Der Gott seiner Vaeter
und einen Winkel von fünfundvierzig Grad bildete. Es fing auch die ausgestrahlte Wärme vom Feuer auf und warf sie auf das Fell. Ein anderer Mann saß auf einem Schlitten, der dicht an das Feuer gezogen war, und besserte Mokassins aus. Rechts lag ein Haufen gefrorene Erde, und daneben stand eine primitive Winde, die die Stelle angab, wo sie Tag für Tag ihren trübseligen Kampf kämpften, um die goldführende Schicht zu erreichen. Links standen hochkant vier Paar Schneeschuhe, die zeigten, wie die Leute sich außerhalb des festgetretenen Schnees im Lager bewegten.
Das schwäbische Volkslied klang so merkwürdig rührend unter den kalten Sternen des nördlichen Himmels, und es erfreute nicht die Männer, die nach der Mühe des Tages um das Feuer saßen. Im Gegenteil, es erfüllte ihre Herzen mit einem dumpfen Schmerz und einem Gefühl von Sehnsucht, das an physischen Hunger erinnerte und ihre Seelen nach dem fernen Süden über die Wasserscheiden nach den Sonnenländern schickte.
»Um Gottes willen, Sigmund, hör doch auf!« rief einer der Männer. Seine Hände waren wie im Schmerz geballt, aber er hielt sie unter den Falten des Bärenfelles, auf dem er lag, verborgen.
»Aber warum denn, David Wertz?« fragte Sigmund. »Warum darf ich nicht singen, wenn mein Herz voller Freude ist?«
»Weil du gar keinen Grund zur Freude hast! Sieh dich um, Mann, denk an den Proviant, mit dem wir unsere Leiber im letzten Jahre beschmutzt; und daran, daß wir wie Tiere gelebt und geschuftet haben!«
Sigmund, der Goldhaarige, an den diese Worte gerichtet waren, sah alles an, auch die Wolfsfelle, die vom Reif und dem dampfenden Atem der Männer bedeckt waren. »Und warum darf das Herz nicht von Freude erfüllt sein?« fragte er lachend. »Es ist gut, alles ist gut. Und was das Essen betrifft – « Er beugte seinen Arm und streichelte die schwellenden Muskeln. »Und wenn wir wie die Tiere gelebt und geschuftet haben, sind wir nicht wie Könige bezahlt worden? Zwanzig Dollar die Pfanne holen wir aus der Erde, und wir wissen, daß die goldführende Schicht ihre acht Fuß dick ist. Dies ist ein neues Klondike – und wir wissen es – Jim Hawes, der neben mir sitzt, weiß es, und er klagt nicht. Und Hitchcock! Er näht seine Mokassins wie eine alte Frau und wartet, bis die Zeit kommt. Nur du kannst nicht warten und arbeiten, bis der Frühling kommt und wir mit dem Goldwaschen anfangen können. Dann werden wir alle reich sein, so reich wie Könige. Nur du kannst nicht warten. Du willst nach den Staaten zurück. Das will ich auch, ich bin dort geboren, aber ich kann warten, bis das Gold jeden Tag in der Pfanne liegt wie Butter im Butterfaß. Aber du willst deine guten Tage haben – und wie ein kleines Kind weinst du, weil du sie gleich haben willst. Warum darf ich nicht singen:
Übers Jahr, übers Jahr, wenn mer Träubele schneide,
Stell’ i hier mi wiedrum ein;
Bin i dann, bin i dann dein Schätzele noch,
So soll die Hochzeit sein.
Übers Jahr, übers Jahr, do ist mei Zeit vorbei,
Do g’hör’ i mein und dein;
Bin i dann, bin i dann dein Schätzele noch,
So soll die Hochzeit sein.«
Die Hunde drängten sich dichter um das Feuer zusammen, sie knurrten, und die Haare sträubten sich ihnen. Ein eintöniges Knirschen erklang, erzeugt durch die Berührung von Schneeschuhen mit dem gefrorenen Schnee, und zwischen jedem Knirschen konnte man hören, wie der Absatz des Schuhes mit einem Geräusch wie Zucker, der durch einen Streulöffel träufelt, hochgezogen wurde. Sigmund unterbrach sein Lied, um zu fluchen und Brennscheite nach den Tieren zu werfen. Dann trat eine pelzbekleidete Gestalt ins Licht, und ein junges Indianermädchen warf die Schneeschuhe ab und ließ die Kapuze ihrer Parka aus Eichhörnchenfell zurückgleiten. Sigmund und die Männer auf dem Bärenfell begrüßten sie als Sipsu mit dem gewöhnlichen »Hallo!«, und Hitchcock machte neben sich auf dem Schlitten Platz.
»Nun, wie geht es, Sipsu?« fragte er. Er fragte sie in einer Mischung von gebrochenem Englisch und Chinook. »Ist der Hunger immer noch groß im Lager? Und hat der Hexendoktor jetzt herausgefunden, was schuld daran ist, daß es so wenig Wild und gar keine Rentiere im Land gibt?«
»Ja, gewiß! Es gibt nur wenig Wild, und wir werden bald die Hunde essen. Und der Hexendoktor hat auch herausgefunden, was der Grund all dieses Unglücks ist, und morgen will er ein Opfer bringen und das Lager reinigen.«
»Und was wird das Opfer sein? – ein
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