Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
Vom Netzwerk:
geistreiche Leute, die wußten, daß das junge Mädchen mehr als einmal bei ihrem Vater ein gutes Wort für die Verbrecher eingelegt habe.
    Monte Christo hörte und sah nichts, oder vielmehr, er sah nur Morrel, dessen Ruhe und Unbeweglichkeit für den, der allein erriet, was in dem Herzen des jungen Offi ziers vorging, schrecklich waren.
    »Wahrhaftig«, sagte plötzlich Beauchamp zu Debray, »da ist ja Morrel! Wo, zum Teufel, hat er sich da verkrochen?«
    Sie machten Château-Renaud auf Morrel aufmerksam.
    »Wie bleich er ist!« sagte der erbebend.
    »Ihn friert«, entgegnete Debray.
    »Nein«, sagte langsam Château-Renaud, »ich glaube, daß er bewegt ist. Maximilian hat ein sehr empfi ndliches Gemüt.«
    »Oh«, entgegnete Debray, »er kannte Fräulein von Villefort ja kaum. Das haben Sie selbst gesagt.«
    »Allerdings; aber ich erinnere mich, daß er damals auf dem Ball bei Frau von Morcerf dreimal mit ihr getanzt hat; Sie wissen, Graf, auf dem Ball, wo Sie so großen Eindruck machten.«
    »Nein, ich weiß nicht«, antwortete Monte Christo, ohne zu wissen, worauf, noch wem er antwortete, da seine ganze Aufmerksamkeit auf Morrel gerichtet war, dessen Gesicht sich rötete, als ob er den Atem anhielt.
    »Die Reden sind aus; adieu, meine Herren«, sagte der Graf plötzlich. Er verschwand, ohne daß man wußte, wohin er sich gewandt hatte.
    Die Feierlichkeit war beendet, die Anwesenden begaben sich auf den Rückweg nach Paris. Château-Renaud allein sah sich nach Morrel um; aber während er dem Grafen nachgesehen hatte, mußte Morrel seinen Platz verlassen haben, denn Château-Renaud suchte ihn vergeblich; dann folgte er Debray und Beauchamp.
    Monte Christo hatte sich in ein Dickicht geworfen und beobachtete, hinter einem großen Grabstein versteckt, die geringsten Bewegungen Morrels, der sich allmählich dem von den Neugierigen und den Arbeitern verlassenen Mausoleum genähert hatte.
    Morrel sah sich langsam um; in dem Augenblick aber, da seine Augen nach der andern Richtung gewandt waren, näherte sich Monte Christo zehn Schritt, ohne gesehen zu werden.
    Der junge Mann kniete nieder. Der Graf ging näher an ihn heran, den Hals vorgestreckt, die Augen weit geöff net, mit gebeugten Knien, wie um jeden Augenblick vorstürzen zu können.
    Morrel beugte seine Stirn bis auf den Stein, umfaßte das Gitter mit beiden Händen und murmelte: »O Valentine!«
    Der Ton, in dem diese beiden Worte gesprochen wurden, erschütterte das Herz des Grafen; er tat noch einen Schritt, klopfte Morrel auf die Schulter und sagte: »Sie sind’s, lieber Freund! Ich suchte Sie.«
    Monte Christo erwartete einen Ausbruch von Vorwürfen und Beschuldigungen, aber er irrte sich. Morrel wandte sich um und sagte anscheinend völlig ruhig: »Sie sehen, ich betete!«
    Der Blick des Grafen prüfte den jungen Mann vom Kopf bis zu den Füßen; nach dieser Musterung schien er ruhiger zu sein.
    »Soll ich Sie nach Paris mitnehmen?« fragte er.
    »Nein, danke.«
    »Wünschen Sie irgend etwas?«
    »Lassen Sie mich beten.«
    Der Graf entfernte sich, ohne etwas einzuwenden, aber nur, um einen neuen Beobachtungsposten einzunehmen, von wo ihm keine Bewegung Morrels entging. Endlich erhob sich Morrel, wischte sich die auf dem Stein weiß gewordenen Beinkleider ab und schlug den Weg nach Paris ein, ohne sich ein einziges Mal umzusehen. Der Graf schickte seinen Wagen fort und folgte ihm im Abstand von hundert Schritt. Maximilian trat in der Rue Meslay in das Haus seines Schwagers, bei dem er wohnte. Fünf Minuten darauf öff nete sich die Tür, durch die er gegangen war, für Monte Christo.
    Julie, Maximilians Schwester, war vorn im Garten, wo sie mit der größten Aufmerksamkeit den Arbeiten des alten Gärtners Penelon zusah.
    »Ah, Herr Graf von Monte Christo!« rief sie mit der Freude, die gewöhnlich jedes Mitglied der Familie bekundete, wenn Monte Christo einen Besuch im Hause machte.
    »Maximilian ist soeben nach Hause gekommen, nicht wahr, gnä-
    dige Frau?« fragte der Graf.
    »Ja, ich glaube, ich habe ihn vorbeigehen sehen«, entgegnete die junge Frau; »aber ich bitte, rufen Sie Emanuel.«
    »Entschuldigen Sie, gnädige Frau; aber ich muß sofort zu Maximilian hinauf«, erwiderte Monte Christo, »ich habe ihm etwas von größter Wichtigkeit zu sagen.«
    »Dann gehen Sie«, sagte sie mit ihrem reizenden Lächeln. Sie sah ihm nach, bis er auf der Treppe verschwunden war.
    Monte Christo hatte bald die beiden Treppen, die die Wohnung Maximilians vom

Weitere Kostenlose Bücher