Der Gorilla - die letzten schwarzen Riesen im Kongo
sehr gefährlich sind. Das grössere der beiden Ungeheuer wird in ihrer Sprache Pongo genannt, das kleinere heisst Engeco. Dieser Pongo ist in der ganzen Gestalt wie ein Mensch, nur dass er der Größe nach mehr einem Riesen als einem Manne ähnlich ist; denn er ist sehr gross, hat eines Menschen Antlitz, hohläugig, mit langen Haaren in den Augenbrauen. Sein Gesicht und seine Ohren sind ohne Haare, ebenso seine Hände. Sein Körper ist voller Haare, aber nicht sehr dicht; das Haar ist von schwarzbrauner Farbe. Er ist vom Menschen nur in seinen Beinen verschieden, denn er hat keine Waden. Er geht immer auf seinen Beinen und hält die Hände im Genick übereinandergeschlagen, wenn er auf der Erde geht.
Sie schlafen auf den Bäumen und bauen sich Schutzdächer gegen den Regen. Sie nähren sich von Früchten, die sie in den Wäldern finden, und von Nüssen; denn sie essen keine Art von Fleisch. Sie können nicht sprechen und haben nicht mehr Verstand als ein Thier. Wenn die Leute im Lande in den Wäldern arbeiten, so zünden sie Feuer an, wo sie in der Nacht schlafen; und wenn sie Morgens fortgegangen sind, kommen die Pongos und setzen sich um das Feuer, bis es ausgegangen ist; denn sie verstehen nicht, Holz zusammenzulegen. Es gehen ihrer immer viele zusammen und tödten viele Neger, die in den Wäldern arbeiten. Oftmals fallen sie über die Elephanten her, die zum Fressen dahin kommen, wo sie sind, und schlagen sie so mit ihren geballten Fäusten und Holzstücken, dass jene brüllend ausreissen. Diese Pongos werden niemals lebendig gefangen, weil sie so stark sind, dass zehn Männer nicht einen halten können; sie fangen aber viele von ihren Jungen mit vergifteten Pfeilen. Der junge Pongo hängt am Bauche seiner Mutter mit seinen Händen fest um sie herumgeschlagen, so dass die Eingebornen, wenn sie eins von den Weibchen töten, das Junge fangen, welches fest an seiner Mutter hängt. Wenn einer unter ihnen stirbt, so bedecken sie den Todten mit grossen Haufen von Zweigen und Holz, wie es gewöhnlich im Walde gefunden wird.«
Dieser Bericht könnte durchaus auf Gorillas zutreffen, auch wenn bisher nicht bekannt ist, dass sie Regenschutzdächer aus Blättern nutzen und sie meist auf dem Boden schlafen. Diese beiden Verhaltensweisen sprechen eher dafür, dass Purchas von Schimpansen erzählt.
Es dauerte wiederum mehr als 200 Jahre, bis 1847 schließlich die erste genauere wissenschaftliche Beschreibung eines Gorillas erschien. Ihr Verfasser war der amerikanische Missionar und Naturforscher Thomas Savage. In seinem Artikel im »Boston Journal of Natural History« berichtetet er unter anderem: »Sie sind ungemein wild, und ihr Verhalten ist immer aggressiv, nie laufen sie vor dem Menschen davon, wie der Schimpanse. Wenn man das Männchen sieht, stößt es einen fürchterlichen Schrei aus, der weit durch den ganzen Wald hallt – ähnlich wie Kah-ah!, gedehnt und schrill. Beim ersten Schrei verschwinden das Weibchen und die Jungen schleunigst; dann nähert sich das Männchen dem Feind mit großem Ungestüm und stößt in rascher Folge seine Schreie aus. Der Jäger erwartet sein näher kommen mit angelegtem Gewehr; wenn er nicht sicher zielen kann, lässt er das Tier nach seinem Lauf greifen, und wenn es ihn an seinen Mund zieht, drückt er ab; sollte der Schuss nicht losgehen, wird der Lauf zwischen den Zähnen zermalmt, und die Begegnung erweist sich bald für den Jäger als tödlich.«
So rudimentär diese Notizen auch wirken mögen, sie fassen bereits ein wichtiges Verhaltensmuster von Gorillas zu sammen: Sie suchen Schutz in der Gruppe, und der anführende Silberrücken stellt sich zwischen eine mögliche Bedrohung und seine Sippe. Ganz anders bei Schimpansen, bei denen selbst die Männchen bei einer Bedrohung meist das Weite suchen, wie zumindest eine Studie aus dem Gabun nahelegt. Ein Schimpansenmännchen führt nur in zehn bis 20 Prozent der Fälle einen Gegenangriff oder zumindest eine warnende Drohung aus. Ein Grund hierfür ist sicher der viel geringere Geschlechtsdimorphismus, also der körperliche Unterschied zwischen Männchen und Weibchen. Schimpansenmänner sind weniger als ein Drittel größer als die Weibchen. Ein Silberrücken kann hingegen fast dreimal so viel auf die Waage bringen wie eine seiner Haremsdamen.
Schon bald nach der ersten wissenschaftlichen Beschreibung erregten Gorillas nicht nur die Aufmerksamkeit neugieriger Forscher, sondern auch trophäenhungriger Jäger. Das Erlegen von Gorillas
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