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Der goldene Ring

Der goldene Ring

Titel: Der goldene Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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Ausgebildeten vollführen, bevor du die Lehrtechniken der Meisterklasse absorbieren kannst. Es würde grauenhafte Leiden mit sich bringen.«
    »Ich werde ertragen, was immer notwendig ist.«
    »Selbst wenn du die Ausbildung mit intaktem Verstand Überlebst, gibt es keine Garantie dafür, daß du die volle Operanz erlangst - ganz zu schweigen von dem Niveau des Adepten. Versagt deine Kraft an irgendeinem Punkt, würdest du bestimmt sterben. Und was sollte dann aus deinem Volk werden?«
    »Ich werde nicht sterben«, sagte Brede.
    »Es gibt noch weitere ... technische Schwierigkeiten. Ich kann mir keine algetische Quelle von ausreichender Intensität vorstellen, die uns hier in deinem Raum ohne Türen zugänglich wäre.«
    »Schmerz? Ist das der einzige Weg, auf dem psychischer Fortschritt erzielt werden kann?«
    »der einzige sichere Weg. Es gibt andere. In meiner eigenen Welt haben latente Menschen Operanz erlangt, wenn bestimmte Psychobarrieren durch Erhebung des Willens zur kosmischen Einheit Überwunden wurden. Aber diese anderen Wege sind ungewiß - und ich bin sowieso nur in der einen Technik qualifiziert. Die primitiven Bewohner der zukünftigen Erde waren sich vollkommen klar darüber, daß Schmerz, standhaft ertragen und mit Würde akzeptiert, als psychisches Veredelungsmittel dient, das den sensitivierten Geist für anderweits unzugängliche Weisheit eröffnet - und für das individuelle Spektrum der Metafunktionen.«
    Ein ganzer Zug von Adepten aus der Prä-Milieu-Zeit zog vor Bredes geistigem Auge vorüber. Elizabeth zeigte ihr Mönche und Nonnen und Propheten und Yoghis, Schamanen und Krieger und geweihte Anführer, eingeborene Heiler und Seher aus allen wilden Gegenden der Erde vor der Intervention. Es waren Menschen, die selbstauferlegte Qualen in dem Glauben ertrugen, daß sie verwandelt und geläutert daraus hervorgehen würden.
    Elizabeth sagte: »Als wir Menschen eine fortgeschrittene Technologie erwarben, geriet der kreative Gebrauch des Leidens beinahe in Vergessenheit. Die meisten hochtechnisierten Zivilisationen bemühen sich eifrig um die Ausrottung des Schmerzes, des körperlichen wie des mentalen. Bis zur Zeit der Intervention hätten nur sehr wenige unserer Intellektuellen dem Schmerz irgendeinen Wert beigemessen - und das trotz der Lehren früherer Philosophen und der klaren Beweise, die man der Anthropologie und sogar der sich entwickelnden Psychologie entnehmen konnte.«
    »Meine Rasse war in dieser Beziehung wie deine«, erwiderte Brede. »Ich spreche von meinem ursprünglichen Heimatplaneten, verstehst du, nicht von diesen Tanu und Firvulag, die anders sind. Die besten unter der dimorphen Rasse feiern Lebensabschnitte immer noch mit Torturen. Der Wettstreit selbst hat darin seine Wurzeln.«
    »Aber pervertiert! Unreif! In den höher entwickelten menschlichen Kulturen der Prä-Milieu-Zeit hatten wir vergleichbare Verirrungen. Zum Beispiel wurde körperliches Leiden in der Form anerkannt, wie es Athleten ertrugen. Rituelle Spiele. Erkennst du die Parallele? Aber unsere menschliche Rasse schätzte keine Form der psychischen Pein. im normalen Erziehungsprozeß wurde sie als notwendiges Obel toleriert - doch ständig versuchte man, sie zu mildem oder ganz zu eliminieren. Unsere primitiven Erzieher kamen nie auf den Gedanken, daß das Leiden per se einen positiven Einfluß auf das mentale Wachstum haben könne. Ein paar religiöse Gruppen allerdings entdeckten, wie Schmerz als Werkzeug für eine mentale Entwicklung funktioniert. Meine eigene Kirche hatte ein ziemlich konfuses Konzept Über die Aufopferung von Schmerzen, das wenigstens die geeignete Disziplin zum Ertragen schuf. Aber die Gläubigen sahen Schmerzen nur vom spirituellen Gesichtspunkt. Wenn bestimmte Praktizierer tatsächlich levitierten oder Gedanken lasen oder sonstige metapsychische Funktionen offenbarten, war es allen übrigen sehr peinlich.«
    »Ja ... ja.« der große juwelenbesetzte Kopfputz nickte. Exotische Erinnerungen strömten durch Bredes mentales Vestibulum. »Wir von Lene hielten auch an dem Glauben fest, Leiden sei von Übel. Und wer das leugnete, war ein Sadomasochist und hoffnungslos anomal. Zum Beispiel - diese Exilierten! Mein liebes törichtes Volk. Ich habe bis jetzt niemals meine tiefsten Beweggründe ganz verstanden, warum ich es adopierte und ihm half, aus unserer Galaxis zu entfliehen. Erst jetzt wird mir klar, daß meine Prolepsis diesen winzigen Kern psychischer Gülte in den irrenden Gehirnen erkannte.

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