Der goldene Thron
könnte.« Das war alles, was Suzanne dazu zu sagen gehabt hatte.
Die Magd hingegen hatte von Augenaufschlägen gesprochen, von feuchten Küssen und der Liebe der Männer zu Brüsten und Scham. Hitze brannte durch Isabelles Körper, wenn sie daran dachte, wohin sich eine Zunge angeblich alles verirren konnte, dann folgten ein Schauder und leichte Übelkeit, die sie dem Wein zuschrieb.
»Wartet, Liebchen, ich helfe Euch!« Suzanne schnürte ihr das wundervolle Seidenkleid auf. Die weiten Ärmel reichten bis zum Boden. Langsam stieg Isabelle aus dem raschelnden Stoff.
»Du kannst jetzt gehen«, wies sie Suzanne mit einer knappen Geste an.
Die Zofe nickte wortlos, küsste Isabelle auf die Stirn und verließ die Kammer auf Zehenspitzen. Als sie fort war, zog Isabelle auch ihr Leinenhemd aus und träufelte einige Tropfen Rosenöl in ihren Nacken und auf die Innenseiten ihrer Arme und Schenkel. Verloren und ängstlich setzte sie sich auf den Rand des riesigen Bettes, das man für das Brautpaar hergerichtet hatte. Nun war sie ganz allein.
Fröstelnd, obgleich die Sommernacht lau war, zog sie das Laken über ihre Nacktheit. So wie sie jetzt mussten sich auch die Huren der Könige in ihrer ersten Nacht fühlen! Isabelles Augen begannen zu brennen, und ihre Kehle war wie zugeschnürt.Langsam legte sie den Kopf auf das weiche Federkissen. Herrlich kühl war es auf ihren erhitzten Wangen. Sie schloss die Augen, und plötzlich liefen die Tränen in Strömen.
* * *
Als Guillaume die Kammer betrat, sah er, dass seine junge Braut eingeschlafen war, ohne die Kerze zu löschen. Er runzelte die Stirn und schüttelte ärgerlich den Kopf. Nicht nur, dass es Verschwendung war, eine Kerze während der Nacht brennen zu lassen, man konnte auch Haus und Hof durch eine solch verantwortungslose Unachtsamkeit verlieren!
Er entkleidete sich bis auf die Bruche, ging um das Bett herum, um die Kerze zu nehmen, und betrachtete die junge Frau, die ihn zum Baron gemacht hatte, aufmerksam. Trotz der kleinen Falte zwischen den hellen Brauen hatte ihr ebenmäßiges Gesicht mit der schmalen Nase etwas Reines, Unschuldiges, das weder zu der herablassenden Kälte passen wollte, mit der sie ihn am Mittag angesehen hatte, noch zu der Verführerin, die sie am Abend vergeblich zu spielen versucht hatte. Tagsüber war ihr Haar von einem Schleier bedeckt gewesen, wie es sich für eine verheiratete Frau gehörte, nun aber floss es über das Kissen bis auf ihre entblößten Schultern. Es war von einem etwas blassen, nichtssagenden Rotblond. Guillaume konnte nicht umhin, an Ellen zu denken, an ihre feuerroten, widerspenstigen Locken und die unzähligen Sommersprossen in ihrem ausdrucksvollen Gesicht mit den herrlich grünen Augen. Gewiss, sein junges Weib war durchaus liebreizend, wollte ihm jedoch im Vergleich zu Ellen blass und langweilig erscheinen. Er versuchte, sich an die Farbe von Isabelles Augen zu erinnern, doch es gelang ihm nicht.
Guillaume nahm die Kerze und trug sie zur anderen Seite des Bettes. Vorsichtig legte er sich neben seine Braut. Sie hatte ihm den schmalen Rücken zugewandt, und als sie im Schlaf leise seufzte, musste er lächeln. Sie war gewiss kein schlechter Mensch, und eines Tages würde er wohl auch Kinder mit ihrzeugen, so wie man es von ihm erwartete, doch nicht in dieser Nacht. Der Genuss des schweren roten Weins hatte ihn schläfrig gemacht. Guillaume drehte sich um und schloss die Augen.
* * *
Isabelle erwachte langsam. Sonnenstrahlen fielen durch den Spalt zwischen Fensterlaibung und halb geöffnetem Holzladen und tauchten den Raum in weiches Licht. Sie wollte sich gerade genüsslich strecken, als ihr die Hochzeitsnacht einfiel. Rasch kniff sie die Augen zu und stellte sich schlafend. Das Herz klopfte ihr bis in den Hals hinauf. Die Hochzeitsnacht war vorüber, es war bereits Morgen! Isabelle versuchte, sich zu erinnern, was geschehen war. Sie hatte sich hingelegt. Vollkommen nackt! Bei dem Gedanken, dass ihr Gatte sie womöglich so gesehen haben mochte, wie der Herrgott sie erschaffen hatte, stockte ihr der Atem vor Scham. Sie musste eingeschlafen sein. Isabelle hörte ihr Herz in den Ohren pochen. Ihr Gatte hatte sie nicht geweckt und sein Recht gefordert. Sie tastete nach dem Leintuch, das sie bedeckte, und öffnete die Augen nur einen winzigen Spalt, gerade genug, um sich vorsichtig umsehen zu können. Der Maréchal stand über eine Waschschüssel gebeugt, benetzte sich das Kinn mit Wasser, seifte es ein und begann,
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