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Der goldene Schwarm - Roman

Der goldene Schwarm - Roman

Titel: Der goldene Schwarm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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ihr, und frag sie, das ist mein Rat. Sag ihr, ich hätte sie gebeten, noch einmal für den Hon Don Georgia Brown zu singen. Okay? Dann hör ich von dir? Fabelhaft. Fabelhaft …«
    Und dann hat sich Donald Beausabreur Lyon in einer Wolke aufgesetzter Bonhomie in Luft aufgelöst.
    Joe dreht sich um und stellt fest, dass Cecily Foalbury ihn vom Türeingang aus beobachtet. Aus der nicht öffentlichen Sammlung im Keller hat ihr Ehemann ein kleines, tragbares Grammophon geholt, das wegen des Geräusches, das es beim Aufziehen von sich gibt, »Ferkel« genannt wird. »Wir sind immer hier, Joe«, sagt sie sehr ernst. »Für dich würden wir uns an die Wand stellen lassen. Vergiss das nie. Dafür ist Harticles da, und das ist unser Leitspruch: Kein Handwerksmann steht schutzlos da, und keinem fehlt ein Licht, und mag auch Böses auf ihn zieh’n, alleine bleibt er nicht . Fürchterlicher Mumpitz, aber ich stehe dazu. Und ich liebe dich wie einen eigenen Sohn, klar?« Sie drückt ihn kraftvoll an sich und wendet sich dann eilig ab.
    Niedergedrückt lässt sich Joe von Polly zurück zu ihrem Haus fahren. Mercer meldet sich, als sie noch einige Straßen entfernt sind, mit der strengen Anweisung, im Haus zu bleiben.
    »Ich komme zu euch«, sagt er zu Polly. »Es ist was passiert.«
    »Was denn?«
    »Stellt den Fernseher an, wenn ihr nach Hause kommt«, sagt Mercer, »und bleibt dann an Ort und Stelle, wo ihr eigentlich auch gerade jetzt sein solltet. Wo seid ihr gewesen?«
    Polly erzählt es ihm.
    »Nun«, sagt Mercer nach einem Augenblick, »das war wahnsinnig. Aber offenbar war es auch eine gute Idee. Ich finde die Kombination beunruhigend. Bitte versucht, keine weiteren guten Ideen zu haben, bis ich da bin und sie gegen die Möglichkeit abwägen kann, dass bei euch sämtliche Sicherungen durchgebrannt sind.«
    Polly Cradle sitzt dicht vor ihrem alten Fernseher und wartet. Sie hat ihre Beine in einer Position verschränkt, die Joe an eine Yogaübung erinnert. Rechts von ihr liegt ein Notizblock, und in der Hand hält sie einen Stift. Von den zwei modernen technischen Geräten, die sie besitzt, läuft das eine, ein digitaler TV-Rekorder, damit sie die Nachrichten zurückspulen kann. Das andere – ein klotziger Laptop, aus dem sich ein dickes Kabel zur Wand schlängelt – ruht auf einem Stapel schwerer ausländischer Wörterbücher, damit sie zugleich dem digitalen Raunen im Internet folgen kann.
    »Sprichst du all diese Sprachen?«, fragt Joe.
    »Nein«, sagt Polly. »Deswegen hab ich ja die Wörterbücher.
    Sieh dir das an!«, sagt sie unvermittelt und stellt den Ton lauter. Auf dem Bildschirm sieht man, aufgenommen von einem Hubschrauber, eine Fischereiflotte auf hoher See. Der Nachrichtensprecher setzt aufs Theatralische. Seine Stimme ist erfüllt von dem »Ruhe bewahren«-Ton, der eine ernste Krise suggeriert. Nach einem Schnitt wird das Deck von einem der Schiffe gezeigt.
    Es ist über und über mit goldenen Bienen bedeckt.
    Es ist kein Mensch an Bord.
    Als die Kamera schwenkt, sieht man, dass es bei den anderen Schiffen ebenso ist.
    Die Nachrichten zeigen jetzt ein Küstenwacheschiff, das sich einige Meilen entfernt befindet. Hier sieht man nun auch die Seeleute. Sie haben Rettungswesten und Decken umgelegt.
    »Wir mussten das Schiff aufgeben«, sagt einer von ihnen.
    »Warum? Warum mussten Sie das Schiff aufgeben?«, fragt der Reporter.
    »Zu viele«, sagt der Mann dunkel.
    »Zu viele was?«
    Der Mann antwortet nicht sofort. Er schaut auf und blickt dann zur Seite, erinnert sich. »Ich habe Dinge begriffen«, sagt er schließlich.
    »Was für Dinge?«
    »Einfach Dinge.«
    »Ich verstehe …«
    »Nein«, sagt der Mann. »Das tun Sie nicht. Sie glauben es bloß. Aber das stimmt nicht.«
    »Ich glaube nicht, dass die Leute verstehen werden, was Sie meinen.«
    »Nein, werden sie nicht. Nicht, bis es ihnen auch passiert.«
    »Glauben Sie, dass es dazu kommen wird?«
    »Oh ja, auf jeden Fall. Und wenn es so weit ist, werden sie wissen, was ich weiß.«
    »Und das wäre?«
    »Zu viel«, sagt er wieder. »Fragen, die ich mir im Stillen gestellt habe und auf die ich gar keine Antworten haben wollte. Aber ich bekam sie, konnte sie gar nicht nicht bekommen. Ich muss nach Hause gehen und mich bei meiner Frau entschuldigen. Ich habe sie angeschrien, bevor wir aufgebrochen sind. Und meine Kinder auch. Ich habe mich geirrt, und ich muss an mir arbeiten. Und mein Onkel, der ist ein Ungeheuer. Ich habe der Polizei gesagt: Er schlägt

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