Der goldene Buddha
ging ich an den Leichen vorbei und pulte eine Kugel aus der Wand.
Es war Munition für eine Maschinenpistole. Und Lady X war mit solch einer Waffe praktisch verheiratet.
Wir traten wieder nach draußen. Ich verschloss die Tür. Zeit, die Männer zu begraben, hatten wir nicht. Zudem führten wir auch einen Toten mit uns.
Suko lief zum Hubschrauber zurück und holte ihn. Als er wieder ausstieg, war Tai Pe neben ihm. Noch immer ein wenig schwankend auf den Beinen, stand der Erhabene im Einstieg. Suko hatte für ihn die Leiter ausgefahren.
Tai Pe kletterte heraus. »Ich weiß Bescheid«, sagte er.
»Ja, die anderen waren schneller«, murmelte ich. »Fragt sich nur, wie es weitergehen soll.« Mein Blick glitt hinauf zu den wolkenverhangenen Berggipfeln. »Wie weit ist es noch bis zum Ziel?«
»Die Hälfte der Strecke haben wir hinter uns.«
Suko kam aus dem Haus, wo er auch den dritten Toten hingeschafft hatte. »Der Tank ist noch halbvoll«, meldete er, weil er die letzten Worte gehört hatte.
»Damit könnten wir es schaffen«, sagte Tai Pe.
»Nur zurück müssten wir zu Fuß laufen«, grinste ich.
»Wir können auch wieder nach Katmandu fliegen«, schlug Tai Pe vor.
»Nein, die Hälfte haben wir hinter uns, die andere Hälfte schaffen wir auch noch. Der goldene Buddha muss zerstört werden, und wenn ich auf dem Zahnfleisch zurückkrieche.«
Suko nickte.
Auch Tai Pe war einverstanden.
»Vielleicht schaffen wir es noch und sind vor den anderen da«, sagte ich und schaute Tai Pe dabei hoffnungsvoll an.
Der hatte verstanden. »Es gibt andere Möglichkeiten, zum Kloster zu gelangen. Der Weg ist aber schwieriger.«
»Wir nehmen ihn trotzdem«, entschied ich.
Zwei Minuten später startete ich, wobei wir alle hofften, dass der Treibstoff tatsächlich reichen würde…
Schon bald wurde es schlimm. Wir befanden uns noch in dem riesigen Talkessel, als sich die Wolken so verdichteten, dass wir nichts mehr sehen konnten.
Ich flog den Hubschrauber in die Brühe. Niemand sagte etwas, jeder wusste, dass wir verdammt viel Glück haben mussten, wenn wir nicht an irgendeiner Wand zerschellen wollten. Es hatte auch keinen Sinn, die Wolkendecke zu unterfliegen, weil sie sich zu dicht am Boden befand.
Also drüber.
Und das riskierte ich. Wir flogen blind. Eingehüllt von grauen Wolkenfetzen, die keine Sicht ließen. Wattegleich wischten sie an dem Hubschrauber vorbei.
Ich betätigte das Höhenruder. Willig gehorchte die Maschine den Steuerbewegungen.
Sie stieg in die Wolkenwand hinein. Leider hatte ich vorher nicht gesehen, wie hoch das Wolkenfeld war, ich hoffte jedoch stark, es überfliegen zu können, wenn die Luft dort auch noch dünner war, was dem Motor unter Umständen nicht bekam.
Die Zeit verging. Sekunden, die uns sehr lang erschienen. Wir starrten aus brennenden Augen in die graue Nebelsuppe. Wurde sie nicht schwächer oder etwas lichter? Sahen wir nicht einen Sonnenstrahl?
Nein, es war nur Einbildung.
Wir mussten weiter warten.
Wind schüttelte die Maschine. Es war eine regelrechte Bö, die gegen sie fuhr. Ich hielt den Steuerknüppel eisern fest. Und plötzlich veränderte sich die Umgebung. Ein weißer, dichter Flockenwirbel umtanzte den Hubschrauber, denn schneekalt war es inzwischen geworden.
Jetzt kam noch eine weitere Gefahr hinzu. Der Rotor konnte bei solch einer Kälte vereisen. Wenn das geschah, war der Absturz sicher.
Ich schaute die anderen an. »Sollen wir weiter steigen?«
»Du denkst an die Kälte?«
Suko hatte die Frage gestellt, und ich nickte.
»Diese Wolkenbank kann doch nicht ewig sein. Ich…«
»Es wird heller«, unterbrach Tai Pe den Chinesen. Das stimmte.
Heller wurde es in der Tat. Und das kam nicht allein durch den Schnee, denn der dichte weiße Vorhang war schwächer geworden.
Und dann, praktisch von einem Augenblick zum anderen, durchstießen wir die dicke Wolkendecke.
Sofort drosselte ich die Aufwärtsbewegung der Maschine und ging in eine normale Fluglage über.
Ich lauschte auf Motor- und Rotorgeräusche. Die Maschinen liefen völlig normal. Die Kälte hatte ihnen nichts ausgemacht. Unseren Augen bot sich ein prächtiges Bild. Unter uns zogen die gewaltigen Wolkenfelder vorüber. Rechts und links aber sahen wir das Dach der Welt. Diese Bergriesen des Himalaya. Der Anblick war so imponierend, dass mir ein Schauer der Ehrfurcht über den Rücken lief.
»Mein Gott, ist das schön«, murmelte ich. Ich konnte den Blick nicht von dieser unberührten Natur
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