Der Gott des Todes (Reich der Götter #1) (German Edition)
Lucretia beugte sich über einen der Schränke. Um sie herum lagen farbenprächtige Gewänder verteilt, die sie in der Eile aus dem Schrank herauswarf. In ihrer Hand hielt sie ein Säcklein, in der anderen die wahre Drachenträne. Sie war in ihrer Suche so sehr vertieft, dass sie zu spät bemerkte, dass Azur zurückgekehrt war.
„Wie ist das Möglich?“ Die Verblüffung stand ihr im Gesicht geschrieben.
„Ihr meint das hier?“ Azur holte das Drachentränenimitat hervor und drehte es so, dass auch Lucretia die abgebrochene Stelle erkennen konnte.
Sie fing verzweifelt zu schluchzen an, sackte in sich zusammen. „Werdet Ihr es ihm verraten?“
„Seid unbesorgt Prinzessin. Ich würde Euch nie verraten.“
Sie warf sich um Azur, presste ihr Gesicht tief in seine Brust und begann zu weinen. „Ich wollte doch nur wissen, ob er mich mehr liebt, als diesen verdammten Kristall. Ich wusste nicht, dass er sie für sein Spiel verwenden würde. Aber dann kamt Ihr. Vater wurde so schrecklich wütend und ich konnte sie ihm nicht mehr zurückgeben. Hätte ich gewusst, was passieren würde, dann hätte ich es nicht getan.“
„Es ist nicht Eure Schuld.“ Azur war sich ihrer Pein nur allzu gut bewusst. Wenngleich er sie beschützen wollte, so hätte er ihren Namen gesagt, um Numenez Leben zu retten, denn nichts ist so viel wert wie das Leben selbst. Er konnte ihn jedoch nicht offenbaren. Niemals würde der König seinen Worten glauben schenken, dass seine eigene Tochter die Drachenträne gestohlen hat. Selbst wenn Azur gewollt hätte, so konnte er sie nicht anprangern. Es gab nur einen einzigen Weg, um ihre beiden Leben vor dem Strick des Henkers zu bewahren.
„Was wird mich Euch passieren, wenn Ihr ihm keinen Namen nennt?“, fragte Lucretia.
„Wenn ich ihm keinen Namen nenne, wird er mich für den Dieb halten und mich hängen lassen.“
„Aber Ihr seid es nicht!“, schrie Lucretia bestürzt.
„Aus diesen Grund brauche ich Eure Hilfe. Ihr seid die Einzige, darum bitten kann.“
„Ich würde alles dafür tun, um meinen Fehler wieder gut zu machen.“ In ihren verweinten Augen spiegelte sich Hoffnung wieder. Tief in ihrem Herzen war sie ein gutes Mädchen, dass niemanden Schaden wollte.
„Ihr müsst mir sagen, was sich hinter einem Götterurteil verbirgt.“
Lucretia war erschrocken, als sie den Namen hörte. Sie wusste nur allzu gut, wie aussichtslos Azurs Bestreben war. „Wenn es Euch hilft, so werde ich Euch die Regeln erklären, doch selbst dann werdet Ihr nicht gewinnen können..“
Azur schmunzelte. „Dann werde ich der Erste sein. Vertraut mir, alles wird gut werden.“ Behutsam wischte er ihr die Tränen aus dem Gesicht. „Doch zunächst brauche ich die Drachenträne.“
Azur streckte seine Hand aus, in der sie die Drachenträne legte. Ein Schmerz durchfuhr seinen Körper. Sein Herz raste. Die Welt um ihn herum verschwamm in Dunkelheit. Erneut sah Azur die Drachenträne, doch dieses mal hing sie an einer goldenen Kette von seiner Hand hinab. Vor ihm stand ein Bett, in dem seine Frau mit ihrem Rücken zu ihm gekehrt lag. Die Schultern entblößt im Schein der Kerze Er schritt auf sie zu, doch bevor er sie berühren konnte, war die Erinnerung wieder vorbei.
„Azur, geht es Euch gut? Habt Ihr Schmerzen?“ Lucretia Stimme war voller Sorge, flatterte.
Wie nach jeder Erinnerung hatte er Schmerzen, doch diesmal waren sie stärker. Schweiß rann ihm von der Stirn. Sein Magen drehte und wand sich. Wenigstens war Azur sich jetzt sicher, dass es sich um die wahre Drachenträne handelte. „Mir geht es gut. Die Gefängniskost ist mir wohl nicht sehr bekommen.“
Lucretia zog argwöhnisch ihre rechte Augenbraue hoch. „Das hätte ich Euch nicht zugetraut, habt Ihr doch gestern Nacht noch eine kühne Rede vor dem gesamten Adelstand gehalten, während Ihr mich fest umklammert habt. Nur die wenigstens Männer bekämen dabei keine weiche Knie.“ Sie lächelte verlegen und errötete.
Azur erwidert ihr Lächeln. Noch immer hingen seine Gedanken an seiner Erinnerung. Er konnte noch immer den lieblichen Duft seiner Geliebten riechen. Er war sich noch niemals so sicher wie jetzt, dass es sie wirklich gab, dass er keinem Trugbild hinterherjagte.
Lucretia suchte währenddessen in ihrer Schmuckkiste nach einer passenden Kette, mit der sie vor ihren Vater treten wird. Sie entnahm der Kiste eine schlanke, schlichte weißgoldene Kette, die mit kleinen roten Rubinen verziert war und hielt sie sich vor ihren
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