Der Gottbettler: Roman (German Edition)
nicht mehr derselbe, der er noch vor wenigen Wochen gewesen war. Die Dinge hatten sich grundlegend verändert. Vor allem gab es niemanden mehr, dem er sich anvertrauen konnte. Mit Pae Loriander hatte er sich über strategische Dinge ausgetauscht und sich an ihr gerieben. Ihr Verhältnis war von einer Spannung geprägt gewesen, die Metcairn Nife bei der Sache gehalten hatte. Und Marmer Dunne war der einzige, der letzte verbliebene Freund gewesen, dem er sich hatte anvertrauen können.
Nun war da bloß noch Einsamkeit an der Spitze des Heereszugs.
Nun ja, sah man von Gunguelle ab, die alles unternahm, um ihn von seinen Problemen abzulenken. Was wiederum bedeutete, dass sie an seinem Schwanz hing wie eine Klette und ihm jene Zeit stahl, die er mit Boten, Meldereitern, Informanten und Obersten des Heeres hätte verbringen sollen.
Nontwede war zu seinem wichtigsten Berater geworden. Metcairn Nife hasste dessen einschmeichelnde Stimme, umso mehr, da sie begann, Wirkung zu zeigen. Es bewahrheitete sich, was der Magicus vorhergesagt hatte: Er wurde schwächer. Und er geriet immer mehr in den Bann dieser verfluchten Geschöpfe, sosehr er sich auch dagegen wehrte.
Spielte es denn noch eine Rolle?
»Wein!«, verlangte er von Gunguelle. »Bring mir mehr davon!«
»Du hattest schon genug …«
»Ich sagte, dass du mir einen neuen Krug bringen sollst!« Er schleuderte seinen Humpen in ihre Richtung und verfehlte den Kopf des Mädchens nur knapp. Das Weib huschte davon, blass geworden und mit fest zusammengepressten Lippen. Er würde ihr heute Abbitte leisten müssen, sobald es dunkel war.
»Wo sind wir?«, fragte er müde.
»Wir stehen etwa zwanzig Laufe vor Gallwar«, sagte Nontwede. »Morgen werden wir in die Stadt einziehen und auf den Feind warten.«
»Ein Weib, ein verkrüppelter Magicus und ein armseliger kleiner Junge narren uns seit Tagen!« Metcairn Nife schüttelte angewidert den Kopf. Der Geschmack in seinem Mund war grässlich. »Wie konnte es bloß geschehen, dass sie uns in Haime entkamen?«
»Immerhin haben wir Rudynar Pole erwischt. Sie sind nicht mehr in der Lage, die Prophezeiung zu erfüllen. Wir haben gewonnen, Herr. Auf uns wartet bloß noch ein klein wenig Arbeit, dann ist diese unangenehme Angelegenheit endgültig aus der Welt geschafft, und wir können unseren Kriegszug fortsetzen.«
»Und wo, Magicus? Was werden wir tun, nachdem wir die Steilstädte erobert haben? Kümmern wir uns um die Oceanica oder doch zuerst um die Länder südlich der Cabrischen See? Wie lange wird diese endlose Abfolge von Kämpfen noch anhalten? Wird es jemals ein Ende geben? Ich bin so schrecklich müde, Nontwede.«
»Ich weiß, Herr, ich weiß.« Der Magicus legte ihm seine Hand mit den langen, dürren Fingern auf die Schulter. »Trink noch ein wenig Wein und ruh dich aus. Wir kümmern uns um die Tagesgeschäfte. Vertrau mir, vertrau uns.«
»Dir vertrauen, Magicus? Einer Schlange, die keinerlei Gefühle kennt und die bloß ihren eigenen Vorteil im Sinn hat?« Metcairn Nife lachte laut, brach aber sofort wieder ab und sagte mit monotoner Stimme: »Ja. Ich denke, dass es gut wäre, dich mit den üblichen Routinearbeiten zu betrauen. Ihr Magicae macht das ausgezeichnet.«
»Natürlich, Herr. Wir wachen über dich und über das Heer des Gottbettlers.« Nontwede lächelte. »Es gibt niemanden, der für diese Aufgabe besser geschaffen wäre als wir. Und nun schlaf ein wenig, Metcairn Nife. Du bist müde und brauchst Ruhe.«
»Was ist mit den Überresten Rudynar Poles geschehen?«, fragte der Heerführer müde.
»Wir haben getan, was du uns aufgetragen hast. Ich verstehe allerdings nicht, was du damit bezweckst.«
»Er war einmal mein Freund, und er hat mich bitter enttäuscht. Er verdient, was mit seinem Leichnam nun geschieht.«
»Wie du meinst, Heerführer.«
Der Magicus verbeugte sich und geleitete ihn in den hinteren Bereich seines Zelts. Kaum war Nontwede gegangen, begab sich Gunguelle zu ihm. Sie stellte den Krug Wein, den sie ihm gebracht hatte, auf ein kleines Tischchen, streifte ihr Gewand ab und räkelte sich auf den Liegepolstern, schob die Beine übereinander und streckte die Arme verlangend in seine Richtung aus.
Auch er entkleidete sich. Ihm war speiübel, er hatte wohl zu viel Wein getrunken. Ringsum drehte sich alles. Doch da war diese wunderschöne Kindsfrau, die sich ihm bereitwillig hingeben wollte. Die ihn mit der Hitze ihrer feuchten Leidenschaft in dieser kalten Welt zu wärmen
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