Der goldene Greif
Doch das kluge Tier schien genau zu verstehen, daß es z u rückbleiben mußte. Es würde Argins wachsamem Auge nicht entgehen, wenn Raigo zurückkam.
Zwei Tage später stießen die Männer auf ein Lager von nomadisierenden Cygonen. Die Männer waren schlecht bewaffnet, und gierige Blicke fielen auf die Ausrüstung der Anköm m linge. Doch die Cygonen schien zu merken, daß mit diesen sechs Männern nicht gut Ki r schen essen war, und so verhielten sie sich friedlich. Als Ra i go ihnen dann klarmachte, sie seien gekommen, um Schwerter zu verkaufen, wurden sie sogar ins Lager eingeladen. Werigan wickelte eine der vorzüglichen Klingen aus und bot sie den Cygonen zum Kauf an. Doch dieser Stamm war ein armseliger Haufen. Im Jahr davor hatte ein anderer Stamm ihnen einen Großteil ihrer Herden gestohlen. Viele der Männer waren bei dem Kampf um die Tiere ums Leben g e kommen. So waren sie arm und nicht in der Lage, die begehrten Waffen kaufen zu können.
Der Anführer erbot sich jedoch, die Fremden gegen ein Entgelt zur Hauptstadt führen zu la s sen, wo ihre Waren bestimmt willkommen wären. Darüber war Raigo so erfreut, daß er dem Mann eines der Schwerter als Lohn anbot, wenn es ihm gelä n ge, mit seinen Waren im Palast Zugang zu finden. Das wiederum stieß bei dem N o maden auf solche Begeisterung, daß er selbst die Gefährten führen wollte. Er schlug vor, sie sollten über Nacht bleiben. Am nächsten Morgen würde man sich dann früh auf den Weg in die Hauptstadt machen. Raigo gefiel es gar nicht, eine Nacht im L a ger verbringen zu sollen, denn er traute den Cygonen nicht über den Weg. Doch da sich der Mann durch nichts zu einer früheren Abreise bewegen ließ, willi g te Raigo schließlich ein. Ein zu heftiges Sträuben hätte den Cygonen nur erzürnt und ihn wohlmöglich von der Führung abstehen lassen.
So bereiteten sich die Gefährten in dem ihnen überlassenen Zelt ihr Nachtlager. Ihr Gepäck hatten sie vorsorglich mit hinein genommen. Außerdem wechselten sie sich als Wache bei den Pferden ab, ohne daß die Cygonen es bemerkten.
Wie gut diese Vorsorge gewesen war, stellte sich heraus, als sie plötzlich von Ahaths Wi e hern und Namurs zorniger Stimme aus dem Schlaf gerissen wurden. Zwei der Cygonen ha t ten versucht, das Pferd zu stehlen.
Am nächsten Morgen stellte Raigo daher den Anführer deswegen zur Rede.
„Was wollt ihr?“ grinste der Mann verschlagen. „Es ist uns doch nicht gelungen, o der? Also habt ihr doch keinen Verlust und braucht euch nicht aufzuregen.“ Dann sah er Raigo schräg von der Seite an. „Es würde mich aber interessieren, auf welche Weise jemand wie du an solch ein Pferd gekommen ist. Ist es dir zugelaufen?“
Raigo mußte lachen. „Ja, so könnte man es nennen“, sagte er und zwinkerte dem Mann zu. „Sein vorheriger Besitzer hat das Tier wohl nicht gut behandelt, und so ist es lieber zu mir gekommen.“ Dann aber wurde sein Gesicht hart. „Aber ich behandele das Pferd gut“, knur r te er, „und ich würde niemandem raten, das zu bezwe i feln. Ich bin der letzte Besitzer, den dieses Roß haben wird, denn der nächste würde sich seiner nicht lange erfreuen. Ich hand e le nicht nur mit Waffen, ich verstehe sie auch zu gebrauchen!“ Bedeutsam legte er se i ne Hand auf den Schwertgriff.
Abwehrend hob der Cygone die Hand. „Keine Sorge!“ stammelte er. „Wir glauben ja, daß das Pferd lieber bei dir bleiben möchte. - Doch jetzt sollten wir uns aufmachen, denn ich möchte am Abend wi e der bei meinem Stamm sein.“
12. Eja
Die Hauptstadt von Cygon - wenn man sie als Stadt bezeichnen wollte - war eine große Ansammlung von lieblos aus Lehmziegeln zusammengefügten Wohnquadern, die sich wah l los in weitem Kreis um ein mächtiges, dunkles Gebäude gruppierten, das auf einer kleinen A n höhe stand. Raigo vermutete, daß diese Anhöhe künstlich geschaffen war, da das weite Grasland von Cygon ansonsten tischeben war.
Weiterhin erschien seltsam, daß das gewaltige Bauwerk aus riesigen, fast schwarzen Stei n blöcken bestand. Woher mochten diese gekommen sein, und wer hatte sie hierherg e schafft? Als sie mit ihrem Führer nun vor dem Palast hielten, bemerkte Raigo, daß diese Quader f u genlos - ohne jede Art von Mörtel - aufeinandergesetzt waren. Wenn dieser Bau von Cyg o nen errichtet worden war, mußten sie diese Kunst schon lange verlernt haben, wie die and e ren Gebäude zeigten.
Vor dem wuchtigen Tor, über dessen Mitte
Weitere Kostenlose Bücher