Der globale Polizeistaat
Mannes, der auf republikanischer Seite mitgekämpft und unübertroffen eindrucksvoll beschrieben hat, was »Terror gegen Terror« bedeutet: Ernest Hemingways Wem die Stunde schlägt . Die »moralische Kraft«, die zumindest Schmitt zufolge im ordentlichen Kriege herrscht - im Bürgerkrieg hatte sie die Menschen verlassen.
Der Partisan hat in der Folge weltweit Karriere gemacht. Die jüngere Geschichte Lateinamerikas ist davon geprägt, Partisanen wurden romantisch verklärt wie der argentinische Marxist Ernesto Che Guevara. Partisanen, wenn sie gegen Unrecht kämpften, wurden in den Siebzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts so schick, dass sich selbst spießige Soziologiestudenten die Abbilder ihrer Idole aufs T-Shirt drucken ließen. Wen wundert es da noch, wenn die 68er-Bewegung begeistert zu der Broschüre des greisen Carl Schmitt griff: Der Autor von Der Führer schützt das Recht schien mit seiner Partisanenschrift das Rezept für die Befreiungsbewegungen dieser Welt gefunden zu haben. Terror gegen Terror: So lautete, verkürzt, das Konzept der RAF, jener jungen Männer und Frauen, die sich nach Carl Schmitt »irreguläre Kämpfer« nannten und die ganze westliche Welt in einen Guerillakrieg verwickeln wollten.
Haben wir also die Lösung? Müssen wir Terroristen wie Partisanen behandeln?
Es ist wie immer bei Schmitt: Man hat Vergnügen bei der Lektüre, aber es kommt nichts Nützliches dabei heraus. Schmitt selbst knüpft die besondere »Legitimität«, die aus seiner Sicht das Handeln der Partisanen, nicht aber das von Verbrechern auszeichnet, an ihre »wirkliche Feindschaft«. Wirkliche Feinde, ob von innen oder von außen, sind aber für Schmitt daran zu erkennen, dass sie auch ihre Freunde haben. Schmitt drückt das so aus:
Der Partisan habe immer einen »interessierten Dritten«, der zu ihm hält, ein Inhaber regulärer Macht außerhalb der Regeln, die der Partisan bekämpft. Diese Zuhälterei von außerhalb ersetzt, so lässt sich Schmitt verstehen, die Anerkennung der irregulären Krieger als Völkerrechtssubjekte: »Der am Partisanen interessierte mächtige Dritte mag noch so egoistisch denken und handeln; er steht mit seinem Interesse politisch auf der Seite des Partisanen. Das wirkt sich als politische Freundschaft aus und ist eine Art der politischen Anerkennung.«
Und wer war zum Beispiel die »interessierte Macht« für die Partisanen, die Anfang des 19. Jahrhunderts auf der Iberischen Halbinsel gegen Napoleon kämpften? Schmitt: »Königtum und Nation.« Das waren natürlich keine Mächte, sondern Ideen, ein Ordnungssystem, an das die Kämpfer glaubten und von dem sie sich legitimiert glaubten. Zum Vergleich verweist Schmitt auf Michael Kohlhaas, den unseligen Rebellen aus Heinrich von Kleists gleichnamiger Erzählung: »Michael Kohlhaas, den das Rechtsgefühl zum Räuber und Mörder machte, war kein Partisan, weil er nicht politisch wurde und ausschließlich für sein eigenes verletztes privates Recht kämpfte, nicht gegen fremde Eroberer und nicht für eine revolutionäre Sache. In solchen Fällen ist die Irregularität unpolitisch und wird rein kriminell, weil sie den positiven Zusammenhang mit einer irgendwo vorhandenen Regularität verliert. Dadurch unterscheidet sich der Partisan vom Räuberhauptmann.«
So appetitlich, man möchte zugreifen und Carl Schmitts schöne Unterscheidung sofort konsumieren, um die Frage zu klären, wie es mit dem modernen Terrorismus steht. Ist der Terrorist der »wirkliche Feind«, der eine Art Krieg gegen den Staat führt? Oder ist er einfach ein besonders schlimmer Räuberhauptmann, einer, der um sich schlägt wie Michael Kohlhaas? Das hängt davon ab, ob Terroristen »politisch« sind. Wie soll man das entscheiden? Die Schmitt’sche Antwort, dies sei, wie alle Freund-Feind-Entscheidungen Sache des Souveräns, zieht hier schon deshalb nicht, weil dann die nächste Frage wäre: Welcher der vielen hundert in
der Uno versammelten Souveräne soll das entscheiden? Hilfsweise: Glauben sie an Königtum und Nation? Natürlich tun Terroristen das nicht, aber die alte Schmitt’sche Antwort aus der Geschichte lässt sich modern vielleicht so umformulieren: Verfolgen sie die Installation einer alternativen Staatsordnung mit einem politisch anerkannten Legitimitätsanspruch? Da sind wir so weit wie vorher: Natürlich gibt es zu jeder Ideologie jemanden, der sie politisch für verwirklichenswert hält. Letztlich geht es um dieselbe Wertung wie zuvor: Sollen für den
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