Der Gott des Todes (Reich der Götter #1) (German Edition)
sich eine Überraschung niemals entgehen lassen. „Ich verschone dein Leben, doch nur bis die Sonne hinter dem Horizont verschwunden ist. Dann wirst auch du Abschied nehmen von der Menschenwelt. Kein Augenblick mehr schenke ich dir.“
Lediglich einen halben Tag gab er ihm. Viel weniger, als Azur sich erhoffte, doch war es alles, was er bekommen würde. Er besaß kein Druckmittel, um sein unweigerliches Schicksal zu ändern.
„Dann sollte ich besser keine Zeit mehr verlieren.“
Azur zog das Schwert aus sich heraus. Noch immer spürte er nichts. Die Wunde selbst würde bleiben, so wie die vorherige, doch wenigstens schien das schwarze Blut sie in Windeseile zu verstopfen. Er eilte zum Schreibtisch, nahm eine der Feder und schrieb wild auf dem Pergament drauf los.
„Schon wieder ein Abschiedsbrief? Du solltest lernen deinen Liebenden ins Gesicht zu sehen, wenn du sie für immer verlässt, oder bist du zu feige dafür?“
Natürlich würde Kerdis dies gefallen. Nichts bereitete ihn mehr Freude, als das Leid in den Augen anderer zu sehen. Azur schrieb weiter, ignorierte seine Worte.
„Du bist so still. Erträgst du die Schwere der Wahrheit etwa nicht? Ich dachte wirklich du würdest das schmerzvolle Leben eines Menschen mehr genießen, hast du dich doch nach all den Jahren in der Unterwelt so sehr danach gesehnt.“
Azur stoppte die Feder für einen Moment, wand sich Kerdis zu. „Lieber fühle ich Schmerz, den mir die Menschen bereiten, anstatt für immer ein Leben in Einsamkeit zu fristen. Sag mir Kerdis, was wirst du machen, nachdem der Gott des Todes sich meiner entledigt? Wenn es niemanden mehr gibt, der dich überrascht?“
Kerdis kratzte sich an der Nase und mied seinen Blick. „Ich werde mir einfach jemanden Neues suchen. Es gibt viele Menschen und mit jedem Tag wird ein neuer geboren. Gewiss wird mich einer von ihnen unterhalten können.“
„Und dennoch bist du tausend Jahre an meiner Seite geblieben, weil niemand interessanter war. Was ist, wenn es keinen weiteren mehr geben wird, der deine Neugierde stillen kann? Die Ewigkeit ist lang, das solltest du doch am besten wissen.“
Kerdis Fingernägel kratzten Furchen in den Tisch, auf dem er noch immer saß. In seinen Augen sah Azur, das auch Kerdis die Wahrheit verstand. Egal wie sehr ihn das Jetzt beschäftigte, irgendwann wird auch dieses verblasst sein. Es war unmöglich für ihn für immer seine Gelüste zu stillen. Was Kerdis erwartete war ein Leben voller Langeweile, genau das, vor dem er sich am meisten fürchtete.
„Ich habe keine Angst mehr vor dir und deinen Worten“, fuhr Azur fort.
Kerdis packte ihn wutentbrannt am Kragen. Seine Nasenflügel weiteten sich durch sein heftiges schnauben. „Treib es nicht zu weit Azur. Wenn es mir beliebt, kann ich den Zettel einfach sofort zerreißen und deine Hoffnungen zu Nichte machen. Du bist auf meine Gnade angewiesen.“
„Das wirst du nicht machen, schließlich willst du sehen, wie ich einen Unsterblichen töte. Sieh es ein, du bist von mir abhängig, nicht ich von dir. Also, lass mich los, sonst ist der Tag schneller vergangen, als es dir lieb ist.“
Kerdis zögerte einen Moment. Er wollte Azur quälen, doch konnte er nicht. Ihm blieb keine andere Wahl, wenn er die Überraschung jemals erfahren wollte. Er entließ Azur aus seinem Griff. Azur richtete sein Gewand und ging nach draußen, gefolgt von Kerdis, der ihm hinterher flog. Sie streiften durch die belebten Straßen der Stadt, doch Azur schien nichts ungewöhnliches zu machen, nicht mal etwas, dass von Bedeutung war. Er redete schlichtweg mit einigen der Sklaven und Händlern, jedem der ihm entgegen kam, über irgendwelchen belanglosen Kram.
„Ich laaaaaangweile mich zu Tode.“, jammerte Kerdis. „Wann beginnst du endlich mit deinen Plan?“
„Hab Geduld, wirklich viel Zeit hast du mir ohnehin nicht gegönnt.“
„Aber mir ist jetzt langweilig. Kannst du mir nicht wenigstens verraten, was du vor hast?“
„Um dir die Überraschung zu verderben? Gewiss werde ich das nicht.“
„Was mache ich denn stattdessen Schönes?“ Kerdis seufzte wehleidig, sah sich nach einer Alternative um. Er entdeckte ein Kind, das große Augen machte, als es ihn sah.
„Ein Monster, ein Monster!“, schrie der kleine Junge und zeigte mit seinen Finger auf Kerdis.
Sein Vater schaute verwirrt, sah er doch nur Azur vor sich stehen, schimpfte mit den Jungen, doch schrie der ängstlich weiter.
„Wieso kann er dich sehen?“, fragte Azur
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