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Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Titel: Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Lukschy
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Harald Clemen, ob er nicht Lust hätte, wieder einmal mit den Schauspielstudenten der Berliner UdK (Universität der Künste) einen Workshop abzuhalten.
    Zur Vorbesprechung des Workshops trafen die beiden sich Ende April an einem warmen vorsommerlichen Tag bei Viccos Lieblingsitaliener zum Mittagessen. Ich selbst war um vier Uhr mit ihm verabredet. Es waren einige wichtige Dinge im Zusammenhang mit der Ausstellung und den DVD-Verkäufen zu besprechen. Romi sagte mir, dass er mit Harald immer noch beim Italiener saß. Ich ging nach unten und setzte mich zu den beiden. Später kamen Romi, Liele und meine Tochter Leonore hinzu. So saßen wir gemütlich beieinander, bis es dunkel wurde und der Nachmittag langsam in ein Abendessen überging.
    Vicco hatte sich auf der am Spätnachmittag kühl werdenden Terrasse in eine knallrote Wolldecke gehüllt und genoss das Vergehen der Zeit. Wir erzählten Theatergeschichten, plauderten über Oper und Film, lachten viel, tranken viel Espresso und Wein und hatten das Gefühl, einen der schönsten Tage des jungen Jahres miteinander verbracht zu haben. Besprochen haben wir nichts.
    Der verabredete Schauspielworkshop fand dann doch erst im Herbst statt. Die jungen Schauspieler lagen Vicco sehr am Her zen. Deswegen hatte er sich dazu bereit erklärt, obwohl in die Zeit nicht nur die Eröffnung seiner großen Ausstellung fiel, sondern zusätzlich die unterschiedlichsten Ideen kursierten, wie man Loriot zum 85. Geburtstag im Fernsehen würdigen könnte.
    Loriot macht sich zwei Jahre jünger
    Unter anderem war ein Auftritt bei »Dittsche« geplant. Es wurde viel telefoniert, und ich erinnere mich an eine ausgiebige Motivsuche in Berlin. Die Idee war, Loriot in Dittsches Imbiss erscheinen zu lassen. Das kam aber wegen der zu beschwerlichen Reise nach Hamburg und den Imponderabilien einer Live-Sendung nicht in Frage. Also dachten wir über eine Alternative nach. Olli Dittrich sollte seinen Imbiss verlassen und in einem Treppenhaus auf den Überraschungsgast Loriot treffen. Die Hintertreppenszene hätte man in Berlin vorproduzieren können.
    Zufällig gab es im Haus von Loriots Wohnung eine unbenutzte und abgeschlossene Hintertreppe. Bülows fanden nach längerem Suchen den Schlüssel, und wir betraten den Tatort. Es war toll. Das Treppenhaus war seit Ewigkeiten nicht mehr gereinigt worden, im Staub lagen Taubenfedern, im Prinzip die ideale Location für eine kleine »zufällige« Begegnung der beiden großen Komiker. Und wie immer, wenn es um Arbeitging, stieg Vicco sofort richtig ein. Er probierte Sitzhaltungen auf der Treppe aus, imaginierte Dittsches Auftritt und machte sich schon zur Beleuchtung des Sets Gedanken.
    Trotz liebevoller Planung wurde aus der Sache dann aber doch nichts. Der Sender wollte den kleinen Auftritt groß ankündigen, das aber hätte der Idee widersprochen, und das Publikum wäre vielleicht sogar enttäuscht gewesen. Also sagten Olli Dittrich und Loriot das Ganze ab. Dennoch machten die Vorbereitungen der kleinen Szene Spaß.
    Mitten im Geburtstags- und Museums-Stress war es dann am 6. November, nur einen Tag nach der Eröffnung seiner Ausstellung, so weit. Vicco fragte mich, ob ich Zeit und Lust hätte, ihn zum Schauspielworkshop zu begleiten.
    Ich hatte einige Jahre zuvor seinen ersten Workshop miterlebt, wo er hauptsächlich an Kleist-Texten gearbeitet hatte. Damals ging es um den Schlussmonolog aus dem »Prinzen von Homburg«, um die kleine, aber sehr schwer zu rezitierende »Anekdote aus dem letzten preußischen Kriege« und um eine Szene aus Shakespeares »Hamlet«. Vicco fand, dass das moderne Theater dem gesprochenen Wort zu wenig Achtung entgegenbrachte. Diese Achtung und Liebe zum Text wollte er seinen Studenten vermitteln.
    Die Kleist-Anekdote mit ihrem tückischen ersten Schachtelsatz, der sich über zehn Zeilen hinzieht, hatte es Vicco schon immer angetan. Ich erinnere mich, wie wir in Ammerland einen Nachmittag damit zubrachten, verschiedene Aufnahmen der Anekdote zu vergleichen. Da war der preußisch-kraftvolle Heinrich George auf der einen Seite und der zarte, filigrane Ernst Ginsberg auf der anderen. Zwei grundverschiedene Arten, einen Text sprachlich zu gestalten. Wenn Vicco ihn las, klang es eher wie Ginsberg, dennoch war seine Bewunderung für George grenzenlos. Er hatte ihn in seiner ersten Theatervorstellung als Kind in Kleists »Prinzen von Homburg« auf der Bühne erlebt, zusammenmit Horst Caspar, Friedrich Kayssler und Werner Krauß. Über die

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