Der Gott, den es nicht gibt - Westliche Religion und die Lüge von Gott
gezwungen, und jetzt leide ich ganz unnötigerweise. Ich hatte nie die Freiheit der Wahl. Warum hast du mir das Leben gegeben?<«
Das wollte er Gott fragen, falls er ihn jemals treffen sollte:
»Warum hast du mir das Leben geschenkt? Du hast mich ohne meine Zustimmung erschaffen. Das ist einfach nur Sklaverei. Und eines Tages wirst du mich sterben lassen, ohne mich zu fragen. Du hast alle möglichen Krankheiten in mir angelegt, und du hast alle möglichen Sünden in mir angelegt, für die ich verdammt bin, und dabei bist du doch dafür verantwortlich.«
Wer hat die Sexualität in euch angelegt? Das muss doch Gott gewesen sein, der die Menschen erschaffen hat und der zu Adam und Eva gesagt hat, geht in die Welt und vermehrt euch, zeugt so viele Kinder wie möglich. Ganz offensichtlich hat er die Menschen als sexuelle Wesen erschaffen, hat er sie als Paar erschaffen.
Iwan Karamasow, der atheistische Bruder, sagt also: »Wenn ich ihn finde« – und wer weiß, vielleicht hat Nietzsche Unrecht und er lebt noch –, »dann werde ich ihn töten. Dann werde ich der Erste sein, der die Menschheit von diesem Diktator befreit, der in den Menschen einerseits Sex und Gewalt und Zorn und Gier und Ehrgeiz angelegt hat, alle möglichen Gifte, und dessen Vertreter auf Erden andererseits ständig betonen, dass Sex Sünde sei, dass man keusch leben sollte. Ist das nicht merkwürdig? «
George Gurdjieff pflegte zu sagen: »Alle Religionen sind gegen Gott.« Diese Aussage hat einen sehr tiefen Sinn. Er war kein Mensch, der Aussagen traf, ohne dass ein tiefes, intensives Verstehen dahinter gewesen wäre. Wenn er behauptet, dass alle Religionen gegen Gott sind, meint er damit, dass Gott uns Sex gegeben hat und die Religionen uns Keuschheit lehren. Was soll das? Gott hat uns Gier gegeben, und die Religionen lehren Bedürfnislosigkeit. Gott hat uns Gewalt gegeben, und die Religionen lehren Gewaltlosigkeit. Gott hat uns Zorn gegeben, und die Religionen lehren Sanftmut. Es ist also eine vollkommen klare, logische Schlussfolgerung, dass alle Religionen gegen Gott sind.
Iwan Karamasow sagt also: »Wenn ich ihn irgendwo treffe, werde ich ihn umbringen, doch zuvor werde ich ihm all diese Fragen stellen.«
Der ganze Roman ist eine einzige große Diskussion. Der dritte Bruder ist nur ein Halbbruder. Er wurde von einer Frau geboren, die nicht die Ehefrau ihres Vaters war, die nur eine Leibeigene war.
Dieser dritte Bruder wird von der äußeren Welt fern gehalten, so dass er zurückgeblieben ist. Er ist fast wie ein Tier: Er isst, trinkt und lebt in einem dunklen Raum im weiten Palast der Karamasows.
Sein Leben ist vollkommen sinnlos.
Und Iwan Karamasow sagt: »Denk an unseren Halbbruder, unseren illegitimen Bruder, den Gott ebenfalls erschaffen hat. Was ist der Sinn seines Lebens? Er darf nicht einmal an die Sonne kommen, er darf nicht einmal an die frische Luft kommen. Unser Vater hält ihn in Dunkelheit eingeschlossen. Niemand kommt jemals, um ihn zu sehen, um ihn zu begrüßen. Niemand auf dieser ganzen Erde ist sein Freund. Er kennt niemand anderen. Er kann nicht sprechen, weil er niemals zu jemandem gesprochen hat. Sein Leben ist das eines Tieres: essen, trinken, schlafen; essen, trinken, schlafen ... Er wird niemals eine Frau kennen lernen, er wird niemals die Liebe kennen lernen. Was passiert mit seinen sexuellen Instinkten? «
Es handelt sich um eine intensive Diskussion aller Probleme, mit denen sich ein intelligenter Mensch konfrontiert sieht. Iwan bringt all diese Probleme ans Licht: »Was glaubst du, was Gott über unseren Halbbruder zu sagen hätte? Was ist seine Bedeutung?
Warum hat er ihn auf diese Weise erschaffen? Wenn jemand dafür verantwortlich ist, dann er, und ich werde mich an ihm dafür rächen. Lass mich ihn nur finden! Und ich hoffe, dass Nietzsche Unrecht hat, dass er nicht tot ist. Sonst würde mir die Gelegenheit entgehen, ihn zu töten. Ich möchte ihn töten, damit die Menschheit endlich frei von ihm ist. «
Doch wenn man die Menschheit von ihm befreit hat ... wofür ist sie dann frei? Für Angst? Für Tod? Für Selbstmord? Für Mord? Für Diebstahl? Freiheit für was?
Einer der existentialistischen Romane erzählt von einem jungen Mann, der vor Gericht gestellt wird, weil er einen Fremden am Strand ermordet hat, jemanden, den er nie zuvor gesehen hatte. Er schlich sich von hinten an den Mann heran, der da saß und den Sonnenuntergang beobachtete, stieß ihm ein Messer in den Rücken und tötete ihn. Und
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