Der goldene Buddha
vielleicht glauben, ist er kein netter Mensch – er hat sein anfängliches Vermögen mit Drogentransporten für eine asiatische Triade verdient. Inzwischen macht er zwar nur noch legale Geschäfte, aber er kennt zahlreiche Leute von früher. Ich möchte wetten, er hat bereits jemanden angerufen, so dass im Augenblick der gesamte kriminelle Abschaum dieses Landes nach Ihnen sucht.«
»Was wollen Sie …«, setzte Spenser an.
»Sie hören mir nicht zu«, fiel Cabrillo ihm scharf ins Wort.
»Wir wissen, dass Sie die Buddhas ausgetauscht haben und im Begriff waren, die Statue zu verkaufen. Falls Sie sich kooperativ verhalten, lassen wir Sie laufen. Andernfalls führen wir das Geschäft trotzdem durch, rufen Ho an und verraten ihm, wo er Sie finden kann. Entscheiden Sie sich.«
Spenser überlegte fieberhaft. Ohne den Verkauf des Buddha war er finanziell ruiniert. Doch sobald sich herumsprach, was er hier in Macau versucht hatte, war sein Dasein als Kunsthändler ohnehin vorbei. Seine einzige Chance bestand darin, mit einer neuen Identität unterzutauchen und irgendwo in der Ferne von vorn anzufangen.
»Ich brauche für die Flucht neue Papiere«, sagte er. »Können Sie mir in diesem Punkt behilflich sein?«
Cabrillo hatte ihn am Haken und wusste es – jetzt musste er nur noch die Schnur einholen.
»Kevin«, sagte er, »bist du mit dem Schiff verbunden?«
»Ja«, antwortete Nixon.
»Gut«, sagte Cabrillo. »Dann schieß doch bitte ein Foto von Mr. Spenser.«
»Aber gern«, erwiderte Nixon.
Die letzte Fähre aus Hongkong fuhr langsam auf den Kai zu, und der Kapitän brachte das Schiff behutsam längsseits. Am Bug stand ein Mann mit auf Hochglanz polierten Cole-Haan-Mokassins, einer leichten Bundfaltenhose und einem Hemd aus Baumwolle und Seide. Sein Haar war gewellt und auffallend lang, und in seinem Hemd steckte ein seidenes Halstuch. Wenn man wusste, wonach man Ausschau halten musste, konnte man die Anzeichen eines Faceliftings entdecken. Allerdings hätte man dazu schon ziemlich nah herangehen müssen, denn die teure Operation war sehr gewissenhaft durchgeführt worden. Abgesehen von der Tatsache, dass der Flug von Indonesien nach Hongkong sowie der lange Tag, der hinter ihm lag, den Mann erschöpft hatten, gab es an ihm nichts Außergewöhnliches zu bemerken.
Der Mann war fünfundvierzig, sah aber zehn Jahre jünger aus.
Er beobachtete, wie die Matrosen die Leinen festmachten. Die Männer waren jung und athletisch, und das gefiel ihm. Er mochte ihr exotisches Äußeres und fand Vergnügen an der Leidenschaft junger Männer. In dem Land, in dem er lebte, suchte er sich meistens Begleiter südländischer Abstammung; es gab dort ziemlich viele von ihnen, und glücklicherweise fühlten auch sie sich anscheinend zu ihm hingezogen. Am liebsten wäre er jetzt zu Hause gewesen und durch die hügeligen Straßen seiner Stadt gestreift, um sich Gesellschaft für die Nacht zu suchen. Aber das ging nicht. Er befand sich viele tausend Meilen von zu Hause entfernt und hatte einen Auftrag zu erledigen. Im Vorbeigehen lächelte er einem der Matrosen zu, aber der Mann reagierte nicht darauf. Die Rampe am Bug der Fähre senkte sich langsam.
Zusammen mit den wenigen anderen Passagieren, die zu dieser späten Stunde noch unterwegs waren, stieg er die leichte Schräge hinauf und ging durch den für Besucher ausgeschilderten Eingang. Er reichte seinen Pass über den Tresen und wartete, bis die Einreiseformalitäten erledigt waren.
Zehn Minuten später verließ er das Gebäude und winkte sich ein Taxi heran. Dann klappte er sein Satellitentelefon auf und überprüfte die eingegangenen Nachrichten.
Auf der
Oregon
machte Max Hanley ein kurzes Nickerchen.
Seine Füße lagen auf einem der Tische im Kontrollraum, und sein Kopf war ihm auf die Schulter gesunken. Einer der Mitarbeiter berührte ihn am Arm, und er schreckte hoch.
»Max«, sagte der Mann, »ich glaube, wir haben ein Problem.«
Hanley rieb sich das Gesicht, stand auf, ging zu der Kaffeekanne und goss sich eine weitere Tasse ein. »Was gibt’s denn?«, fragte er.
»Eine der markierten Personen ist soeben nach Macau eingereist.«
Die Corporation unterhielt in ihren Computern eine umfangreiche Datenbank, die im Laufe der Jahre mit den Namen zahlreicher Leute gefüllt worden war. Sobald eine dieser Personen in einem der vielen Systeme auftauchte, die von der Corporation angezapft wurden, fand eine automatische Abgleichung und Analyse statt. Hanley trank einen Schluck
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