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Der goldene Ring

Der goldene Ring

Titel: Der goldene Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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Muster! Ich sage dir, ich sehe es! Wenn es nicht deine Gene sind, die uns beeinflussen sollen, dann muß es einen anderen Faktor geben. O Schwester im Geist, hilf mir, meine schwankende Vision festzuhalten!«
    »Vorherwissen ist keine Metafunktion, die in meiner Zeit richtig verstanden wurde. Es war ein wildes Talent. Unberechenbar. Die Vorausschau war gefährlich genug ... aber jeder Versuch, zukünftige Ereignisse manipulieren zu wollen, erwies sich als nutzlos. Ob ich frei werde oder nicht, deine Vision muß Wirklichkeit werden. Also laß mich gehen!«
    Brede schien nicht gehört zu haben. Sie saßen zusammen in dem grenzenlosen Raum ohne Türen, dessen Atmosphäre den besonderen Bedürfnissen Bredes entsprechend angereichert war. Und doch hatte ihr Körper sich verkrampft, sie atmete flach und röchelnd, ihr Gesicht zuckte, und ihr teilweise offener Geist zeigte einen Wirbel von Gesichtem - menschliche und Tanu- und Firvulag- und Heuler-Gesichter. Alle kreisten und pulsierten um Elizabeths Bild, und das erzeugte entstehende und wieder vergehende faserige Wahrscheinlichkeitslinien, beinahe wie Lissajous'sche Schwingungsfiguren. Es war ein Gewebe der Inkohärenz - ungeordnet, unvereinigt.
    »Die Psychovereinigung!« rief Brede. »Nicht die Gene - die mentale Einheit!« der Geist der Schiffsgattin leuchtete in so süßer Hoffnung auf, daß es sogar Elizabeth schwerfiel, ihr die Empathie weiter zu verweigern.
    »Was ... was sagst du da, Brede?«
    »Das ist deine Rolle! Es kommt nicht darauf an, wann mein Volk die Vereinigung mit dem hiesigen Geist erreicht. Es wird geschehen. Und wenn es geschieht, muß ich fähig sein, es in die geordneten Ebenen der metapsychischen Vereinigung zu führen, die die Grundlage der regierenden Mächte deines Galaktischen Milieus waren, die Versöhnung divergierender intellektueller Energien zu einem operanten organischen Ganzen. Du bist dazu bestimmt, mich zu lehren, wie dies erreicht werden kann! Das ist deine Rolle unter uns. Du hast kleine Kinder deiner eigenen Zeit in die Einheit geführt. Das war der Brennpunkt deines Lebenswerks, wie du mir erzählt hast. In deinem Milieu ließ man unreife metafunktionale Geister nicht umhertappen und sich ihren Weg selbst suchen. Sie wurden unterrichtet, geführt, erleuchtet. Zeig mir, wie das gemacht wird. Damit ich bereit bin. Und dann, wenn du es immer noch wünschst, werde ich dir helfen - uns zu verlassen.«
    »Du weißt nicht, was du von mir verlangst, Brede.«
    »Aber das muß die Lösung sein! Eine so elegante, so logische Fortsetzung der Arbeit, die ich bereits für meine Lieben verrichtet habe. Betrachte sie, wie sie jetzt sind, in ihrer Uneinheit! Meine armen Firvulag, operant, aber schwach und hilflos, die psychischen Energien in törichte Nebenpfade abfließend. Ihre Verwandten, die Heuler, verrottend in finsterer Verzweiflung. Und werden die Tanu sich vielleicht ändern, wenn sie wiederum echte Operanz erlangen und von ihren goldenen Ringen befreit werden? Deine operante menschliche Rasse auf der zukünftigen Erde hätte sehr wohl untergehen können, wäre ihr in ihrer Notlage nicht von anderen Wesenheiten, die weiser waren, geholfen worden. Hilf mir, meinem Volk zu helfen! Und dann, wenn es bereit ist, werde auch ich bereit sein.«
    »Du siehst diesen Ausgang voraus?« fragte Elizabeth zweifelnd.
    Brede zögerte. Wieder die schmerzvollen, keuchenden Atemzüge. »Ich bin - immer die Leiterin und Lehrerin meines Volkes gewesen. Auch in Zeiten, wo es nichts davon wußte. Woher soll die Einheit kommen, wenn nicht von mir? Und wo kann ich lernen, wenn nicht von dir?«
    »Die Schwierigkeiten wären ungeheuerlich. Dein Gehirn ist nicht nur das einer fremden Rasse und mir daher unvertraut, du bist auch eine reife psychische Wesenheit, Tausende von Jahren auf den goldenen Ring konditioniert. Ich habe ausschließlich mit Menschen gearbeitet. Fast alle waren sie sehr kleine Kinder. Sie waren noch biegsam und brauchten zur Aufnahme des Unterrichtsstoffes nur ein Minimum eines schmerzhaften Katalysators. Ich kann den Prozeß nur mit der ersten Bekanntschaft eines Kindes mit der Sprache vergleichen. Ein Baby erlernt sie beinahe mühelos, doch wenn ein Erwachsener versucht, neue Sprachen ohne Benutzung ausgeklügelter Hilfsmittel zu erlernen, quält er sich und leidet. Es ist sehr viel schwieriger, latente Metafunktionen zu voll ausgebildeter Operanz zu bringen. Zuerst mußt du operant werden - und dann den viel größeren Sprung zum Status des

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