gebohrt. Thea stöhnte auf, als sie das Glas aus ihrem Fleisch zog. Der Schnitt war zum Glück nicht tief und blutete kaum.
    Sie begriff nicht, was überhaupt geschehen war. Vor einer Weile hatte sie Kanonenschüsse vernommen und eine Schwadron bewaffneter Reiter in Richtung der Hohen Pforte eilen sehen. Kurz darauf stand das gegenüberliegende Haus nach einer ohrenbetäubenden Explosion in Flammen. Noch immer erklang ein Getöse aus allen Teilen der Stadt.
    Hektisch überlegte sie, was sie tun sollte. Über eines war sie sich jedoch sofort im klaren: Hier in ihrer Kammer durfte sie nicht bleiben. Jede Explosion hinterließ einen Brandherd, und bald schon würde nicht nur das Hurenhaus, sondern die gesamte Stadt in Flammen stehen.
    Thea stürzte aus ihrer Kammer nach unten in die Diele, wo sich mehrere erschrockene Dirnen versammelt hatten. Ihnen allen stand die Angst ins Gesicht geschrieben.
    »Du solltest das Haus besser nicht verlassen«, warnte sie eine füllige Dirne mit strähnigem Haar, als Thea zur Tür lief. »Es heißt, die Kaiserlichen dringen von allen Seiten in die Stadt ein. Die warten doch nur darauf, eine wie dich in ihre gierigen Finger zu bekommen. Bleibe hier bei uns!«
    Thea schüttelte den Kopf und trat rasch auf die Straße, bevor sie der Mut verließ. Sie bewegte sich im Schutz der Häuserzeilen in südlicher Richtung, doch am Ende dieser Straße richteten kaiserliche Landsknechte bereits ein Blutbad an. Jeder, den sie zu fassen bekamen, wurde ohne Erbarmen erschlagen oder niedergestochen. Thea sah eine Gruppe von Kindern, die heranstürmende Soldaten mit Steinen bewarfen. Ihr Trotz wurde von einem wütenden Haudegen bestraft, der sein Breitschwert durch die Reihen der Kinder schwang und zwei Knaben tiefe Wunden in denLeib schlug. Die beiden fielen röchelnd zu Boden, während die Soldaten über sie hinwegtrampelten. Aus einem Haus schüttete aus dem obersten Stockwerk eine Frau einen Kübel mit kochendem Wasser auf die Landsknechte. Die meisten sprangen rasch zur Seite, doch einer von ihnen wälzte sich mit verbrühter Haut auf der Erde, schlug wild um sich und schrie wie ein Wahnsinniger. Sein furchtbares Schicksal machte seine Kumpane nur noch rasender. Sie brachen die Tür auf, stürmten in das Haus, und kurz darauf vernahm Thea ein markerschütterndes Kreischen.
    Die Orgie der Gewalt lähmte sie einen Augenblick lang, doch dann besann sie sich darauf, daß sie keine Zeit verlieren durfte, denn die Landsknechte waren in das Haus gestürmt, und die Straße war somit frei.
    Thea lief an den blutüberströmten Leichen der Kinder vorbei, ohne sie anzuschauen. Die verzweifelten Schreie der Frau jedoch verfolgten sie, bis sie am Ende der Straße angelangt war.
     
    Martin hielt die beiden Frauen im Arm und lauschte angestrengt. Hier, in dem engen Kellerverschlag war nichts von dem Kampflärm zu hören, der durch die Straßen tobte. Einzig Glockengeläut drang gedämpft an ihre Ohren.
    Die Zeit verging. Martin zog allmählich die Möglichkeit in Betracht, daß die Plünderer sein Haus verschonen würden, doch wenig später zuckte er zusammen, als mit einem lauten Krachen die Tür ihres Hauses aufgebrochen wurde. Von oben erklangen dumpf die Stimmen mehrerer Männer und ein albernes, gackerndes Lachen. Die Plünderer

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