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Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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werden.«
    Villefort warf einen fi nstern Blick umher.
    »In meinem Haus«, murmelte er, »in meinem Haus!«
    »Hören Sie, Herr Staatsanwalt«, sagte d’Avrigny, »seien Sie ein Mann, ehren Sie sich als Vertreter des Gesetzes, und opfern Sie sich.«
    »Sie machen mich zittern, Doktor; opfern!«
    »Ich habe das Wort ausgesprochen.«
    »Sie haben also jemand im Verdacht?«
    »Ich habe niemand im Verdacht; der Tod klopft an Ihre Tür, tritt ein, geht, nicht blind, sondern klug, wie er ist, von einem Zimmer zum andern. Nun wohl, ich folge seiner Spur, ich erkenne seinen Weg; ich folge der Weisheit der Alten: Ich taste; denn meine Freundschaft für Ihre Familie, meine Achtung vor Ihnen sind zwei Binden vor meinen Augen; nun wohl …!«
    »Oh, sprechen Sie, Doktor, ich werde Mut haben«, unterbrach Villefort.
    »Wohlan denn, Herr von Villefort, Sie haben in Ihrem Haus, im Schoß Ihrer Familie vielleicht, eins dieser schrecklichen Phänomene, wie jedes Jahrhundert nur eins hervorbringt.«
    Villefort stieß einen Schrei aus, faltete die Hände und machte eine beschwörende Bewegung. Aber der Doktor fuhr ohne Mitleid fort:
    »Suche den, dem das Verbrechen Nutzen bringt, sagt ein Grundsatz der Rechtsgelehrten.«
    »Doktor«, rief Villefort, »wie oft ist die Justiz der Menschen nicht durch diese unglücklichen Worte getäuscht worden! Ich weiß nicht, aber mir scheint, daß dieses Verbrechen …«
    »Ah, Sie geben also endlich zu, daß das Verbrechen existiert?«
    »Ja, ich erkenne es an. Ich muß es anerkennen; aber mir scheint, daß das Verbrechen mich mehr triff t als die Opfer. Ich vermute irgendein Unheil für mich hinter all diesem Unheil andrer.«
    »O Mensch!« murmelte d’Avrigny; »selbstsüchtigstes aller Geschöp-fe, der immer glaubt, daß für ihn allein die Erde sich drehe, die Sonne scheine und der Tod mähe! Und diejenigen, die das Leben verloren haben, haben die nichts verloren? Herr von Saint-Méran, Frau von Saint-Méran, Herr Noirtier …«
    »Wie? Mein Vater?«
    »Ja, Ihr Vater. Glauben Sie denn, daß man diesem unglücklichen Diener habe zu Leibe gehen wollen? Nein, er ist für einen andern gestorben. Herr Noirtier sollte die Limonade trinken, er hat sie ja auch getrunken, wie von ihm erwartet worden war, der andere hat nur durch Zufall davon genommen, und wenn auch Barrois der ist, den der Tod traf, so war er doch für Herrn Noirtier bestimmt.«
    »Aber wie kommt es denn, daß mein Vater dem Gift nicht erlegen ist?«
    »Ich habe es Ihnen schon an dem Abend im Garten nach dem Tode der Frau von Saint-Méran gesagt: weil sein Körper sich an dieses Gift gewöhnt hat; weil die für ihn unbedeutende Dosis für jeden andern tödlich war; weil endlich niemand, selbst der Mörder nicht, weiß, daß ich die Lähmung des Herrn Noirtier seit einem Jahr mit Bruzin behandle, während der Mörder wohl weiß und sich durch Experimente überzeugt hat, daß das Bruzin ein starkes Gift ist.«
    »Mein Gott, mein Gott!« murmelte Villefort, die Hände ringend.
    »Verfolgen Sie den Gang des Verbrechers; er tötete Herrn von Saint-Méran.«
    »O Herr Doktor!«
    »Ich würde darauf schwören; was man mir von den Symptomen gesagt hat, stimmt zu gut mit dem überein, was ich mit eigenen Augen gesehen habe.«
    Villefort gab den Kampf auf; er ächzte.
    »Er tötet Herrn von Saint-Méran«, wiederholte der Doktor, »er tötet Frau von Saint-Méran; eine doppelte Erbschaft.«
    Villefort wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    »Hören Sie gut zu.«
    »Ach«, stammelte Villefort, »ich verliere nicht ein einziges Wort.«
    »Herr Noirtier«, fuhr d’Avrigny unerbittlich fort, »hatte früher Ihre Familie enterbt und sein Vermögen den Armen vermacht; er wird verschont, man erwartet nichts von ihm. Aber kaum hat er sein erstes Testament vernichtet und das zweite gemacht, so sucht man ihn zu treff en, off enbar aus Furcht, daß er noch ein drittes macht.
    Das Testament ist, glaube ich, gestern gemacht worden. Sie sehen, man hat keine Zeit verloren.«
    »O Erbarmen, Herr d’Avrigny!«
    »Kein Erbarmen, Herr von Villefort; der Arzt hat eine heilige Mission auf Erden; um sie zu erfüllen, ist er bis zu den Quellen des Lebens und in das geheimnisvolle Dunkel des Todes gestiegen.
    Wenn das Verbrechen begangen ist und Gott voll Entsetzen sein Angesicht von dem Verbrecher abwendet, so ist es an dem Arzt zu sagen: Da ist er!«
    »Erbarmen für meine Tochter!« murmelte Villefort.
    »Sie sehen, Sie sind’s, der sie genannt hat, Sie, der

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