Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
Vom Netzwerk:
hatte sie die Kraft, mit einem Blick ihren Großvater zu grüßen, dem man die Seele auszureißen schien, indem man sie forttrug.
    Der Arzt ging hinterher, schrieb ein Rezept und bat Villefort, eine Droschke zu nehmen und sich selbst zum Apotheker zu begeben, um in seiner Gegenwart die Medizin anfertigen zu lassen, sie dann selbst mitzubringen und ihn im Zimmer Valentines zu erwarten.
    Nachdem er ihm nochmals eingeschärft hatte, daß Valentine nichts genießen solle, ging er wieder zu Noirtier hinauf, schloß sorgfältig die Türen, versicherte sich, daß niemand horchte, und sagte: »Sie wissen etwas über die Krankheit Ihrer Enkelin?«
    »Ja«, blinzelte der Greis.
    »Wir haben keine Zeit zu verlieren, ich werde Sie fragen, und Sie antworten mir.«
    Noirtier gab ein Zeichen, daß er bereit sei.
    »Haben Sie das, was Valentine heute zugestoßen ist, vorhergesehen?«
    »Ja.«
    D’Avrigny dachte einen Augenblick nach, dann näherte er sich dem Greis. »Verzeihen Sie, was ich Ihnen sagen werde«, sagte er,
    »aber in der schrecklichen Lage, in der wir sind, darf kein Umstand vernachlässigt werden. Sie haben den armen Barrois sterben sehen.«
    Noirtier hob die Augen zum Himmel.
    »Wissen Sie, woran er gestorben ist?« fragte d’Avrigny, indem er dem Greis die Hand auf die Schulter legte.
    »Ja«, antwortete der Greis.
    »Glauben Sie, daß sein Tod natürlich war?«
    Etwas wie ein Lächeln zog über die bewegungslosen Lippen Noirtiers.
    »Dann glauben Sie also, daß Barrois vergiftet worden ist?«
    »Ja.«
    »Glauben Sie, daß das Gift, dessen Opfer er geworden ist, für ihn bestimmt war?«
    »Nein.«
    »Glauben Sie nun, daß dieselbe Hand, die Barrois getroff en hat, indem sie einen andern treff en wollte, heute Valentine getroff en hat?«
    »Ja.«
    »Sie wird also auch erliegen?« fragte d’Avrigny, indem er seinen Blick auf Noirtier richtete und die Wirkung dieser Worte auf den Greis erwartete.
    »Nein«, antwortete Noirtier mit einer Miene des Triumphs.
    »Dann hoff en Sie?« fragte d’Avrigny überrascht.
    »Ja.«
    »Was hoff en Sie?«
    Der Greis gab mit den Augen zu verstehen, daß er nicht antworten könne.
    »O ja, daß ist ja wahr«, murmelte d’Avrigny.
    »Hoff en Sie, daß der Mörder müde wird?« fragte er dann.
    »Nein.«
    »Dann hoff en Sie, daß das Gift auf Valentine ohne Wirkung sein wird?«
    »Ja.«
    »Denn ich sage Ihnen nichts Neues, wenn ich Ihnen sage, daß man soeben versucht hat, sie zu vergiften, nicht wahr?« fügte der Arzt hinzu.
    Der Greis bekundete mit den Augen, daß er daran nicht zweifl e.
    »Wie hoff en Sie denn, daß Valentine durchkommen wird?«
    Noirtier hielt hartnäckig die Augen nach derselben Seite gerichtet; d’Avrigny folgte der Richtung und sah, daß er eine Flasche hielt, welche die Arznei enthielt, die man ihm jeden Morgen brachte.
    »Ah, ah!« äußerte d’Avrigny, dem plötzlich ein Gedanke kam.
    »Sollten Sie den Einfall gehabt haben …«
    Noirtier ließ ihn nicht aussprechen. »Ja«, bekundete er.
    »Sie gegen das Gift zu feien …«
    »Ja.«
    »Durch allmähliche Gewöhnung …«
    »Ja, ja, ja«, machte Noirtier, entzückt darüber, daß er verstanden worden war.
    »Sie haben mich sagen hören, daß die Arznei, die ich Ihnen gebe, Bruzin enthält?«
    »Ja.«
    »Und indem Sie sie an das Gift gewöhnten, haben Sie die Wirkung des Giftes neutralisieren wollen?«
    Noirtier bekundete dieselbe triumphierende Freude.
    »Und es ist Ihnen gelungen!« rief d’Avrigny. »Ohne diese Vorsicht wäre Valentine heute getötet worden, getötet, ohne daß man ihr hät-te helfen können; der Schlag war heftig, aber sie ist nur erschüttert worden, und diesmal wenigstens wird Valentine nicht sterben.«
    Eine übermenschliche Freude strahlte in den Augen des Greises.
    In diesem Augenblick kam Villefort zurück.
    »Da, Doktor«, sagte er, »hier ist die Medizin.«
    »Ist sie in Ihrer Gegenwart zubereitet worden?«
    »Ja«, antwortete der Staatsanwalt.
    »Sie ist nicht aus Ihren Händen gekommen?«
    »Nein.«
    D’Avrigny nahm die Flasche, goß von dem Inhalt einige Tropfen in die Hand und kostete.
    »Gut«, sagte er, »gehen wir in Valentines Zimmer; ich werde dort allen meine Anweisungen geben, und Sie wachen darüber, Herr von Villefort, daß niemand davon abweicht.«
    In dem Augenblick, da d’Avrigny in Begleitung Villeforts in das Zimmer Valentines trat, mietete ein italienischer Priester von ern-stem Äußern, ruhigem und entschiedenem Wesen für seinen Gebrauch das Haus,

Weitere Kostenlose Bücher