Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)
früheren Texten stammten.
Loriot hatte ein großes Talent, Texte zu recyceln. Er war darin Johann Sebastian Bach nicht unähnlich, auch der hatte kein Problem damit, Partituren, die er für Kantaten komponiert hatte, in seinen Oratorien wiederzuverwenden.
Wir machten uns also an die Arbeit, Loriots Werk nach Texten zum Thema Fernsehen zu durchforsten. Und wir wurdenfündig. Loriot verfasste ein paar neue einleitende Worte und Übergänge – fertig war die Ansprache.
Mit den Worten »Laut Programm droht nun die Festrede. Ein älteres Museumsstück ergreift das Wort«, begann Loriot seine Rede. Die Gäste jubelten.
Auf dem Höhepunkt der Planungen für die DVD-Box erreichte uns im Februar 2007 eine weitere Anfrage des Museums. Man wollte den 85. Geburtstag Loriots mit einer großen Ausstellung im Fernsehmuseum feiern.
»Och nö, Kinder, muss das sein?«, höre ich meinen dauererschöpften Freund noch sagen. Ja, es musste sein. »Na gut.« Das alte Zirkuspferd riss sich zusammen, und wieder wurde es nichts mit dem wohlverdienten Ruhestand.
In dem Zusammenhang fragte ich Loriot, was er von einer filmischen Dokumentation seines Lebens hielt, woraufhin er antwortete, er sei eigentlich ein Mann des Vergessens. Eine Antwort, die ich erst sehr viel später verstand.
Dennoch arbeitete Vicco akribisch an den Planungen für die Ausstellung mit, die etwa ein Jahr in Anspruch nahmen. Soweit es meine Zeit zwischen Dreharbeiten erlaubte, half ich dabei.
Im Vorfeld besichtigten wir gemeinsam das Museum, das Vicco sehr begeisterte. Mit staunenden Kinderaugen ging er durch die Sammlung Ray Harryhausen, des großen amerikanischen Trickfilmers, in der die kleinen Animationsfiguren aus »Sindbads 7. Reise« und »Jason und die Argonauten« in aufwendigen Dioramen ausgestellt waren. Leider wurde die Sammlung später von Peter Jackson , dem Regisseur und Produzenten vom »Herrn der Ringe«, gekauft und nach Neuseeland geschafft. Aber auch mit dem Nachlass von Marlene Dietrich fühlte Vicco sich in guter Gesellschaft.
Nach der Museumstour bat Direktor Rainer Rother ihn, etwas ins Gästebuch zu schreiben. Das Nasenmännchen mit einem Bleistift im Mund war schnell gezeichnet, aber was sollte er jetzt Witziges schreiben? Vicco grübelte und raunte mir zu:»Ich schreib einfach ›Boll ist toll‹.« Da erinnerte ich ihn daran, dass er während unseres Rundgangs gesagt hatte: »Aufregender kann auch ein Film nicht sein.« »Das ist gut«, fand er und hatte seine Widmung.
Eine Ausstellung über Loriots Leben und Werk könnte allein ein ganzes Museum füllen. Er war ja nicht nur Zeichner und Trickfilmer. Er war Fernsehstar, Filmregisseur, Opernregisseur, Texter von Neufassungen beliebter Konzertstücke, Redenschreiber, Schriftsteller – und im Alter auch noch Maler und Ehrenprofessor für Schauspiel an der Universität der Künste Berlin.
Der begrenzte Raum, den das Museum zur Verfügung hatte, machte die Konzeption schwierig. Im Zentrum der Ausstellung sollte zwar der Fernsehmacher Loriot stehen, aber auch sein zeichnerisches Frühwerk sollte gezeigt werden ebenso wie alle anderen künstlerischen Tätigkeiten. Dazu Produkte aus dem Merchandising – Bierdeckel, Spielkarten, Schachteln für »Auto-Schokolade« und vieles mehr.
Im Sommer 2008 kamen der Leiter der Fernsehabteilung des Museums, Peter Paul Kubitz, und Gerlinde Waz, die Kuratorin der Ausstellung, nach Ammerland, um sich in Loriots Privatarchiv nach Exponaten umzusehen.
Hier begegneten sie auch zum ersten Mal einer Reihe kleinformatiger Kunstwerke – den in den vergangenen zwei Jahren entstandenen, von Loriot so genannten »Nachtschattengewächsen«.
Eines Nachts im Sommer 2006 wachte Vicco auf und kritzelte schlaftrunken eine abstrakte Struktur, die ihm im Traum erschienen war, auf einen kleinen karierten Block, der auf seinem Nachttisch lag. Morgens sah er das Gekritzel an und hatte die Idee, daraus eine kleine Zeichnung im Stil Picassos zu machen, eine Dame mit Mops. Das Bild schenkte er seiner Frau zum Geburtstag.
Schon zu früheren Geburtstagen hatte er Romi kleine Mopsbilder geschenkt, in der Regel aufwendige Gemälde im klassischen Stil. Die Bilder paraphrasierten Motive großer Maler,die »Sixtinischen Engel« des Raffael, die leeren Interieurs eines Hopper oder die frühen kubistischen Werke von Braque und Picasso. Aus einer geträumten abstrakten Struktur ein Bild zu machen, das war neu, und wie immer reizte Loriot das Neue an der Idee.
So entstanden
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