Der Gott des Krieges (German Edition)
zurück in sein Lager.
Larkyen sah ihm einige Zeit lang nach, bevor er zu den Jurten des Oyenkistammes zurückkehrte.
Obwohl es spät in der Nacht war, erwartete beinahe der gesamte Stamm Larkyens Ankunft am Feuer.
Zusammen mit dem Häuptling trat Yenovar auf La r kyen zu und sah ihn fragend an.
„Was hast du herausgefunden. Was planen unsere Feinde?“
„Die Kedanier haben kein Interesse an euch“, sagte Larkyen. „Der Grund ihrer Anwesenheit ist ein anderer.“
„Und der wäre?“
„Eine Angelegenheit, die allein mir obliegt.“
„Doch was ist mit den Zhymaranern?“ fragte Yen o var.
„Solange ich bei euch bin, droht euch keine Gefahr“, antwortete Larkyen.
Für den Rest der Nacht zog sich Larkyen zurück. Abseits des Feuers und der Jurten saß er zwischen einer Reihe Bäume in der Dunkelheit. Der Wind piff durch das kahle Geäst, und manchmal glaubte Larkyen, er würde noch immer Stimmen mit sich bringen.
Larkyen begann über die Bedrohung nachzudenken, die ihm selbst galt. Ganz bewusst hatte er dem Stamm nichts davon erzählt, denn er wollte sie nicht noch mehr in Sorge versetzen.
Sie erzählten sich seine Geschichte, doch was wussten sie schon von all dem Grauen. Hinter sich ließ Larkyen eine Welt zurück, die für ihn nunmehr mit Strömen von Blut besudelt war.
Und während er im Stillen nach Antworten forschte, kehrten die Erinnerungen wieder einmal zurück.
Während des letzten Sommers war das Land Majunay dem grausamen Eroberungsfeldzug eines kedanischen Heeres unter der Führung von Boldar der Bestie ausgeli e fert gewesen.
Die Kedanier töteten Larkyens Weib. Er verlor alles, was er je geliebt hatte. Und der verzehrende Geist der Rache ergriff von ihm Besitz.
Doch der Gott der Kentaren, mit Namen Tarynaar, ein Kind der zweiten schwarzen Sonne, war Larkyen e r schienen und hatte ihn davor gewarnt, der Rache zuviel Geltung zu verschaffen. Der Kriegsgott Nordar, so hieß es, würde erzürnt sein.
Larkyen aber war es gleich gewesen, ob er mit seinen Taten den Zorn einer nordischen Gottheit oder eines ga n zen Volkes auf sich ziehen würde.
Er hatte Boldar bis zu dessen Siedlung im Herzen K e daniens verfolgt.
Dort hatte Larkyen den Tod seiner Liebsten grausam gerächt. Manchmal sah er sich im Geiste wieder den vi e len kedanischen Männern, Frauen und Kindern gegen ü berstehen. Erlebte, wie sie zu Hunderten durch seine Hand starben, wie ihr Blut den Schnee rot färbte und in der Kälte zu dampfen begann.
Gnadenlos war Larkyen gewesen und hatte niema n dem am Leben gelassen. Bestie nannten ihn manche nun, für andere war er zum Gott der Rache geworden.
Er bereute nichts und würde niemals Reue empfinden – Schmerz für Schmerz, Blut für Blut, Tod für Tod, so lautete das Gesetz der Rache.
Plötzlich hörte Larkyen menschliche Schritte näherko m men, darauf bedacht, nicht den geringsten Laut zu erze u gen.
Der Knabe Arnyan, der Larkyen bereits bei seiner Ankunft auf dem Löwenfest so eingehend gemustert ha t te, tastete sich durch die Nacht. Er streifte die Äste ein i ger Bäume und fuhr zusammen, als Larkyen sich ihm zu erkennen gab.
„Was führt dich zu mir?“ fragte der Unsterbliche.
Der Knabe blieb stehen und antwortete zaghaft: „Herr, ich würde dich gern etwas fragen.“
„Deine Frage muss sehr wichtig sein, wenn du bei tiefster Nacht hier draußen herumschleichst. Frag mich, was du willst.“
„Es heißt, du seist nicht immer der gewesen, der du heute bist. Einst hättest du wie wir in der Steppe Maj u nays gelebt. Doch wenn das stimmt, wie wurdest du zu dem, der du heute bist?“
Larkyen, der das Geheimnis um die schwarze Sonne gegenüber den Menschen wahren wollte, antwortete nur: „Ich bin gestorben.“
Der Knabe schien sich eine andere Antwort erhofft zu haben. In seinem Gesicht zeichnete sich Enttäuschung ab.
„Aber …“, murmelte der Knabe.
„Es ist genug, Arnyan!“ Eine Männerstimme schnitt ihm das Wort ab.
Yenovar trat hinter dem Knaben hervor. Der einstige Soldat fand sich in der Dunkelheit weitaus besser zurecht als Arnyan. Die Schritte des Mannes waren selbst für Larkyens feines Gehör beinahe lautlos.
„Schlaf jetzt, Arnyan“, sagte Yenovar. „Es ist schon spät, und morgen wirst du deine Kräfte noch brauchen. Es ziemt sich nicht für einen Häuptlingssohn, zu nach t schlafender Zeit herumzustreunen.“
Der Knabe nickte kurz und wagte es nicht, dem Mann zu widersprechen. Er deutete eine Verbeugung an und zog sich
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