Der Goldkocher
lag.
»Mein Gott!« Die Zornin schlug die Hände vor ihren Mund.
Der Apotheker griff nach dem Goldklumpen. »Verflucht!«, schrie er auf und ließ den heißen Klumpen wieder fallen.
Böttger fasste ihn mit der Zange und ließ ihn in einen Ledereimer mit Wasser fallen. Einen Augenblick, dann fischte er den Goldklumpen wieder heraus. Lips dachte, der Apotheker würde nun den Eimer untersuchen, aber der hing mit den Augen ganz an dem Gold und leckte gedankenverloren die verbrannten Finger. Böttger klopfte die Reste der Schamottmasse ab und wischte mit dem Tuch darüber, bis sie ganz gülden glänzte. Mit einem triumphierenden Lächeln sah er in die gespannten Gesichter und verneigte sich. »Für die gnädige Frau Apothekerin!«
25
Nachdem der Klumpen von Hand zu Hand gegangen war, standen alle mit erhobener Schwurhand im Kreis und gelobten Verschwiegenheit über die erfolgreiche Goldprobe. Dann ging die Gesellschaft hoch zum Dankgottesdienst in die Bibliothek – bis auf Lips, der aufräumen sollte. Er wartete, bis oben an der Treppe die Tür ins Schloss fiel, dann untersuchte er die Stücke des zerschlagenen Tiegels. Er roch daran, leckte, kratzte etwas von den schwarzbraunen Rändern ab, das sich abgesetzt hatte, und steckte die Krümel in ein gefaltetes Papier.
Als Nächstes durchforschte er die Glut im Windofen mit einem Eisenhaken und fischte im Wassereimer, aber er fand nichts. Das Wasser war rein und schmeckte nur abgestanden. Er sah sich um, nahm vorsichtig die Lederschürze vom Haken, legte sie auf den Tisch und leuchtete sie mit dem Talglicht ab. Böttger hatte sich die Hand an der Schürze abgewischt, nachdem er vom Lapis philosophorum ein Stück abgebrochen hatte. Es verbarg sich aber kein Krümel oder sonst eine Spur darin. Das Leder roch alt und nach einem unentwirrbaren Gemisch. Lips leckte vorsichtig daran, schmeckte aber nur Phosphor und Holzkohle. Er hängte die Schürze wieder zurück, und ordnete den Faltenwurf, wie Böttger sie hingehängt hatte.
Dann schritt er nochmals alle Wege ab, die Böttger während der Probe gegangen war, und prüfte alle Instrumente, die er in der Hand gehalten hatte. Er kniete vor dem Windofen, der noch zu heiß war, und versuchte seitlich in den Kamin zu sehen. Er würde später noch einmal nachschauen.
In der Nacht lag Lips lange wach. Er wiederholte die Probe immer wieder vor seinem inneren Auge. Jede Hantierung, jeden Schritt, den Böttger gegangen war. Er rief sich in Erinnerung, mit welchen Materialien und in welchen Quantitäten Böttger in den letzten Wochen hantiert hatte. Lips warf sich unruhig von einer Seite auf die andere und nahm sich vor, den Goldverschleiß während der ganzen Zeit nochmals in seinen Aufzeichnungen nachzurechnen, aber er war sicher, dass es nicht reichen würde für so einen großen Klumpen. Dann konzentrierte er sich auf die Dämpfe und Düfte, die bei der Probe aufgestiegen waren, bis er sie wieder in der Nase hatte, und schlief darüber ein.
Als er am nächsten Morgen über den Hof ging, passte Anna ihn ab und winkte ihn ins Waschhaus. »Was war denn gestern los?«, fragte sie und fasste vertrauensvoll seinen Arm.
»Ich darf nichts darüber sagen.« Lips trat einen Schritt zurück, sodass er sich aus ihrem Griff löste.
»Na, komm schon!«, sagte Anna, beugte sich vor und sah auf den Hof.
»Nein, wirklich nicht.«
Anna kreuzte ihre Arme und sah ihn beleidigt an. »Der Herr Apotheker und der Herr Pfarrer sind zum Goldschmied. Schon vor dem Morgenbrot sind die los! Ich hab auch gehört, was die da wollen. Ich sag's dir, aber nur, wenn du mir sagst, was da unten los war, ja?«
»Nein, das geht nicht.«
Sie neigte ihren Kopf zur Seite, hob ihre Brüste mit den gekreuzten Armen an und sah ihn verführerisch an. »Wieso denn nicht?«
»Ich hab geschworen, dass ich nichts sag.«
»Sogar geschworen! Aha!« Annas Blick verfinsterte sich. »Dann hat es also geklappt?«
»Anna, ich darf doch nichts sagen!«
»Und so was nennt sich ein Freund!« Mit gesenktem Kopf und beleidigter Miene ging sie hinüber ins Haupthaus.
Am Mittagstisch verstummten alle schlagartig, als Lips eintrat und sich still auf seinen Platz setzte.
»Der Pfarrer war mit dem Klumpen beim Goldschmied«, flüsterte der Viehknecht, und alle sahen Lips dabei fragend an. »Der hat das Gold über den Probierstein gestrichen. Drei Lot sollen es sein! Über dreißig Dukaten an Wert!«
»Dreißig Dukaten!«, rief einer fassungslos. »Das gibt's doch nicht!«
Eine
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