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Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Titel: Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo , Pößneck GGP Media GmbH
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gnädiger Herr, hier ist es.“ Ein Gerichtsdiener übergab das welke Blatt dem Krokodil; dieses schüttelte düster den Kopf, übergab es dem Prokurator des Königs, und es machte so die Runde im Saale. „Es ist ein Birkenblatt“, sprach Meister Jacques Charmolue, „ein neuer Beweis der Hexerei.“
    Ein Rat nahm das Wort. „Weib, zwei Menschen sind zugleich bei Euch eingetreten: der Offizier und der schwarze Mann, den Ihr im Anfange eintreten und dann in Priesterkleidern durch die Seine schwimmen saht. Wer hat Euch den Taler gegeben?“
    Die Alte bedachte sich einen Augenblick und sagte: „Der Offizier.“
    Ein Gemurmel ließ sich im Volke vernehmen. Ach, dachte Gringoire, meine Überzeugung kommt zum Wanken. Allein Meister Philipp Lheulier, außerordentlicher Advokat des Königs, nahm das Wort: „Ich erinnere die Herren, daß der ermordete Offizier in seiner Aussage, die am Krankenbett aufgenommen wurde, erklärte er habe in dem Augenblick, wo der Mann ihn anredete, geahnt, es könne das Gespenst sein, dieses habe ihm dann sehr zugeredet, die Angeklagte aufzusuchen, und auf die Bemerkung des Offiziers, er habe kein Geld, den Taler gegeben, womit er, der Hauptmann, die Falourdel bezahlt habe. So ist also der Taler ein Geldstück des Teufels.“
    Diese Schlußbemerkung schien allen Zweifel Gringoires und der anderen Skeptiker im Auditorium zu beseitigen.
    „Die Herren haben das Heft der Akten“, fügte der Advokat des Königs sich setzend hinzu, „sie mögen die Aussage des Phoebus von Chateaupers vergleichen.“
    Bei diesem Namen erhob sich die Angeklagte; ihr Haupt ragte über das Gedränge hervor. Mit Schrecken erkannte Gringoire die Esmeralda. Sie war blaß; ihre einst so anmutig geflochtenen und mit Flittern geschmückten Haare hingen in Unordnung von ihrem Haupte herunter. Ihre Lippen waren blau, der Ausdruck ihrer hohlen Augen erschreckend.
    „Phoebus?“ sprach sie wie wahnsinnig, „wo ist er? Ach, ihr Herrn, ehe ihr mich tötet, übt Gnade und sagt mir, ob er noch lebt!“
    „Schweigt, Weib!“ erwiderte der Präsident; „das kümmert uns nicht.“
    „Oh, aus Mitleid sagt mir, ob er noch lebt!“ Sie faltete ihre schönen, mageren Hände, wobei man das Klirren der Ketten vernahm.
    „Gut“, sagte trocken der Advokat des Königs, „er stirbt. Seid Ihr zufrieden?“
    Das unglückliche Mädchen fiel ohne Tränen und Stimme, weiß wie eine Wachsgestalt, auf ihren Schemel. Der Präsident neigte sich zu einem schwarzgekleideten Mann mit goldener Mütze, einer goldnen Kette am Hals und einem Stabe in der Hand. „Türsteher, führt die zweite Angeklagte herein.“
    Aller Augen wandten sich auf eine kleine Tür, die erschlossen ward, und woraus, zum Erstaunen Gringoires, eine hübsche Ziege mit vergoldeten Hörnern und Füßen zum Vorschein kam. Das anmutige Tier blieb einen Augenblick auf der Schwelle stehen, streckte den Hals, als stände es auf der Spitze eines Felsens und erblickte einen weiten Horizont. Plötzlich sah es die Zigeunerin, sprang über den Tisch und den Kopf des Schreibers, und war in zwei Sprüngen an den Füßen seiner Herrin; anmutig legte es sich auf ihre Füße und schien um eine Liebkosung oder ein Wort zu bitten; allein die Angeklagte blieb unbeweglich, und die arme Djali erhielt keinen Blick.
    „Ja, ja, das ist das häßliche Tier“, sagte die alte Falourdel; „ich erkenne sie alle beide wieder.“
    Jacques Charmolue fiel ein: „Gefällt es den Herrn, so beginnen wir jetzt mit dem Verhör der Ziege.“
    Wirklich war die Ziege die zweite Angeklagte. Nichts war damals gewöhnlicher, Hexenprozesse gegen ein Tier waren damals an der Tagesordnung.
    Demnach rief der Prokurator des Königs: „Wenn der Teufel, von dem diese Ziege besessen ist, und der bisher allen Austreibungen widerstand, bei seinen Übeltaten beharrt, setzen wir ihn in Kenntnis, daß wir für ihn die Strafe des Galgens oder des Scheiterhaufens verlangen werden!“
    Gringoire stand in kaltem Schweiß. Charmolue legte das Tamburin der Zigeunerin auf den Tisch, stellte es auf eine besondere Weise vor die Ziege hin und fragte: „Was ist die Uhr?“ Die Ziege betrachtete ihn mit verständigem Blick, hob ihren vergoldeten Fuß auf und tat sieben Schläge. Wirklich war es sieben Uhr. Die Versammlung schauderte. Gringoire konnte es nicht länger aushalten. „Sie richtet sich zugrunde“, sprach er ganz laut, „Ihr seht wohl, sie weiß nicht, was sie tut.“
    Jacques Charmolue gab vermittels desselben Tamburins

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