Der gleiche Weg an jedem Tag
Männern und Frauen, eine Welt, in der sich meine peinlich spieÃige Frage erübrigte, ob es sich lohnt, »es zu tun«.
»Das ist nicht das Wichtigste â für Frauen vielleicht. Für einen Mann dagegenâ¦Â«
In seinen Worten erschienen mir seine Gedanken deutlich wie durch ein frisch geputztes Fenster. Wie hat ihn Marta mehr als zwei Jahre lang geheimnisvoll und rätselhaft finden können?, fragte ich mich. Das ist doch nur ein kleiner Egoist, der sich etwas einbildet auf sein Glück, ein Mann zu sein. Mir schien, ich verstand mehr als sie beide oder alles besser. Selbstsicher lieà ich meinen Blick über die leichten roten Plastikstühle schweifen. Einige Paare aÃen, die Mäntel über die Schultern geworfen, in Ruhe ihren Kuchen. An den zusammengerückten hinteren Tischen wurde in einer lärmenden Gruppe Pepsi mit Kognak getrunken, ich kannte die alle vom Sehen, sie waren mir ein Studienjahr voraus und kamen täglich um diese Zeit hierher. Vor dem Kuchenbüfett stand ein verwirrter alter Mann, der altmodische Mantel reichte ihm fast bis zu den Fersen, und aus dem einen frostgeröteten Ohr ragte der weiÃe Draht des Hörgeräts wie eine seltsame Antenne. Barbu sagte irgendwas von Zuteilung und von versäumten Jahren, in denen er nicht hatte tun können, was er hätte tun wollen.
»Was hättest du denn bisher auch groà machen wollen?«, warf ich mit skeptischer Grimasse ein und musterte sein allzu junges und allzu hellhäutiges Gesicht.
»Es ist gut, wenn man von Anfang an alles im Kopf hat ⦠Für mich wird es jetzt schwerer ⦠Das weià ich von anderen«, sagte Barbu Er schob die schwere, blau geränderte Tasse weg und griff nach der Zigarettenpackung auf dem Tisch.
»Gib mir auch noch eine Zigarette«, sagte ich.
Als ich zu ihm aufblickte, war mir, als sähe ich ihn zum ersten Mal. Sein Blick war wässrig und weich, darin lag, ich wusste gar nicht, seit wann, eine Zärtlichkeit, die ihm nicht zustand. Als unsere Finger sich berührten, lieà ich den Kopf sinken und erstarrte auf dem Stuhl. Ich saà da, im Vollgefühl des unerwünschten Sieges, ich wollte ihn gar nicht wahrhaben und versuchte an Marta zu denken. Ich verriet sie lust- und schuldlos und wunderte mich nur dabei.
Er wühlte in den Taschen und zog ein paar zerknüllte Fünfer in der geballten Faust hervor, um zu zahlen. Im Spiegel über dem Tisch erkannte ich mein schmales Gesicht, die Haare, die ich hatte wachsen lassen, so dass sie in wirr gekringelten Locken in den Nacken hingen, die blauen Schuhe mit abgestoÃenen Spitzen und den durchgesessenen, gelb und braun karierten Rock. Was für abenteuerliche Farbkombinationen, ich bin ein Papagei, ein Papagei, sagte ich mir, plötzlich bedrückt und nur darauf bedacht, meinen eigenen Anblick zu meiden. Ich reckte den Arm, um ihn in den Ãrmel des Mantels zu stoÃen, den Barbu mir hielt. Dabei sah ich auch, dass seine Krawatte verrutscht war und ein Jackenknopf gerade noch an einem Faden hing. Ich zog den Arm zurück, die Hand hatte sich im Futter verhakt, und versuchte es von neuem. Mir war, als starrten uns von den umliegenden Tischen alle Augen an, als bewegte ich mich in einem Schaufenster. Einen Augenblick lang war ich überzeugt, dass alles, was mir passierte, peinlich und sinnlos war, und ich beneidete Marta.
*
Am Abend davor hatten wir an dem Heizkörper am Ende des Gangs miteinander geredet. Eine oder zwei Stunden lang verharrten wir dort, die Köpfe an die gluckernden warmen Rohre gelehnt, damit unsere Haare trockneten. Es war das erste Mal, dass sie mir von jemand anderem als Barbu erzählte, ich schwieg und versuchte mir darüber klar zu werden, ob ich ihr noch sagen sollte, dass ich ihn so häufig traf. Wir merkten gar nicht, wie unsere Glieder einschliefen, spät erst, als wir uns rührten, begannen wir zu kichern, streckten die Beine aus und warteten, steif wie wir waren, dass das tausendfache, lustvoll sich steigernde Kribbeln in sie fuhr.
»WeiÃt du, es war gerade an dem Abend, als ich ihm sagen wollte, dass es keinen Sinn mehr hat, uns zu treffen, dass ich mir nichts aus ihm mache, selbst wenn ich mir auch aus Barbu nichts mehr mache nach allem, was er mir angetan hat â¦Â«, sagte sie und fuhr sich ständig mit dem Kamm durchs Haar, damit es schneller trocknete. »Und gerade an diesem Abend, als wir im Park
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