Der goldene Thron
Lord. Besorgt sah er sich auf dem Hof um, als ein Stallbursche auf ihn zugelaufen kam.
»Ist dein Herr da?«, fragte Guillaume freundlich.
Der Bursche nickte, doch bevor er noch zu Wort kam, eilte ein Knappe herbei.
»Sir Guillaume! Willkommen auf Roford Manor!«, rief er schon von Weitem sichtlich erfreut und verbeugte sich, als er vor ihm stand. »Kümmere dich um das Pferd des Maréchal!«, befahl er dem Stallburschen eifrig. »Reib es ordentlich trocken und gib ihm sauberes Wasser, Heu und etwas Hafer.« Der Knecht nickte und nahm das Pferd am Zügel, nachdem Guillaume abgestiegen war.
»Mein Herr wird entzückt sein, Euch hier zu sehen, und meine Herrin nicht weniger«, sagte der Knappe fröhlich.
Guillaume zog die Augenbrauen zusammen und musterte den Jungen. Er war gewachsen und kräftiger geworden.
»Adam of Caldecote, Mylord«, sagte der Junge mit einer kleinen Verbeugung und lächelte schüchtern. Er glaubte wohl, Guillaume erinnere sich nicht, doch er irrte.
»Elmswicks Bastard, ich weiß!« Guillaume nickte und tätschelte dem Jungen die Schulter, als dieser beschämt errötete. »Ich erinnere mich sehr gut an dich.« Er lächelte ihn aufmunternd an. Der Junge hatte damals in Canterbury Mut bewiesen, ganz im Gegensatz zu seinem verräterischen Vater. »Bring mich zu meinem Sohn, Adam!«
»Gewiss, Mylord, verzeiht meine Nachlässigkeit.« Adam errötete noch einmal und bat ihn mit einer einladenden Geste, ihm zu folgen.
»Richard, schnell, geh und sag deinem Vater, dass der Maréchal gekommen ist!«, rief er einem ungefähr sechs oder sieben Jahre alten Jungen zu, der gerade über den Hof schlenderte. »Er ist drüben in der Falknerei.«
Der Junge nickte und rannte sofort los.
Guillaume sah ihm nach. Er hinkt nicht, stellte er erleichtert fest und dankte Gott dafür. Viele körperliche Gebrechen kamen nicht nur in einer Generation vor. Offenbar waren manche Sünden so groß, dass der Herr mehrere Mitglieder einer Familie dafür strafen musste. Guillaumes Gebete am Schrein der Heiligen Drei Könige und seine Reise ins Heilige Land schienen zumindest dafür gesorgt zu haben, dass nur William, nicht aber seine Kinder und Kindeskinder die Strafe Gottes erdulden mussten.
Adam geleitete ihn zur Halle des Gutshauses, stieß die Tür auf und bat ihn einzutreten. »Mylady?«, rief er, blickte hinter den Vorhang, der die Halle vom Gang zum Wohntrakt abtrennte, und schaute sich suchend um.
»Was ist, Adam? Was schreist du so?«, fragte Marguerite lachend und kam aus dem Schatten einer Ecke auf sie zu. Sie trug ein Kind auf dem Arm, das träumerisch mit ihren Haaren spielte und einzelne Strähnen davon durch die kleinen runden Fingerchen gleiten ließ.
»Sir Guillaume!«, begrüßte sie den unerwarteten Gast miteinem strahlenden Lächeln. »Wie schön, dass Ihr uns die Ehre Eures Besuches erweist!« Sie sah Adam auffordernd an. »Geh und sag meinem Gatten, dass der Maréchal hier ist!«
»Ich habe Richard bereits zur Falknerei geschickt, Mylady.« Adam deutete eine Verbeugung an.
»Wunderbar, dann wird er sicher gleich kommen. Hol uns inzwischen Wein und etwas zu essen. Bitte, Sir Guillaume, wenn Ihr Platz nehmen wollt …« Sie deutete auf einen Tisch, an dem rechts und links zwei Bänke und an den beiden Stirnseiten je ein Armsessel standen.
Guillaume winkte ab. »Nicht nötig, ich stehe gern, und ich bin auch nicht hungrig. Hab Dank, Marguerite. Ein Becher Wasser aber, um den Durst zu löschen, wäre mir überaus willkommen.«
»Hörst du, Adam? Geh und hol frisches Wasser vom Brunnen!« Marguerite lächelte Guillaume an. »Ihr ahnt nicht, welche Freude Ihr uns macht. William wird es nicht glauben können, dass Ihr hier seid, bis er es mit eigenen Augen sieht.« Sie lachte auf. »Er hat nicht gedacht, dass Ihr jemals kommen würdet. Aber ich wusste, dass er sich irrt.«
»Ich hatte es versprochen!«, sagte Guillaume beinahe ein wenig gekränkt, dass William an seinem Wort gezweifelt hatte. »Mein Enkel?«, fragte er mit einem kleinen Lächeln und griff nach dem Händchen, das sich ihm entgegenstreckte. Es krallte sich um seinen Finger.
»Alix, Eure Enkelin.« Marguerite warf einen weichen Blick auf das kleine Mädchen, das Guillaume nun ein entzückendes Lächeln schenkte und die Arme nach ihm ausstreckte.
»Darf ich?«, erkundigte er sich, und als Marguerite nickte, nahm Guillaume ihr das Kind ab. Bei seinem ersten hatte er sich noch ungeschickt angestellt, doch mit jedem weiteren Kind, das
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