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Der goldene Schwarm - Roman

Der goldene Schwarm - Roman

Titel: Der goldene Schwarm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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abgedämpft, aber doch recht deutlich zu verstehen.
    So macht man das.
    Der Sargmann heult, ein unglaublich lautes, abstoßendes Geräusch. Sie stellen ihn mit einem Taser ruhig, was ausgesprochen sinnlos ist, da er ja bereits bis zur Bewegungslosigkeit gefesselt wurde, und er beginnt zu würgen. Einen Augenblick später läuft er lila an und sackt in sich zusammen, woraufhin sie ein Notfallteam rufen. Während sie versuchen, ihn wiederzubeleben, lässt er ganz nebenbei seine Finger wie Klauen über die Augen einer Frau fahren. Sein Blick, hell funkelnd und wütend, findet Joe.
    Es ist eine Frage der Konzentration, wie Joe klar wird. Der Intensität. Es ist das, was auch Mathew gehabt haben muss, was er aber seinem Sohn niemals zu sehen gestattete, weil es nur Notfällen vorbehalten war, und in Mathews Welt – in der Version, die sein Sohn kennenlernen durfte – waren Notfälle verboten: Alles, was passierte, passierte zum Wohle des Hauses Spork. Aber wenn man mit dem Rücken zur Wand stand und ein anderer das Messer in der Hand hielt, blieb am Ende nur eine einfache Wahrheit übrig: Du bist nicht das Ungeheuer. Ich bin es.
    Über Konsequenzen kann man sich keine Gedanken machen. Jede Sekunde wird zu einem Endpunkt. So macht man das.
    Sie schlagen den Sargmann nieder, und währenddessen lacht er die ganze Zeit. Joe wird ganz plötzlich klar, was er gerade erlebt hat.
    Eine Lektion.
    Er starrt die wilden, wütenden Augen an und empfindet Kameradschaft. Dann schleifen die Pfleger den Sargmann davon.
    »Die Lage der Nation«, sagt Mr Ordinary hinter ihm bedauernd. »Ich sehe, Sie haben einen neuen Freund gefunden.«
    »Ein Verrückter. Ich weiß nicht, wie er heißt.«
    »Wirklich nicht?«
    »Wirklich nicht.«
    Mr Ordinary wägt das ab. »Hah«, sagt er. Und dann ist Joes Pause vorbei.
    »Ich wollte Ihnen das hier persönlich zeigen«, sagt Mr Ordinary, »da es hauptsächlich mein Werk ist. Ich musste hart arbeiten, um dies möglich zu machen. Niemand wird kommen, um Ihnen zu helfen.«
    Der Brief, geschrieben auf teurem Büttenpapier, ist sehr schlicht. Er ist an Joe adressiert, zu Händen Rodney Titwhistle.
    Lieber Mr Spork,
    wir bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen, dass wir in Anbetracht Ihrer Beteiligung an Aktivitäten gegen die Interessen Großbritanniens, insbesondere der terroristischen Ermordung verschiedener Personen und damit verbundener Verbrechen, nicht mehr in Ihrem Sinne handeln können. Die Vertretung durch Cradle Noblewhite wird Ihnen mit sofortiger Wirksamkeit entzogen, und wir weisen Sie freundlich darauf hin, dass die Begleichung unserer ausstehenden Rechnung innerhalb der üblichen 28 Tage zu leisten ist.
    Mit freundlichen Grüßen
    Mercer Cradle
    Es gibt ein PS in Mercers fürchterlicher Handschrift: Tut mir leid, Joe. Wie sich herausstellt, schlagen sie härter zu als wir.
    Der Brief ist von sämtlichen Partnern gegengezeichnet.
    Mr Ordinary lächelt. »Es gibt auch einen von Ihrer Mutter.«
    Er scheint das für einen Sieg auf seiner Seite zu halten, was auf erfreuliche Weise zeigt, wie wenig er über Harriet weiß.
    Sie lassen die Tür zu Joes Zelle offen. Er macht nachdenklich einen Schritt auf sie zu. Ein Lichtstrahl lockt ihn an, und er meint schon, im Inneren Mercers warnende Stimme zu hören: Das ist bloß eine Kriegslist . Aber er ist tatsächlich frei.
    Als sein Fuß außerhalb der Zelle den Boden berührt, ist es, als trete er auf Nägel, nur dass er den Schmerz in seinem ganzen Körper fühlt. Er springt zurück in die Zelle, und die Tür knallt zu.
    Sie öffnet sich wieder, aber diesmal macht er sich gar nicht erst die Mühe, hindurchzugehen. Einen Augenblick später wird ihm klar, dass sie es ihm antrainiert haben, sich selbst gefangen zu halten.
    Sie sammeln ihn auf, fixieren ihn auf einer Trage und lassen ihn in einem anderen Raum zurück. Er ist groß und kalt und angefüllt mit Menschen, die wie er auf Tragbahren liegen, nur dass sie nicht festgebunden sind.
    Es dauert eine Ewigkeit, bis er begreift, dass die anderen nicht festgebunden sind, weil es sich um Leichen handelt, und noch länger, bis er Ted Sholt erkennt, der schlaff und wächsern neben ihm liegt. Sholts Kopf ist auf seinem Hals einmal komplett herumgedreht worden.
    Und dann, nachdem er es wirklich verstanden hat, stellt sich Joe Ted auf dem Streitwagen von Daniels Todesuhr vor, ein wilder Rebell, der mit einer Sandale auf den Schnitter einschlägt und fordert, freigelassen zu werden und zu seinem Gewächshaus

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