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Der glückliche Tod

Der glückliche Tod

Titel: Der glückliche Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Camus
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Erregung. Am dritten verließ er Genua und schiffte sich nach Algier ein.
     
    Während der ganzen Reise stimmte er beim Anblick der Spiele von Wasser und Licht, des Morgens, dann der Tagesmitte und des Abends auf dem Meer, sein Herz auf die langsamen Rhythmen des Himmels ein und kehrte zu sich selbst zurück. Er mißtraute der Banalität gewisser Heilungen. Auf dem Deck ausgestreckt, begriff er, daß man nicht einschlafen dürfe, sondern wachsam bleiben müsse, wachsam den Freunden, dem Bequemlichkeitsanspruch der Seele und des Körpers gegenüber. Er mußte sein Glück und seine Rechtfertigung aufbauen. Und zweifellos würde diese Aufgabe ihm jetzt leichter fallen. Bei dem eigenartigen Frieden, der ihn in der jäh kühler werdenden Abendluft auf dem Meer überkam, nach dem langsamen Sichtbarwerden des ersten Sterns an einem Himmel, der in grünen Tönen verging, um in gelben wieder aufzuleben, spürte er nach dem großen Aufruhr und den Gewitterstürmen, wie alles, was dunkel und schlecht in ihm war, sich setzte, um, nunmehr durchscheinend hell, die klaren Wasser einer zu Güte und Entschlußkraft zurückgelangten Seele zum Vorschein kommen zu lassen. Er sah jetzt alles deutlich vor sich. Lange Zeit hatte er auf die Liebe einer Frau gehofft. Doch er war nicht für die Liebe geschaffen. In allem, was sein Leben ausmachte, dem Büro an den Quais, seinem Zimmer und seinen Träumen, seinem Restaurant und seiner Geliebten war er immer nur einem Glück nachgejagt, das er im Grunde seines Herzens, wie zudem alle anderen Menschen auch, für unmöglich hielt. Er hatte gespielt, er wolle glücklich sein. Niemals hatte er es mit bewußtem entschlossenem Willen gewollt. Niemals bis zu dem Tage . . . Und seit jenem Augenblick hatte infolge einer einzigen, in voller Klarsicht berechneten Geste sein Leben sich verwandelt, und das Glück schien ihm von da an möglich zu sein. Zweifellos hatte er in Schmerzen dieses neue Wesen gezeugt. Aber was war das im Vergleich zu der unwürdigen Komödie, die er vorher spielte? Er sah zum Beispiel jetzt, daß das, was ihn an Marthe gebunden hatte, eher Eitelkeit als Liebe gewesen war, sogar noch das Wunder der Lippen, die sie ihm darbot, und das nur in dem freudigen Staunen über eine Macht bestanden hatte, die sich in der Eroberung erkannte und in ihr erwacht war. Die ganze Geschichte seiner Liebe bestand in Wirklichkeit darin, daß dieses ursprüngliche Staunen durch eine Gewißheit, seine Bescheidenheit durch Eitelkeit ersetzt worden war. Er hatte in Marthe die Abende geliebt, in denen sie zusammen im Kino erschienen und alle Blicke sich auf sie richteten, den Augenblick, in dem er sie der Welt vorführte. Er liebte sich selbst in ihr samt seiner Macht und seinem Ehrgeiz zu leben. Sein Verlangen sogar, die Lust in seinem Körper war vielleicht aus diesem anfänglichen Staunen erwachsen, einen besonders schönen Leib zu besitzen, ihn zu beherrschen und zu demütigen. Jetzt wußte er, daß er für diese Liebe nicht geschaffen war, sondern für die unschuldige und erschreckende Liebe zu dem schwarzen Gott, dem er seither diente.
     
    Wie es oft vorkommt, hatte sich bei ihm das Beste in seinem Leben um das herum kristallisiert, was das Schlimmste daran war, so Claire und ihre Freundinnen, Zagreus und der Wille zum Glück um Marthe. Er wußte jetzt, daß er seinem Willen zum Glück die Führung überlassen würde. Aber es war ihm klar, daß er sich dazu mit der Zeit in Einklang setzen mußte, daß über seine Zeit zu verfügen zugleich das großartigste und gefährlichste aller Experimente war. Muße ist eine Klippe nur für die Mittelmäßigen. Viele können nicht einmal beweisen, daß sie nicht mittelmäßig sind. Er hatte sich dieses Recht erworben. Doch der Beweis stand noch aus. Nur eines hatte sich geändert. Er fühlte sich frei seiner Vergangenheit und allem gegenüber, was er verloren hatte. Er wollte nichts als diese Sammlung und diesen geschlossenen Raum in sich selbst, diese überklare, geduldig brennende Glut angesichts der Welt. Er wollte nur sein Leben in den Händen halten wie ein heißes Brot, das man zusammenpressen und kneten kann. Wie in den beiden langen Nächten im Eisenbahnzug, in denen er mit sich selber sprechen und sich auf sein Leben vorbereiten konnte. Er wollte sein Leben aufschlecken wie Gerstenzucker, es formen, es schärfen, kurz, es lieben. Darin beruhte seine ganze Leidenschaft. Dieses Sichselbergegenwärtigsein wollte er sich von nun an allen Aspekten seines

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