Der Gottbettler: Roman (German Edition)
vermochte.
»Komm schon, mein Held«, flüsterte ihm Gunguelle zu, und als er dann neben ihr lag, knabberte sie an seinem Ohr. »Du bist doch mein Held, nicht wahr?«
»Wenn du’s sagst …« Er musste kichern. Er war ganz gewiss kein Heroe. Die Wesen vieler Länder sahen in ihm eher einen Bösewicht oder nur den Lakaien eines Bösewichts, der widerspruchslos die Anweisungen seines finsteren Herrn ausführte und damit Zehntausenden den Tod gebracht hatte.
Scheiß drauf, dachte er. Ich werde Anweisung an die Bibliothekare aller eroberten Länder geben, dass ich als Held dargestellt werden soll. Denn so ist das mit der Macht des Siegers: Er bestimmt, was in den Büchern geschrieben steht.
Er rülpste laut, drehte sich dann zu Gunguelle und küsste sie heftig. Seine Hände gingen auf Wanderschaft, und irgendwie fand er sein Ziel, stieß seine Finger in ihre bereits feuchte Möse. »Ich werde dir zeigen, was Helden zu leisten imstande sind«, sagte er zu der jungen Frau und drang in sie ein.
Sie zogen in Gallwar ein, so still und leise, wie es einem Heer mit mehr als tausend Soldaten möglich war. Der verbliebene Teil seiner Männer lagerte im Norden der Stadt. Sie hatten einen mühseligen Marsch und mehrere Umwege auf sich genommen, um nur ja kein Aufsehen zu erregen und den drei Gegnern des Gottbettlers nicht zu begegnen. So wollte es ihr Herr. Er bestand darauf, die Angelegenheit dort zu beenden, wo er sich am stärksten fühlte. In seiner Zitadelle, an die Metcairn Nife nur mit Widerwillen denken konnte.
»Verteilt euch nach Plan«, befahl er seinen Adjutanten. Der junge Margor entil Dusan gab die Anweisung weiter. Er war viel zu hoffärtig, gewiss, aber vielleicht würde er nach einer Weile einen recht guten Linken abgeben.
Als ob ich eine Wahl hätte …
Jene Soldaten, die er mit sich führte, stammten aus der Umgebung der Stadt oder ihrem direkten Umfeld. Sie gehörten zu den Eliten seiner Verbände und waren klug genug, seine Befehle genauestens zu beachten. Sie kannten sich in Gallwar aus, und das hatte zudem noch den Vorteil, dass sie den Verlockungen der Stadt widerstanden.
Nontwede rückte nicht mehr von Metcairn Nifes Seite, die weiteren Magicae folgten in ihrer fahrenden Burg. Auch die Vertreter der Sibyllen in ihrem Planwagen ließen sich in die Stadt kutschieren.
»Wird uns der Gottbettler eine Audienz gewähren?«, fragte Margor entil Dusan.
»Mir schon. Dir nicht. Er lässt sich selten blicken. Er lebt in der Anonymität der Stadt, und nur die wenigsten Vertrauten sind ihm jemals begegnet.«
»Und du, Herr?«
»Ich kenne ihn gut genug.« Mehr sagte er nicht. Mehr wusste er nicht zu sagen. Die Zusammentreffen mit dem Gottbettler hatten stets einen teilweisen Gedächtnisverlust mit sich gebracht. Er hätte nicht zu sagen vermocht, wie sein Herr aussah. Da waren bloß die Erinnerungen an Angstgefühle, an den Gestank in der Zitadelle und an Befehle, die er erhalten hatte.
Das Heer löste sich auf, nach einem sorgfältig ausgeklügelten Plan. Immer mehr Bewaffnete mischten sich unter die Einwohner Gallwars. Die trieben Handel in den Arkadenreihen der Bürgerhäuser, hörten einem Volkstribun zu, der um Stimmen für die Wahl des Bezirksherrn warb, beteiligten sich an Kraftspielen der hiesigen Jugend oder schäkerten an den Brunnen mit hochgewachsenen blonden Schönheiten. Wer das Treiben bloß oberflächlich betrachtete, wäre niemals auf die Idee kommen, dass die gesamte Stadt zur Falle geworden war.
»Wie weit ist es noch bis zur Zitadelle?«, fragte Margor entil Dusan, der allmählich nervös wurde.
»Wir müssen noch ein Stück den Fluss entlang, dann über die Spalt-Brücke, und dann wirst du sie sehen.« Metcairn Nife nickte der Anführerin einer weiteren kleinen Gruppe seiner Leute zu, bevor diese im engen Gassengewirr rechts von ihnen verschwand, um in der berühmten Bibliothek Gallwars der Vorlesung eines berühmten Dichters zu lauschen.
Nur noch etwa fünfzig Leute waren von den ursprünglichen tausend übrig geblieben, unter ihnen Nontwede, seine Magicae und die Sibyllen. Sie bildeten einen Begleitschutz, den wohl keine Macht des Weltenrunds überwinden konnte.
Da war die Brücke. Sie wirkte baufällig, und sie war so schmal, dass sie gerade einmal einem Reiter Platz bot. Bloß einige Lottergestalten waren auf der anderen Seite zu sehen. Sie versteckten sich in den Schatten alter, kaum gepflegter Gebäude.
Metcairn Nife ritt vornweg, noch bevor ihn jemand daran hindern
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