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Der goldene Esel

Titel: Der goldene Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucius Apuleius
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Steine, woran es überhaupt in der felsigen Gegend nicht fehlte. Noch andere führten spitze Zaunpfähle, die meisten aber suchten durch brennende Fackeln dem Feinde Schrecken einzujagen. Es fehlte an weiter nichts als an der Trompete, so war das Kriegsheer fertig.
    Jedoch unsere Furcht war vergeblich. Es traf uns aber ein anderer Unfall.
    Die Wölfe, entweder vom Gelärme der gedrängt einhermarschierenden Schar oder vom hellen Glanze der Fackeln verscheucht, oder auch anderwärts streifend, fielen uns nicht allein nicht an, sondern ließen sich auch nicht einmal in der Ferne blicken. Allein die Bauern in einem Dorfe, vor dem wir nahe vorbeizogen, hielten uns, unserer Menge wegen, für Räuber, gerieten deshalb in große Bestürzung und hetzten uns ihre ungeheuren, grimmigen Hunde, ärger noch als Wölfe und Bären, die sie zur Sicherheit hatten, mit lautem, heftigem Geschrei auf den Hals. Die Bestien, von Natur böse und durch die Stimmen ihrer Herren noch mehr angereizt, stürzten wütend auf uns ein. Den Augenblick hatten sie uns umzingelt und nun Menschen und Vieh ohne Unterschied gepackt, zerbissen, zu Boden geworfen. Wahrlich, ein tragischer Anblick, wie die Rotte Hunde wild unter uns wütete, hier Fliehende faßte, dort Stillstehende an der Kehle hielt oder niederzog, anderwärts Gefallene an der Erde kneterte und rechts und links, was ihr nur vorkam, mit unbarmherzigen Zähnen zerfleischte. Doch das war noch nicht alles! Es kam besser. Von den Häusern und von den nächsten Hügeln herab ließen die Bauern unablässig Steine auf uns hageln. Wir wußten nicht mehr, ob wir uns vor den Hundebissen oder Steinwürfen schützen sollten.
    Endlich wurde die Frau Gestütmeisterin, die ich zu tragen die Ehre hatte, an ihr wertes Haupt getroffen. Sie fing Zetermordio zu schreien an, so daß der Herr Gemahl gleich zur Hilfe herbeieilte. Das Blut strömte ihr übers Gesicht; er wischte es flugs ab, war bemüht, es zu stillen, und rief dabei aus vollem Halse den Bauern zu:
    »Aber um Gottes willen! Was fallt Ihr uns arme Leute, uns harmlose Wanderer denn so feindselig an und richtet uns zugrunde? Wir sind ja keine Räuber, die Euch Gut und Blut zu nehmen kommen, getan haben wir Euch auch nichts, und Ihr bewohnt ja weder Höhlen der wilden Tiere, noch rauhe Felsen wie Barbaren, daß Ihr Euch am Blutvergießen ergötzen könntet!«
    Kaum hatte er das gesagt, so hörte der Steinregen auf und wurden die angehetzten Bullenbeißer zurückgerufen und angenommen. Einer von den Bauern rief aus dem Wipfel einer hohen Zypresse hinunter: »Ei, berauben wollen wir Euch nicht, wir fürchteten es aber von Euch: darum empfingen wir Euch also. So gehet immer ruhig und in Frieden weiter!«
    Äußerst übel zugerichtet zogen wir unsere Straße. Der zeigte eine große Beule von einem Steinwurfe, der eine klaffende Wunde von einem Hundebiß vor. Ein jeder hatte seinen Teil.
    Als wir ein gut Stück Wegs weiter vorgerückt waren, kamen wir zu einem Walde mit hohen Bäumen und luftigen, offenen, grünen Plätzen. Da gefiel es unseren Treibern, stillzuhalten, um auszuruhen und sich gehörig zu verbinden.
    Sie lagerten sich hin und wieder aufs Gras, und nachdem sie sich erst ein wenig erholt hatten, sorgte jeglicher für seine Verletzung. Dieser wusch sich im vorüberfließenden Bache das Blut ab, jener legte nasse Schwämme auf eine Geschwulst. Ein anderer band wieder eine weit voneinanderstehende Wunde mit Leinwand zu. Solchergestalt waren alle beschäftigt, sich Linderung und Hilfe zu verschaffen.
    Mittlerweile sah ihnen ein alter Kerl oben von einem Hügel herunter zu. Ziegen, die um ihn her weideten, kündigten ihn für einen Hirten an.
    Einer von den unsern fragte denselben, ob er keine Milch oder frischen Käse zu verkaufen hätte. Er schüttelte etlich Male mit dem Kopfe und rief darauf: »Wie? Hier denkt Ihr an Essen und Trinken oder an anderlei Erquickung? Ihr müßt nicht wissen, wo Ihr seid!« Mit den Worten trieb er seine Herde zusammen, schwenkte sich und zog hinweg.
    Des Hirten Rede und Flucht jagte unseren Leuten keine kleine Furcht ein. Indem sie aber erschrocken nachforschten, was dies wohl für ein Ort sein möchte, doch niemand finden konnten, der ihnen Auskunft gegeben hätte, so stand mit einmal ein anderer alter Mann neben ihnen am Wege; groß, viele Jahre auf dem Nacken, krumm auf den Stab gebeugt, matt die Beine nachschleppend und übermäßig weinend.
    Sobald er sie sah, umfaßte er unter dem heftigsten Tränensturze

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