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Der Grabritter (German Edition)

Der Grabritter (German Edition)

Titel: Der Grabritter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Lierss
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und langsam entfernten sie sich mehr und mehr vom Haus. Bice zeigte ihm den liebevoll angelegten Park mit seinen steinernen Skulpturen und den herrlichen Gartenanlagen. Sie spazierten ein ganzes Stück an den steilen Klippen über dem Comer See entlang und Bice erzählte von ihrem Leben und ihrer Familie. Immer wieder spürte Kerner die enge Bindung, die sie sowohl zu ihrem Vater als auch zu ihrem Bruder hatte, bemerkte aber auch, dass sich ihre Weltanschauung vollkommen von der ihrer Familie unterschied.
     
    Kein Zweifel, diese Frau ahnte nichts von den dunklen Machenschaften der beiden, mit denen sie schon so viel Leid verursacht hatten. So sehr es ihn jedoch dazu drängte, ihr die Wahrheit über sich und den Grund seines Hierseins zu sagen, wusste er doch, dass dies unmöglich war. Der Weg machte plötzlich eine Biege und führte mitten in einen kleinen Wald. Nach ein paar Minuten erreichten sie eine Lichtung. Kerner sah einen großen weißen Kreis, der aus einer dicken Betonplatte bestand.
    Ein Hubschrauberlandeplatz. Am gegenüberliegenden Rand der Lichtung, im Schutz der hohen Bäume, entdeckte er ein altes Jagdhaus. »Was ist das?«, fragte Kerner erstaunt. Bice legte den Arm um seine Hüfte und sah hinüber zu dem unheimlich anmutenden alten Haus. »Es gehört meinem Vater. Er hat sich dort immer mit seinen wichtigen Geschäftspartnern getroffen. Er wollte dann absolut nicht gestört werden. Niemand durfte dorthin, wenn sie eine Besprechung hatten. Jetzt, nachdem mein Vater sich von den Geschäften zurückgezogen hat, nutzt es mein Bruder für die gleichen Zwecke. Ich bin nur ganz selten dort gewesen. Ich mag das Haus nicht. Ich weiß auch nicht warum , aber es überkommt mich dann immer ein seltsames Gefühl. Lass uns einfach weitergehen, Victor. Es gibt noch so viel, was ich dir zeigen will.« Sie gingen am Rand der Lichtung vorbei wieder zur Steilküste und Bice zeigte ihm die wunderschöne Aussicht, die man von so vielen Punkten hier oben hatte. Kerners Gedanken jedoch kreisten fortan nur noch um das unheimlich anmutende Jagdhaus. Das musste es sein. Der Landeplatz, die geheimen Treffen, bei denen niemand zugegen sein durfte. Irgendwie musste Kerner in dieses Haus gelangen, und es war ratsam es zu versuchen bevor Ferruccio Vigiani von seiner Geschäftsreise zurückkehrte. Vielleicht heute Nacht.
     
    Bis zum späten Nachmittag war Kerner mit Bice unterwegs. Immer wieder suchten sie sich einen Platz, wo sie sich in die Sonne setzten, den Ausblick genossen und die Gelegenheit nutzten, vollkommen unbeobachtet zu sein. Zärtlich streichelte Bice über sein Gesicht. »Was machst du, Victor, wenn deine Geschäfte mit meinem Vater abgeschlossen sind?«, fragte sie leise. Lange betrachtete Kerner sie. »Ich weiß es nicht. Sag du es mir, Bice.« Sie legte den Kopf auf seine Schulter und sah hinaus auf den See. »Könntest du dir vorstellen, mit mir zusammen zu sein? Ich meine richtig zusammen, mit mir zu leben, Victor?«  Kerner war erschrocken über die Frage. Er nahm ihren Kopf und drehte ihn zu sich. Er sah in die bernsteinfarbenen Augen von Bice und wusste, dass es ihr völlig ernst war. Er fühlte sich innerlich zerrissen. Er liebte Bice. Nichts wünschte er sich mehr als ein Leben mit ihr, und gleichzeitig war er dabei, einen gemeinen Verrat an dieser Liebe zu begehen. Er wollte diese Frau nicht mehr verlieren, aber wie sollte das unter diesen Umständen möglich sein? In dem Moment, in dem sie erfahren würde, wer er war, wäre sie seine Feindin. »Bice, du kennst mich kaum, weißt so gut wie nichts von mir.« Kerner nickte mit dem Kopf in Richtung der kleinen Orte unten am See. »Weißt du Bice, ich glaube ich gehöre eher zu den Leuten da unten, als in eure Welt hier oben. Verstehst du, was ich damit meine? Du bist in eine Welt geboren, die nie meine sein kann. Außerdem würde deine Familie es nicht akzeptieren.« Bice hob den Kopf. »Meine Welt? Meine Welt, das ist für mich mein Vater und mein Bruder. Nicht das, was du hier alles siehst. Glaubst du ich hänge an solchen Dingen, Victor? Dann hättest d u d ich sehr in mir getäuscht. Solange mein Vater noch lebt, braucht er mich. Niemals würde ich ihn alleine lassen. Aber dann ... !? Mein Bruder führt sein eigenes Leben. Ein Leben, das so ganz anders ist, als ich es für mich will. Das heißt nicht, dass er mich nicht sehr liebt, und ich ihn. Doch wenn mein Vater nicht mehr da ist, werde ich mein eigenes Leben beginnen.« Bice sah hinunter zu den

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