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Der goldene Schwarm - Roman

Der goldene Schwarm - Roman

Titel: Der goldene Schwarm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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mit diesem William Friend Geschäfte machst, oder?
    »Hin und wieder.«
    Pfff.
    »Was kommt zweitens?«
    Du idiotisches Kind meines kriminellen Sohnes, du weißt genau, was ich sagen werde. Natürlich weißt du das.
    Natürlich weiß er es. Er kennt die Rede auswendig. Such die innere Natur. Finde die Lehre, den Zweck, die Essenz. Der Rest ist reine Schaufensterdekoration und wird sich dir von ganz alleine offenbaren, wenn du den Gegenstand und seine Natur erst einmal begriffen hast.
    Joes Großvater glaubte, dass alles auf Erden von Gott geschaffen wurde und dem aufmerksamen Schüler einen inneren Wert und eine Schönheit offenbare könne.
    Den angriffslustigen Geist seines Großvaters noch immer im Nacken, betrachtet Joe Spork den Gegenstand vor sich.
    Frage: Was haben wir hier?
    Antwort: ein Durcheinander. Ein Buch, das zugleich eine Zusammenstellung von Lochkarten ist. Ein Instrument, das zu nichts passt. Fragmente. Ein Ball, der ein Ei sein könnte, das aber verschlossen ist. Es ist etwas im Inneren, aber das heißt noch nicht, dass es dazu gedacht ist, geöffnet zu werden. Wie diese konzentrischen chinesischen Bälle. Es ist schwer. Vielleicht aus Gold. Es steht etwas darauf – ein Hinweis? Oder ist es nur eine Verzierung?
    Er stellt es einen Augenblick beiseite und fährt mit seiner Inventur fort: Hier hätten wir den Frickelstab. Am einen Ende geschnitztes Mahagoniholz mit einer Art Knopf, am anderen ein komisches, verwickeltes Ding mit einem kreisrunden Mund und einer Achterbahnschiene aus poliertem Metall, die eine Schlaufe bildet und sich mit sich selbst verbindet. Einige Ornamente auf einer Seite der Schiene, die andere Seite sehr glatt. Vielleicht gibt es einen Fehler bei der Verbindung der beiden? Das könnte ein Spiel für Kinder sein, eine wilde, verrückte Variante von Fang den Ball. Geschnittener Stahl, so wie es aussieht, und auf seine Weise sehr hübsch. Die Viktorianer haben gern Stahl für Ornamente verwendet, doch so alt ist dieses Stück nicht. Trotzdem … schwer zu sagen, welchen Zweck es erfüllen könnte. Es ist auch schwer. Oh, verdammt, wie konnte das passieren?
    Beunruhigt starrt er den Stab an und ärgert sich über sich selbst. Das Instrument ist von einer dünnen Schicht von Schmutz und Fett bedeckt. Ein sträflicher Fehler, dies zuzulassen.
    Oder nein, kein Fett. Er lässt einen Finger über das seltsame Zeug gleiten. Die Augen werden überbewertet. Berührung. Die Berührung ist wichtig. Es fühlt sich trocken und fedrig an. Kalt. Eisenfüllung .
    Der Frickelstab ist magnetisch.
    Er lehnt sich wieder zurück, überlegt. Wenn überhaupt etwas interagieren muss, dann sind es dieses Instrument und der Ball. Der Stab ist der Schlüssel. Der Ball ist das Schlüsselloch. Das Buch und die Einzelteile passen zusammen und bilden zusammen mit dem Ball … was?
    Die Frage lautet also: Was ist das definierende Charakteristikum dieses Dings? Er grinst. »Das Ding.« Nicht: »Die Dinge.« Er ist zu dem Schluss gekommen, dass es sich um ein Objekt handelt. Gut. Dem Instinkt folgen. Also, es ist barock, geradezu byzantinisch. Es ist komplex. Und doch ist es vor allem elegant. Die Stimme seines Großvaters meldet sich erregt zu Wort.
    Ich habe einmal ein sehr elegantes Stück aus Shanghai gesehen. Eine versiegelte Schatulle aus Elfenbein. Außen mit einem Muster versehen. Fährt man mit einem Magneten außen über das Muster, gleitet im Inneren ein metallener Stab durch ein Labyrinth und berührt dabei alle Stifte in der richtigen Reihenfolge, um die Schatulle zu öffnen. Voilà! Den Magneten verbarg man natürlich in einem Ring, sodass das Ganze wie mit Zauberhand zu passieren schien. Ein Kinderspielzeug für eine Prinzessin. Als spräche man einen Zauber, nicht wahr?
    Ich habe es deiner Großmutter gezeigt. Wir haben uns geliebt. Dann öffneten wir sie gemeinsam. Der Magnet gehörte ihr.
    Er erinnert sich an die Unterhaltung, ein Abend in ebendiesem Raum mit einer Flasche Ardanza und einem Teller italienischer Wurst. Joe, der Lehrling, Daniel, der Mentor, vertrauten einander Geheimnisse und Romanzen an und tranken dabei ein Glas spanischen Roten nach dem anderen. Berufsgeheimnisse und Erinnerungen verbanden sich in derartig gelöster Stimmung, dass Joe schließlich mutig genug gewesen war, um die unfragbare Frage zu stellen.
    »Wer war sie, Großvater?«
    Aber Grandpa Spork beantwortete keine Fragen über die Frau, die er geliebt hatte. Es war bekannt, dass er sie in den dreißiger Jahren in

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