Der Graf von Monte Christo 2
auf neunhunderttausend gestiegen. Im Juli haben wir siebzehnhun-derttausend hinzugefügt; es war der Monat der spanischen Anleihe.
Im August haben wir im Anfang dreihunderttausend Franken verloren; aber am fünfzehnten haben wir das wieder eingeholt, und am Ende hatten wir unsre Revanche; denn unsre Rechnungen ergeben bis gestern, wo ich sie aufgestellt habe, einen Bestand von zwei Millionen vierhunderttausend Franken, das heißt von zwölf-hunderttausend Franken für jeden von uns.
Jetzt«, fuhr Debray fort, indem er mit der Genauigkeit und der Ruhe eines Börsenagenten in seinem Notizbuch nachrechnete, »stehen hier achtzigtausend Franken als Zinsen dieser in meinen Händen gebliebenen Summe.«
»Aber was sollen denn diese Zinsen bedeuten«, unterbrach ihn die Baronin, »da Sie doch niemals das Geld angelegt haben?«
»Entschuldigen Sie«, sagte Debray kalt, »ich hatte Ihre Vollmacht, es anzulegen, und habe davon Gebrauch gemacht. Das macht also vierzigtausend Franken Zinsen für Ihre Hälfte, dazu die hunderttausend Franken Einlage, also dreizehnhundertvierzigtausend Franken auf Ihren Teil.
Nun«, fuhr Debray fort, »bin ich so vorsichtig gewesen, Ihr Geld vorgestern fl üssig zu machen; das ist nicht lange her, wie Sie sehen; man sollte meinen, ich hätte geahnt, daß ich sofort Rechnung wür-de ablegen müssen. Ihr Geld ist hier, halb in Banknoten, halb in Wechseln.
Ich sage hier, und das ist wahr; denn da ich mein Haus nicht für sicher genug und die Notare nicht für verschwiegen genug hielt und da die Grundstücke noch verräterischer sind als Notare, da Sie endlich nicht das Recht haben, außerhalb der ehelichen Gemeinschaft etwas zu kaufen oder zu besitzen, so habe ich diese ganze Summe, heute Ihr einziges Vermögen, in einem in diesem Schrank einge-mauerten Kasten aufbewahrt und der größeren Sicherheit wegen selbst den Maurer gespielt.«
Frau Danglars nahm mechanisch die Scheine und Papiere, die Debray aus dem Versteck hervorholte und ihr übergab; trockenen Auges, aber die Brust von Schluchzen geschwellt, steckte sie alles in ihre Taschen und erwartete, bleich und stumm dastehend, ein liebevolles Wort, das sie darüber tröstete, so reich zu sein. Aber sie wartete vergebens.
»Jetzt«, sagte Debray, »haben Sie ein herrliches Leben vor sich, ungefähr sechzigtausend Livres Rente, was für eine Frau, die innerhalb eines Jahres wenigstens kein Haus machen kann, eine riesige Summe ist.
Alle Launen, die Ihnen durch den Kopf gehen, können Sie damit befriedigen, ganz abgesehen davon, daß, wenn Sie in Erinnerung an die Vergangenheit Ihren Anteil für ungenügend halten, Ihnen auch der meine zur Verfügung steht, und ich bin geneigt, Ihnen, wohlverstanden als Darlehen, alles, was ich besitze, anzubieten, das heißt eine Million sechzigtausend Franken.«
»Ich danke«, antwortete die Baronin, »Sie wissen, daß Sie mir viel mehr gegeben haben, als eine arme Frau braucht, die sobald nicht wieder in der Gesellschaft zu erscheinen gedenkt.«
Debray war einen Augenblick erstaunt, aber er faßte sich und machte eine Bewegung, als wollte er sagen: Wie Sie wollen!
Frau Danglars hatte vielleicht bis dahin noch auf etwas gehoff t; da sie aber die gleichgültige Bewegung und den Seitenblick sah, von dem sie begleitet war, hob sie den Kopf, öff nete die Tür und ging ohne eine Äußerung des Zorns, aber auch ohne Zögern hinaus, indem sie den Mann, der sie auf diese Weise gehen ließ, nicht einmal eines letzten Grußes würdigte.
»Pah!« sagte Debray, als sie gegangen war. »Schöne Pläne, alles das; sie wird in ihrem Haus bleiben, Romane lesen und Landsknecht spielen, da sie nicht mehr an der Börse spielen kann.«
Er nahm sein Notizbuch und strich mit der größten Sorgfalt die Summen aus, die er eben bezahlt hatte.
»Es bleiben mir eine Million sechzigtausend Franken«, sagte er.
»Schade, daß Fräulein von Villefort gestorben ist; dieses Mädchen sagte mir in jeder Beziehung zu, und ich hätte sie geheiratet.«
Und phlegmatisch wartete er noch zwanzig Minuten, um dann seinerseits zu gehen. –
Über der Wohnung, wo Debray eben zwei und eine halbe Million mit Frau Danglars geteilt hatte, wohnten Mercedes und Albert.
Mercedes war seit einigen Tagen sehr verändert, nicht daß sie je, selbst zur Zeit ihrer günstigsten Verhältnisse, jenen Prunk entfaltet hätte, der bewirkt, daß man die Frau nicht wiedererkennt, sobald sie in einfacheren Kleidern erscheint; auch nicht, daß sie genötigt
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