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Der goldene Thron

Titel: Der goldene Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katia Fox
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Kinder vor ihr, aus Angst, es könne diesen ergehen wie Cadwaladr. Seit der Bluttat an Seisyll ap Dyfnwal und seiner Familie trauten die Waliser ihr jede Schandtat zu. Ihre ungewöhnliche Größe, die Schwere ihrer Knochen und die umbarmherzige Härte, mit der sie die walisischen Bediensteten, Handwerker und Tagelöhner behandelte, hatten ihr in ganz Wales den Ruf eingebracht, eine mächtige Riesin zu sein. Wohin sie auch kam, überall hatte man bereits von ihr gehört. Matilda straffte die Schultern, wohl wissend, dass sie so noch imposanter aussah, und genoss die ängstlich gesenkten Blicke der Arbeiter, Knechte und Mägde, die sie nur flüchtig anzusehen wagten, aus Furcht, ihren Zorn heraufzubeschwören. Hin und wieder ließ sie einen von ihnen auspeitschen. Oft für ein minderes Vergehen. Das Entsetzen, die Furcht und sogar der Hass, die ihr dafür entgegenschlugen, gaben ihr ebenso Kraft und Zuversicht wie der Stolz ihres Gatten, der immer wieder betonte, welches Glück er doch hatte, weil sein Vater sie zu seiner Braut gewählt hatte.
    William de Braose strebte ebenso nach Macht und Reichtum wie sie. Er hatte das walisische Volk mit eiserner Faust im Griff, denn eine andere Sprache als die der Gewalt verstanden sie nicht. Immer wieder folgten sie dem Ruf ihrer Prinzen und lehnten sich gegen die normannischen Besatzer auf. Ohne Härte und Grausamkeit hätte ihr Gatte, statt Land hinzuzugewinnen, mehr und mehr an Terrain verloren.
    So wie einst ihr Vater zog er ständig umher, sah auf seinen Gütern nach dem Rechten, zeigte Präsenz, sprach Recht und übte Vergeltung für Angriffe von Aufständischen. Matilda blieb zumeist in Abergavenny, um hier nach dem Rechten zu sehen, undmehr als einmal hatte sie in der Abwesenheit ihres Gatten Krieg gegen walisische Rebellen führen müssen. Sogar schwanger hatte sie sich mit Helm und Schwert auf ein Pferd gesetzt und war ihren Truppen voran in die Schlacht gezogen, denn sie fürchtete weder den Schmerz einer Verletzung noch den Tod. Jede Entbindung hatte Qualen und Gefahr bedeutet und sie doch nur stärker gemacht. Ihre Blutlinie war schon jetzt gesichert, auch wenn sie gewiss noch viele Kinder haben würde, darum fürchtete Matilda nichts und niemanden, nicht die Waliser und nicht den Tod, weder Gott noch den Teufel. Alle Menschen, einfache Bauern und Tagelöhner ebenso wie Adel und Klerus, waren käuflich, nur der Preis unterschied sich. Erklärte nicht sogar die Kirche selbst, dass auch Gott und der Teufel bestechlich waren? Nur darum machte es doch Sinn, mildtätig zu sein, seine Sünden zu beichten, auf einen Kreuzzug zu gehen, eine Abtei, ein Kloster oder eine Kirche zu stiften! Um Gott milde zu stimmen, damit er am Tag des Jüngsten Gerichts die Sünden vergab und man ins Paradies aufgenommen wurde. Ein wahrlich pragmatischer Gott war das, darum mochte Matilda ihn und betete täglich. Oft hielt sie Zwiesprache mit ihm, klärte ihn über ihre Vorhaben auf und bot ihm sogleich etwas an, das ihn gnädig stimmen sollte. Die Welt gehörte demjenigen, der sie sich nahm und bereit war, für seinen Besitz zu kämpfen. Wer darauf wartete, etwas geschenkt zu bekommen, würde vergeblich ausharren und mit leeren Händen vor seinen Herrn treten müssen. William de Braose war schon jetzt ein mächtiger Mann, doch sein Weg nach oben war noch lange nicht zu Ende, das fühlte Matilda ganz deutlich. Mit ihrer Hilfe würde er eines Tages zum mächtigsten Mann gleich nach dem König aufsteigen!

Normandie im Frühjahr 1184
    G uillaume wischte sich mit dem Ärmel über die Augen und fuhr sich mit der Hand durch das Haar, das ihm der scharfe Wind zerzauste. Wer ihn von Weitem beobachtete, mochte glauben, die kräftige Salzbrise, die vom Meer her wehte, ließe ihm Tränen in die Augen schießen, doch es war der Schmerz über die Trennung von seiner erst vor Kurzem wiedergefundenen Familie, der ihn quälte. All die Jahre seit seiner Kindheit hatte er weder seine Mutter noch seine Amme oder seine geliebten Schwestern wiedergesehen. Und doch waren ihm alle schon bei der ersten Umarmung wieder so nah und vertraut gewesen wie damals. Zweimal hatte er seine Abreise verschoben, um das Gefühl von Wärme und Geborgenheit im Kreise der Seinen noch ein wenig länger genießen zu können. Die unbeschwerten Tage mit seiner Familie waren einfach zu schön gewesen, auch wenn er seinen Bruder nur einmal ganz kurz zu Gesicht bekommen hatte. Erstaunt hatte er in den Erzählungen seiner Schwestern

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