Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der goldene Ring

Der goldene Ring

Titel: Der goldene Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
Vom Netzwerk:
schweren Schmuckriegel, damit die beiden Forscher in das Vorzimmer des Präsidentenbüros eintreten konnten. Dort saß hinter einer mit Konstruktionen aus glühendem Kristall ausgerüsteten Konsole eine Tanu-Frau von einzigartiger Schönheit. Bryan hatte das Gefühl, eine eisige Nadel pieke ihn hinter den Augen.
    »Tana sei uns gnädig, Meva«, sagte Ogmol gereizt. »Würde ich eine feindlich gesonnene Person mitbringen? Doktor Grenfell ist von Lord Dionket selbst Überprüft worden!«
    Tatsächlich? fragte Bryan sich.
    »Ich tue nur meine Pflicht, kreativer Bruder«, erklärte die Frau. Sie wies auf die Tür zum inneren Heiligtum, die offensichtlich durch Psychokinese geöffnet wurde, und kehrte an die esoterische Arbeit zurück, die durch die Ankunft der beiden Männer unterbrochen worden war.
    »Kommt herein! Kommt herein!« rief eine tiefe Stimme.
    Sie traten vor Gomnol, Lord-Koerzierer, der seine ureigene Welt bewohnte. Der Raum war kalt trotz des tropischen Klimas von Muriah. Ein paar Kohlen glosten auf dem Gitter einer mit Kaminaufsatz versehenen hochherrschaftlichen Feuerstelle. Das Ölgemälde darüber mußte ein Georgia O'Keeffe sein. Ein Chihuahua-Hund beäugte die Besucher schwermütig von seinem Kissen vor dem Feuer. Die Wände waren mit dunklem Holz getäfelt, unterbrochen von Regalen voller ledergebundener Papierbücher, kristallinen Tanu-Audiovisuals und Buchplatten des 22. Jahrhunderts. Auf einem Gestell stand eine Kopie (es mußte doch eine Kopie sein!) von Rodins düsterer Versuchung des Heiligen Antonius. Sessel und Sofas aus gestepptem weinroten Leder standen vor einer riesigen Reproduktion eines Rokoko-Schreibtischs, auf dessen Platte eine Öllampe mit grünem Schirm, ein Schreibzeug aus angelaufenem Silber mit Tintenfaß und Schreibfeder, ein Zigarrenbehälter aus Kirschholz und ein von Zigarrenstummeln Überfließender Onyx-Aschenbecher zu sehen waren. Auf einer Walnuß-Kredenz im gleichen ornamentalen Stil wie der Schreibtisch, flankiert von Kübeln mit Farnkräutern, prangten ein Dutzend Kristall-Karaffen, ein Tablett mit Waterford-Gläsern, ein Soda-Siphon und eine kleine Dose mit Cadbury-Keksen. (Welcher Zeitreisende mochte letzteren Schatz auf die unwiderstehliche Forderung des Lord-Koerzierers hin angeliefert haben?)
    Inmitten einer Wolke duftenden Rauchs saß Eusebio Gomez-Nolan selbst. Er trug eine Steppjacke aus Goldbrokat mit Aufschlägen und Manschetten aus mitternachtsblauem Satin. Er mochte nicht der »häßliche kleine Affe« sein, als den ihn König Thagdal bezeichnet hatte, aber er war nach den Begriffen der Alten Welt nur von mittlerer Statur mit einer Nase, die schon keine Adlernase mehr war, sondern sich der Knollenform näherte. Doch seine Augen waren von einem schönen, leuchtenden Blau, umrahmt von dunklen Wimpern, und als er seine Besucher anlächelte, zeigte er kleine perfekte Zähne.
    »Setzen Sie sich, Kollegen!« sagte er im Konversationston und winkte mit seiner Zigarre.
    Bryan fragte sich, wie, zum Teufel, es diesem gewöhnlich aussehenden kleinen Burschen gelungen sein mochte, sich als Präsident der Koerzierer-Gilde zu installieren.
    Und Gomnol hörte es.
    Vor langen Jahren war Bryan einmal mit seiner kleinen Yacht in einen Hurrikan gesegelt, der sich von den Wettermachern losgerissen hatte und bis nahe an die Britischen Inseln herangewandert war. Nach Stunden des Kampfes gönnte sich Bryan eine kleine Pause - nur um zu sehen, wie sich vor seinem Boot eine berghohe schaumgekrönte grüne Welle erhob, die mindestens dreißig Meter Über ihm zu hängen schien. Mit voller Absicht bog sich die Wassermasse auf seine Yacht nieder und drückte sie mit der Gefühllosigkeit eines Ungeheuers nach unten, bis er das Ende vor sich sah. Und so war es jetzt mit Gomnols psychischer Kraft, die sich auf sein eigenes schreckgelähmtes Bewußtsein stürzte und ihn mit Leichtigkeit auf die endgültige Dunkelheit zupreßte.
    Die große Sturmwelle hatte unerklärlicherweise seine beschädigte, aber immer noch seetüchtige Yacht freigegeben. Mit einem ähnlich gearteten NasenstÜber löste Gomnol den Griff um Bryans Verstand.
    »So ist es mir gelungen«, sagte der Präsident der Koerzierer-Gilde. »Und jetzt - wie kann ich Ihnen bei Ihrer Untersuchung behilflich sein?«
    Bryan hörte Ogmol die Aufgabe erklären, die der Hochkönig ihnen gestellt hatte, sowie die Techniken, die sie anzuwenden hofften, um Daten für die Analyse des kulturellen Zusammenstoßes zu sammeln. Lord Gomnol

Weitere Kostenlose Bücher