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Der gleiche Weg an jedem Tag

Der gleiche Weg an jedem Tag

Titel: Der gleiche Weg an jedem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Adamesteanu
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ihren kunstseidenen Schlafröcken oder Pyjamas über die Brüstung, schrien etwas, das ich nicht recht verstand, und schmissen leere Gläser oder Flaschen hinunter. Die kurzen Aufschläge häuften sich, sie verdichteten sich zu einem ununterbrochenen Rasseln, das von rhythmischem Geschrei durchsetzt war. Mit ranzigem Fett verschmierte Gläser, in denen sie das gebratene Fleisch von daheim aufbewahrt hatten, Kompott- und Marmeladengläser mit eingedickten Resten und verfilzten Haarsträhnen, leere Wein- und Likörflaschen, sogar kleine Fläschchen für Hustensirup. Zwischen den schlecht beleuchteten Wänden des Innenhofs mit ihrem bröckelnden Putz und den hohen zylindrischen Mülltonnen funkelte ein Haufen Scherben. Plötzlich verstand ich auch, was sie riefen: Waaarmes Waaasser, waaarmes Waaasser – es war wohl abgestellt worden.
    Der Lärm in den Gängen schwoll ab. Aus dem Lesesaal kam mit steifen Schritten ein Mädchen, die langen Schöße des Morgenrocks behinderten sie bei jedem Schritt. Wieso wir uns wohl so ähnlich sind, solange wir hier sind, dachte ich beim Anblick ihrer wirren Haare und ihres bleichen Gesichts im fahlen Licht der Deckenlampe. Ein paar Stunden zuvor hatte ich die Vorstellung gehabt, ich wäre dieses stereotype Leben für immer los, jetzt aber war ich niemand anders als dieses Mädchen, das an der Wand entlangstakste, und sie niemand anders als ich.
    Â»Nach den Ferien«, sagte Marilena, »wird der neue Flügel des Heims freigegeben … Schauen wir mal, wen wir mitnehmen, denn dort gibt es Fünferzimmer …«
    Ist ja auch was, zu fünft, sagte ich mir und klammerte mich an dem kalten Handlauf fest. Dann sind wir unter uns, ich werde abends im Zimmer lesen können, ich werde mir sogar ein paar Bücher von zu Hause mitbringen, eine Arbeit für den Kreis annehmen und mich weder mit Barbu noch mit Mihai noch mit einem anderen Jungen verabreden. Seit Monaten wartete ich, dass etwas geschah und ich aus diesem Heim rauskam, obwohl ich wusste, dass Mutter und Onkel Ion nie das Geld für ein Zimmer in der Stadt haben würden.
    Â»Wann fahrt ihr nach Hause?«, fragte ich sie.
    Â»Nach den Prüfungen halt, wann denn sonst …«, sagte Nana zögerlich.
    Unvermittelt ging Marilena weg, eine Weile noch war das Flappen ihrer ausgetretenen Sandalen auf dem Linoleum zu hören.
    Â»Tschüss«, hatte sie gesagt und gewinkt, ohne sich umzusehen.
    Â»Was hat die denn, dass sie so verschwindet?«, fragte ich und beugte mich über das Geländer.
    In fächerförmigen Stufen wand sich die Treppe hinunter bis zum Pult des Pförtners.
    Â»Weißt du denn nicht, dass sie mit den Ihren zerstritten ist? Sie hat niemanden, zu dem sie in den Ferien fahren könnte … Sandu ist im Ausbildungslager, dabei hat sie sich seinetwegen gestritten, sie sind zu ihr nach Hause gefahren damals im Herbst, als er nicht mehr zu den Nachprüfungen zugelassen wurde und sie befürchteten, er würde zum Wehrdienst eingezogen. Ich weiß nicht, wer von beiden auf die Idee mit dem Heiraten gekommen ist, ich glaube, sie. Ihre Eltern kannten ihn, sie wollten gar nichts davon hören. Sie haben ihr gesagt, entweder sie macht Schluss mit ihm, oder sie wollen nichts mehr von ihr wissen. Es hat Streit gegeben, sie ist mit Sandu weg und hat ihnen seither nicht mehr geschrieben …«
    Â»Ach was, als würden die sie jetzt nicht aufnehmen, wenn sie nach Hause fährt …«
    Â»Sie sagt, das würde bedeuten, dass sie einwilligt, sich von Sandu zu trennen … Natürlich könnte sie das irgendwie hinkriegen, aber du kennst sie ja …«
    Was für ein seltsames Paar, sie und Sandu, sagte ich mir und hatte ihn plötzlich vor Augen, wie er träge an der Eingangstür lehnte, wenn er auf sie wartete. Und doch hätte ich jetzt an ihrer Stelle sein mögen, hätte gern so stark an jemanden geglaubt, dass ich mich seinetwegen mit Mutter und mit Onkel Ion streiten würde.
    *
    Â»Er ist zu dick an der einen Seite«, protestierte Nana und tastete auf dem krümelübersäten Tisch nach dem Spiegel.
    Â»Habe ich denn schon gesagt, du kannst ihn dir anschauen?«, schimpfte Marilena.
    Sie bohrte ihr noch eine Nadel in den Haarknoten und trat ein paar Schritte zurück, um ihn zu begutachten.
    Â»Ich habe dich hergerichtet, dass dich nicht mal mehr deine

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