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Der goldene Ring

Der goldene Ring

Titel: Der goldene Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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»Kein Trinkgeld?« wunderte sich Bryan. Er sah sich an den anderen Tischen um. Keine einzige Person ohne Ring saß auf der Terrasse. Die Bloßhalsigen mußten sich mit einer Selbstbedienungstheke im Innenraum zufriedengeben, wo menschliche Angestellte ihre mündlichen Befehle entgegennahmen.
    »Gute Nachrichten«, sagte Ogmol. »Gomnol ist frei und wäre entzückt, uns persönlich durch seine Laboratorien zu führen! ... Wie ich sehe, haben Sie bezahlt. Lassen Sie mich nur noch ...«
    Das Rama gab einen Freudenquietscher von sich und stülpte Ogmol seine Lippen entgegen. »Ein mentales Trinkgeld, Bryan.«
    »Das hätte ich mir denken können.«
    Sie fuhren mit einem Wagen, der von einem Helladotherium gezogen wurde, zu dem großen Komplex am Nordrand der Stadt, der die Koerzierer-Gilde beherbergte. Unterwegs kamen sie auf den breiten Boulevards an vielen sauberen Häusern vorbei, die unten kleine Läden und oben Wohnungen hatten. Hier war nichts von der seltsamen »Munchkin-Tudor«-Architektur zu sehen, die die Randsiedlungen in Muriah zeigten. Die Gebäude hatten eine klassische Eleganz von fast dorischer Linienführung. Die weißen und pastellfarbenen Massen wurden aufgelockert durch üppigen Pflanzenwuchs, gepflegt von den allgegenwärtigen Ramapithecinen. Die menschlichen Einwohner von Muriah - Kunsthandwerker, Ladenbesitzer, Soldaten und Angestellte der Dienstleistungsgewerbe und der Verwaltung - waren alle gut genährt und wirkten wohlhabend. Die einzigen Personen, die man als schäbig bezeichnen konnte, waren die Straßenhändler auf dem Markt, die Karawanentreiber und die frisch aus dem Hinterland eingetroffenen Reisenden. Doch selbst diese schienen nur vorübergehend schmutzig zu sein. Bryan entdeckte kein Anzeichen von Krankheit, Ausbeutung oder schlechter Behandlung unter dem ringlosen Element. An der Oberfläche sah Muriah wie eine idyllische Kleinstadt aus. Ogmol erzählte ihm, die gesamte ständige Einwohnerzahl schließe etwa viertausend Tanu, ein paar hundert goldberingte Menschen, weniger als tausend Silberne, rund fünftausend Graue und sechs- oder siebentausend ringlose Menschen ein. Die Zahl der Ramas war mindestens dreimal höher als die der Tanu und Menschen insgesamt.
    »Als Tanu klassifizieren wir jede Person, die wie ein Tanu aussieht «, erklärte der muskulöse Gelehrte. »Offiziell wird kein Unterschied zwischen Rein- und Mischblütigen gemacht. Und ein Mensch mit Goldring steht natürlich gesellschaftlich mit einem Tanu auf gleicher Stufe. Jedenfalls theoretisch.«
    Bryan unterdrückte ein Lächeln. »Noch ein Grund für Sie, mir ein Halsband aufzudrängen? Ihre Verbindung mit einem Bloßhalsigen muß ein wenig déclassé sein. Mir ist aufgefallen, daß die Markthändler mich argwöhnisch musterten.«
    Ziemlich steif erwiderte Ogmol: »Jeder, auf den es ankommt, weiß, wer Sie sind. Die übrigen spielen keine Rolle.« Eine Weile fuhren sie schweigend dahin. Bryan dachte darüber nach, daß der König noch ein anderes Motiv für den Auftrag zu einer anthropologischen Studie haben mochte. Er war froh, daß Ogmol seine Gedanken nicht lesen konnte.
    Sie kamen an eine hübsche Gruppe von Gebäuden, die nah am Rand des steilen Abfalls zum katalanischen Golf stand. Der weiße Marmor des Koerzierer-Hauptquartiers trug in Blau und Gelb eingelegte Ornamente. Der Vorhof hatte ein Mosaik-Pflaster mit abstraktem Muster. Die Dachziegel leuchteten azurblau; Regenrinnen und andere Metallteile glitzerten wie Gold. Abteilungen gut bewaffneter Grauring-Wachen in Halbrüstungen aus blauem Glas und Bronze standen stoisch im Bogeneingang und vor allen Türen. Wenn der Wagen vorbeifuhr und Ogmol einen unhörbaren telepathischen Gruß aussandte, stampften die Männer als Salut mit ihren Vitredur-Hellebarden auf. Ein Soldat wurde zu dem Wagen abkommandiert, als Bryan und Ogmol ausstiegen. Er achtete darauf, daß der menschliche Kutscher sich auf dem Gelände der Gilde nicht unnötig verweilte.
    »Die Koerzierer scheinen recht sicherheitsbewußt zu sein«, bemerkte Bryan.
    »Die Ringfabrik ist hier. In gewissem Sinn ist dies Gebäude die Grundlage unseres Hochkönigreichs.«
    Sie traten in kühle Korridore ein, wo weitere Wachen wie lebende Statuen standen - vermutlich sorgten ihre grauen Ringe dafür, daß keine Langeweile aufkam. Irgendwo läutete eine tiefe Glocke dreimal. Bryan und Ogmol stiegen eine Treppe hinauf und kamen vor eine zweiflügelige hohe Bronzetür. Vier dort postierte Wachen hoben einen

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