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Der gleiche Weg an jedem Tag

Der gleiche Weg an jedem Tag

Titel: Der gleiche Weg an jedem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Adamesteanu
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Brauen unter dem Pony und Mihais Schultern, über ihren Stuhl gebeugt, und sein brutales Lachen, ich kann es nicht mehr ertragen und beginne mit den Beinen zu zucken. Jetzt merke ich, dass ich schon die ganze Zeit rhythmisch mit den Zehenspitzen auf der Matratze herumtrommele, die trocken raschelt, wahrscheinlich ist sie mit Stroh gestopft. Ich will nicht mehr, sage ich, ich will nicht mehr, nein nein nein, und lege die andere Wange aufs Kissen, dann fürchte ich, diese Mädchen, die sich schlafend stellen, könnten mich gehört haben … Ich habe solche Angst, dass ich mir jede Bewegung verkneife, immer flacher atme, bis ich das Gefühl habe, ich müsste ersticken, dann den Mund wieder öffne, als wollte ich stöhnen …
    Ich muss einschlafen, sage ich mir, wenn ich es genau überlege, ist Mihai mir ebenso egal wie die anderen. Ich sehe, wie er geht, die Schultern leicht nach vorne gebeugt, in seinen weichen Schuhen mit Kreppsohle und dem schwarzen Pullover, den seine Mutter gestrickt hat. Wieso ist es mir peinlich, wie ich da auf dem Geländer der Veranda sitze und mit den Beinen baumele, als wüssten alle, dass ich auf ihn warte, natürlich höre ich dort gar nicht, was die beiden reden, eigentlich interessiert es mich überhaupt nicht … Es interessiert mich wirklich nicht, nur verstehe ich nicht, wieso gerade mit Mariela – und dann diese viel zu laute Musik.
    Â»Hast du gehört, wie er putain sagt?«
    Jeni hat bestimmt alles gesehen, wieso lässt sie mich nicht in Ruhe?
    Â»Pass mal auf, wenn das Lied zu Ende ist … Hast du es gehört?«
    Alle tanzen, jetzt tanzt auch Jeni mit einem Kleinen aus der Elf, bestimmt hat sie gemerkt, dass Mihai sich nicht um mich kümmert, da kann ich ihr sonst was erzählen … Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll, und rauche die Zigarette weiter, es ist meine zweite, sie kratzt im Hals und ich würde sie am liebsten wegschmeißen. Meine erste, das war damals, als wir mit der ganzen Klasse zum Crâng gingen und er sagte: »Das ist nichts, du hast keine Ahnung vom Rauchen … Pass mal auf, so macht man das!«
    Und er nannte mich Branea, beim Nachnamen, das ging mir immer auf die Nerven, und der Rauch zwickte fürchterlich, ich wusste, dass er loslachen wollte, und ließ meine Gesichtsmuskeln erstarren, starr wie jetzt … Einen Augenblick noch hielt ich durch, wenn er bloß nicht merkte, dass mir fast die Tränen in die Augen schossen, aber wenn ich die Augen so weit offen hielt, sah man es vielleicht nicht. Vielleicht hatte Puiu nur zufällig gesagt: »Mir scheint, du hast nicht viel Spaß heute Abend …«, oder wussten vielleicht schon alle, dass ich seit Jahr und Tag darauf wartete, dass Mihai sich mit mir versöhnte? Wieso hatte er mich sonst so angesehen im Dunkel des Korsos? Wahrscheinlich hatte er mich überhaupt nicht angesehen, wahrscheinlich hatte es mir nur so geschienen, ach wie lächerlich … Oder kann man sich so verändern, auf einmal? Wenn ich nur die Treppe hätte hinuntergehen können, es waren bloß drei Stufen, dort standen die Jungs, die nicht tanzen konnten, ein ganzer Haufen, sie lachten dröhnend, so geballt fühlten sie sich sicher, wenn ein Einzelner sich gerührt hätte und die Treppen heraufgekommen wäre, hätten ihm alle nachgeschaut und gesehen, dass er nicht tanzen konnte. So aber kümmerten sich die anderen nicht um den Einzelnen, sie tanzten oder saßen auf den Stühlen in der Ecke, wo das Licht nicht hinkam und wo ich nicht hinschauen konnte, weil Mihai mit Mariela dort waren … Wenn ich nur die Treppe hätte hinuntergehen können, vorbei an den Jungs, die nicht tanzten, nur dort herumstanden und großspurig und lautstark miteinander redeten, als wäre ihnen das alles egal, als könnten sie tanzen, wollten aber nicht, weil es besser ist, mit den Jungs herumzustehen und über die anderen zu lachen … Weiter weg wäre es dann dunkel gewesen, und ich wäre über den mit vereinzelten Grasnarben gefleckten kahlen Hof gegangen, dessen Kies unter der neuen Sohle meiner weißen Sandalen knirschte, und hätte die Tür des Haupteingangs geöffnet, dort war unser Schlafraum mit Stockbetten, und ich hatte noch zwölf Tage, denn insgesamt waren es vierzehn, und dann würde ich nach Hause zurückkehren, vorher aber würde ich mich noch aufs Bett

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