Der globale Polizeistaat
mutmaßlichen Al Kaida-Drahtzieher Harthi, einen ehemaligen Leibwächter Osama Bin Ladens, hatte die CIA mit großem technischen Aufwand vorbereitet. Es handelte sich um eine Weltpremiere. Erstmals hatte sich eine neue Kriegstechnik zu bewähren, die entscheidende Bedeutung im gerade begonnenen weltweiten Krieg gegen den Terror bekommen sollte. Mit Drohnen und ferngesteuerten Raketen können seitdem von der Einsatzzentrale in Washington aus bequem und ohne eigenes Risiko Gegner in aller Welt
blitzschnell getötet werden. Vorbeugende Exekutionen sind nun per Joystick ohne Rücksicht auf die rechtlichen Bedenken der betroffenen Staaten rund um den Erdball möglich.
Blanker Mord war es, was da am 3. November 2002 geschah. Für die gezielte Tötung eines für gefährlich gehaltenen mutmaßlichen Terroristen gab es keine Rechtsgrundlage. Doch wer fragt im Krieg nach Recht? Schwedens Außenministerin Anna Lindh kritisierte die Attacke in der Wüste: Wenn solche »summarischen Hinrichtungen« ohne Gerichtsverfahren Schule machen sollten, dann könne künftig »jedes Land einfach alle umbringen, die es für Terroristen hält«.
Jedenfalls sind einige Staaten seit Längerem dabei, dafür die technischen Voraussetzungen zu schaffen. In aller Welt werden verstärkt Drohnen ähnlich der CIA-Mordmaschine »Predator« gebaut: Etwa acht Meter lang, hinten ein Schubpropeller, vorne die Videokamera, Infrarotsensoren und Laserzielgerät, unter den Tragflächen Hellfire-Raketen. Diese Drohnen senden ihre Aufnahmen direkt oder über Satellit an eine Bodenstation. Dort überwacht eine drei Mann starke Crew die Maschine mit dem Joystick.
Die Israelis, Pioniere auf dem Gebiet der präventiven Tötungen, verfügen bereits über eine Vielzahl solcher Maschinen, auch die Bundeswehr setzte ihre zusammen mit den Franzosen und Kanadiern entwickelte Drohne »CL-289« erfolgreich im Kosovokrieg ein. In den USA arbeiten rund fünfzig Firmen an über hundert Drohnentypen. Für 1,2 Milliarden Dollar pro Jahr ließ das Pentagon in der Bush-Ära die absonderlichsten Luftfahrzeuge entwickeln: insektengroße Mikrospäher etwa, die unerkannt das Innere von Häusern und Fahrzeugen erkunden sollen, solargetriebene Flugsaurier, die fast unbegrenzt in der Stratosphäre kreisen und von oben die Erde punktgenau detailliert beobachten können.
Für den Krieg der Drohnen ist alles bereit. Die Hardware würde es mittlerweile ohne Weiteres zulassen, eine Attacke wie jene im Jahr 2002 im Jemen jederzeit etwa auf missliebige »Gefährder« in der Neu-Ulmer Konvertitenszene zu fliegen. Allenfalls die
Männer der Luftsicherheitszentrale in Uedem bei Kalkar, die Tag und Nacht den Himmel nach Terrorflugzeugen absuchen, würden die Drohne auf ihren Computerbildschirmen kommen sehen. »Renegade?« Nö, das sind ja unsere Leute, das ist nur eine Todesmaschine der CIA.
Ja aber können denn die USA ihren Krieg gegen den Terror einfach ohne zu fragen in Deutschland führen? Was passiert, wenn Frankreich demnächst nach Spanien ballert, wenn die Deutschen den Israelis ein bisschen helfen, per Joystick von Berlin aus den nächsten Krieg gegen die Hamas zu gewinnen? Und was passiert, wenn sich eine Hellfire in den Dienstwagen Angela Merkels bohrt, deren Absenderkennung zusammen mit dem Dienstwagen verglüht? Was ist, wenn Osama Bin Laden der Absender ist? Das alles ist keine Frage der Hardware, sondern der Software. Es geht hier um rechtliche Software - das Völkerrecht. Und die Programmierer des Weltrechts sind schon intensiv an der Arbeit, dem Krieg der Drohnen die nötige juristische Grundlage zu verschaffen.
»Instant, overwhelming, leaving no choice of means«
Parole »Caroline« - Ein naturgegebenes Recht - Schlechte
Gewohnheiten - Wir lesen genau - Lauter Leviathane -
Ein Krieg der Menschen - Böllerschuss der UN
Bei dem Versuch, das Völkerrecht fit zu machen für den Krieg gegen den Terror, müssen die Rechtsexperten einen langen Weg in die Geschichte zurückgehen, um fündig zu werden. Bis ins Jahr 1837.
Die Geschichte beginnt dort, wo viele dramatische Storys ihren Höhepunkt haben: An den Niagarafällen. Hier, auf der Grenze zwischen den Vereinigten Staaten und Kanada, hatten Aufständische, die gegen die britische Herrschaft auf der kanadischen Seite des Niagaraflusses kämpften, ihren Rückzugsraum. Des Nachts
schafften die Rebellen Waffen von der amerikanischen Seite über den Fluss, um sie drüben gegen die Besatzer einzusetzen. Für die heimlichen
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