Der goldene Kuß
Zeilen ist noch zu sprechen.« Dr. Rathberg klopfte mit der Faust auf die Zeitung. »Für die Leser ist es klar: Sie und Frau Jarut hatten bei mir ein Schäferstündchen! Der Intendant als Kuppler! Mein Haus ein Liebesnest! Der Brand brachte es an den Tag. Oder noch viel schlimmer: wir zwei und Frau Jarut – ein Sodom, Herr Pelz, ein Sodom!« Rathberg sah Pelz aus zusammengezogenen Augen an. »Was gedenken Sie zu tun?«
»Ich gehe vorerst in Urlaub …«
»Nichts werden Sie!« Rathberg hieb wieder auf den Tisch. »Kneifen, das habe ich gern!«
»Ich wollte Sie entlasten, Herr Intendant.«
»So drückt man Feigheit vornehmer aus. Nein. Wir gehen vor. Wir starten die Offensive! Wir schlagen zurück! Das heißt … Sie tun es!«
»Soll ich den Reporter-Feuerwehrmann ohrfeigen?«
»Herr Pelz, ich kenne Ihre Art, solche Dinge wie ein Jongleur zu betrachten, deshalb ertrage ich Ihre Reden. Aber jetzt fordere ich von Ihnen harte Konsequenzen. Es hat keinen Sinn, zu dementieren, zu erklären, warum wir in der Hütte waren … je mehr man erklärt, um so verdächtiger macht man sich. Dementis sind halbe Wahrheiten, wir alle kennen das doch. Auch wenn in unserem Falle wirklich alles harmlos war – wer glaubt uns das! Das Verruchte legt sich auf der Seele ab wie fest haftender Schmutz. Sie müssen jetzt das tun, was man von Ihnen erwartet.«
Theo Pelz wurde es warm unter der Kopfhaut. Was meint er damit, dachte er. Welche Pläne gehen dem Alten im Hirn herum?
»Die Illustrierten werden in der nächsten Ausgabe den Zypern-Bericht über die Jarut bringen. Direkt danach werden wir an die Nachrichtenbüros die Meldung herausgeben, daß zu Weihnachten Programmdirektor Pelz den Fernsehstar Karin Jarut heiratet.«
»Herr Intendant!« Theo Pelz atmete tief auf. »Lassen Sie mich für den Sender alles tun, ich will als der kleinste Botenjunge arbeiten … nur dies nicht!«
»Und warum glänzen Ihre Augen dabei, Pelz?« Dr. Rathberg lächelte gequält. »Immer so dramatisch … Sie lieben sie doch.«
»Ja.«
»Und … und fremd sind Sie sich ja auch nicht.«
»Nein, seit Jahren sind wir befreundet.«
»Legalisieren Sie es, und die Welt und das Fernsehen hat Ruhe! Im nächsten Jahr wird dann Ihre Gattin auch wieder bei uns spielen können.«
Theo Pelz setzte sich, unaufgefordert. Er nahm sich sogar eine Zigarette aus dem Kasten und sah tief atmend auf die glühende Spitze.
»Ich wollte das schon immer«, sagte er langsam. »Aber sie wollte nie. Vor ein paar Tagen sprachen wir noch darüber.«
»Das wird jetzt anders sein.« Rathberg zerknüllte die Zeitung und warf sie in den Papierkorb. Es war eine symbolische Geste. »Um wieder spielen zu können, heiratet sie sogar Sie.«
»Danke!« Theo Pelz zerdrückte seine Zigarette. »Dieses Mal steht es eins zu null für Sie … Ich werde mit Karin sprechen.«
*
Auch im Schwarzwald wurde man von dem Brand unterrichtet. Liebe Kollegen schickten Heimann und Brest die Zeitung. Vera bekam sie per Streifband ohne Absender. Beim Mittagessen, als die Post verteilt wurde, war es ein paar Minuten still an dem runden Tisch am dritten Fenster.
»Das ist ja ein dicker Hund!« sagte Heimann als erster. Er sah zu Tommy Brest, der ihm mit den Augen Zeichen machte. Aber wer bremste schon einen Carlos Heimann? »Der Alte zusammen mit Pelz und der Jarut im Jagdhaus. Wie sie das wieder fertiggekriegt hat? Und es brennt auch noch ab. Karin ist ein Teufelsgenie! Ihr wißt, was das bedeutet?«
»Nichts bedeutet es!« sagte Tommy Brest laut. »Ich höre nur dein dämliches Gemecker!«
»Wenn der Alte mit der Jarut nach all dem Krach im Schnee sitzt … da legen ja sogar die Hähne Eier.«
»Komm, Vera!« Brest zog Vera an der Hand empor. »Fahren wir zum Essen nach Hallbach. Ich kann diese Reden nicht mehr ausstehen.«
»Es ist lieb von dir, daß du ablenken willst, Tommy.« Vera Hartung faltete die Zeitung zusammen. »Ich weiß, was das bedeutet. Carlos hat recht. Mir fehlt diese Routine der Jarut – das ist es.« Es klang bitter. Tommy Brest hatte plötzlich großes Mitleid mit ihr.
»Der ›Goldene Kuß‹ wird jedenfalls mit dir gedreht, das ist sicher! Die ›Kain‹-Serie ist im Kasten … die heilige Johanna ist dir versprochen … und wenn du das alles hinter dir hast, wird man sehen, wer hier der Könner und wer der Blender ist. Du spielst nicht für Rathberg oder Pelz, sondern für die vierzig Millionen, Vera. Und diese vierzig Millionen werden dich auf Händen tragen.« Tommy
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